Premiere im Globe des Luzerner Theaters

LED-Licht und Situationskomik: Shakespeares neuer «Sommernachtstraum»

Im Stück wird die Welt der drei Pärchen buchstäblich auf den Kopf gestellt.

(Bild: Ingo Höhn)

Im neu erstandenen Globe im Luzerner Theater feiert «Ein Sommernachtstraum» Premiere. Und rückt in einer modernen Bearbeitung Shakespeare mit viel LED-Beleuchtung und Situationskomik zu Leibe.

Im runden Bogen schmiegen sich die Holzstreben an die Ränge des Luzerner Theaters. Dieses zeigt sich für die nächsten Wochen im historisch-elisabethanischen Gewand. Die Assoziation zum Globe, dem berühmten Theaterrundbau aus Shakespeares Zeiten, ist sofort da. Das hölzerne Geländer nimmt sowohl Zuschauersaal als auch Bühnenraum in Anspruch. Das Publikum sitzt so im grossen Kreis und überschaut das Geschehen in der Mitte.

Anders als im echten Globe müssen die Schauspieler so mit wenig Szenerie und Requisiten auskommen. Ein Vorgehen, das heutzutage ohnehin zur Norm geworden ist. Das offene Bühnenkonzept überzeugt in seiner Mischung aus Globe und japanischem Theater, die Stimmung im Publikum ist heiter und entspannt. So finden sich am Premierenabend gerade auch jüngere Gesichter unter den Zuschauern. Die Anziehungskraft der Bühnenstücke Shakespeares scheint ungebrochen. Und sein Werk «A Midsummer Night’s Dream» vor allem eines: zeitlos.

Grenze zwischen Schauspielern und Publikum fliessend

Shakespeares Sommernachtstraum ist als grosses komödiantisches Verwirrspiel angelegt. Wünsche und Träume von mindestens drei Liebespaaren werden in einer einzigen Nacht durch Feenspuk so gehörig auf den Kopf gestellt, dass am Ende niemand mehr so genau weiss, wer jetzt wem den Kopf verdreht hat. Oder wo ihm der Kopf steht. Und ob dieser Eselsohren trägt.

 

Eine Szene aus der Neuinszinerungs des «Sommernachtstraums.»

Eine Szene aus der Neuinszinerungs des «Sommernachtstraums.»

(Bild: Ingo Höhn)

In der Neuadaption vom Sommernachtstraum kollidieren nicht nur die «upper class» des athenischen Adels, athenische Handwerker und Feenwelt. Auch die Grenze zwischen Publikum und Schauspielern beginnt zu verschwimmen, wenn plötzlich ein Zuschauer aufgefordert wird, Hermias Vater Egeus zu mimen. Oder Hermia sich erschöpft auf die Knie einer überraschten Zuschauerin setzt. Diese Metaebene ist bereits in Shakespeares Original angelegt, wenn sich am Schluss die glücklichen Paare ein ziemlich miserables Theaterstück zu Gemüte führen: Eine Wand spielt darin eine buchstäblich tragende Rolle.

Eigenwilige Inszenierung, starke Feenwelt

Ebenjene Wand wird in der Inszenierung etwas eigenwillig und einseitig ausgelegt. Denn ob es nötig ist, die unterschwellig anzüglichen Passagen aus Sommernachtstraum so zu explizieren, dass Zweideutigkeit zur Eindeutigkeit verkommt, bleibt eine Streitfrage. Dem Stück wird so viel von der Subtilität genommen.

Umso einfühlsamer wird dafür mit der Feenwelt umgegangen. Während viele Adaptionen die Feen als possierliche Winzlinge abtun, kommt in dieser Inszenierung der den Feen ursprünglich angedachte Wirkungsbereich zum Tragen. Ein einziger Ehekrach zwischen Feenkönig und der Feenkönigin bringt etwa sämtliche Jahreszeiten aus dem Gleichgewicht. Diese Macht durch und mit der Natur handeln zu können, wird nicht nur performativ sehr passend präsentiert: Auch die sehenswerten Kostüme von Aleksandra Pavlović tragen einen grossen Teil dazu bei.

Leuchtende Fabelwesen: Die Feen wurden mit viel LED-Leuchten ausgestattet.

Leuchtende Fabelwesen: Die Feen wurden mit viel LED-Leuchten ausgestattet.

(Bild: Ingo Höhn)

Die mit LED-Leuchten ausgestatteten Feen beherrschen so nicht nur Wünsche und Träume, sondern selbst das Licht und die Zeit. Flower Power und Recycling zeichnen so ungemein scharf den Charakter des Stückes nach, der immer mal wieder Kunstdiskurse auf die Schippe zu nehmen weiss.

Die Intertextualität macht das Stück zeitgemäss und vielleicht etwas stereotyp. Es waren aber die Passagen, die am stärksten an Shakespeare angelehnt sind, welche die Zuschauer zu bannen vermochten. So gelang es auch sämtlichen Schauspielern trotz kurzfristiger Ersatzbesetzung hervorragend, die wesentlichen Charakterzüge der Figuren aufzuspüren und zu verkörpern.

Epilog büsste etwas Wirkung ein

Deshalb hätte sich der berühmte Schluss von Puck aka Robin Goodfellow besser an der englischen Version orientiert als an der deutschen Übersetzung, der auf diese Weise etwas von seiner Wirkung einbüssen musste. Viel zu lachen gab es jedoch allemal und dem Charme von Shakespeares Versen kann sich ohnehin keiner entziehen: «So, goodnight unto you all. Give me your hands, if we be friends, and Robin shall restore amends.»

Weitere Vorstellungen bis 11. März, Luzerner Theater. Ebenfalls im Globe: «Flow My Tears» (Premiere: 2. März)

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