Gerüchteküche in Luzern

Kleintheater: Wird das «Capitol» zur Rettung?

Das Kino Capitol ca. 1976: Zieht hier nach über 100 Jahren ein Theater ein? (Bild: Stadtarchiv / Fotograf unbekannt)

Das Kleintheater Luzern muss in vier Jahren seinen heutigen Standort am Bundesplatz verlassen. Zumindest vielleicht. Fünf neue Standorte werden heiss diskutiert – welcher könnte es werden?

Noch sechs Monate lang prüft die Luzerner Pensionskasse (LUPK), ob das Kleintheater dereinst im Neubau am Bundesplatz 14 in Luzern Platz finden wird. Das alte Gebäude, in dem Kabarettist Emil Steinberger die Kleinkunstbühne 1967 gründete, wird in den kommenden Jahren abgerissen. Wegen Schadstoffbefall.

Dass die Eigentümern LUPK zumindest prüft, ob die Bühne bleiben kann, ist ein Erfolg für die Kulturinstitution. Dass der Mietvertrag bis Sommer 2028 zugesichert wurde, ebenfalls. Anfangs sollte das Kleintheater schon 2027 verschwinden. Der Aufschrei aus der Kulturwelt war gross (zentralplus berichtete).

Nur sechs Monate Zeit, um einen Alternativplan zu entwickeln

Trotz «konstruktiver Gespräche» ist die Leitung des Kleintheaters unsicher, ob die Kulturinstitution am Bundesplatz eine Zukunft hat. Der Stiftungsrat hat daher entschieden, bis ebenfalls Winter 2025 einen alternativen Standort in der Innenstadt zu finden (zentralplus berichtete).

Das Luzerner Kleintheater. (Bild: mst)

Doch wo gibt es Ersatz für die 500 Quadratmeter Fläche, die das Kleintheater aktuell für 95’000 Franken jährlich mietet? Der Stiftungsrat hält sich bedeckt. «Wir können keine Angaben zur Anzahl der Standorte oder zu einzelnen Objekten machen», schreibt er.

Die Gerüchteküche kocht derweil. Sowohl in der Kulturszene als auch in den Kommentarspalten lokaler Medien keimen die Ideen. zentralplus ist fünf heissen Gerüchten nachgegangen. So viel sei gesagt: Für einen Ort haben bereits Gespräche stattgefunden.

Das «Capitol»

Das Kino Capitol liegt einen Steinwurf vom heutigen Kleintheater entfernt im sogenannten Cervelatpalast. Bis Ende 2027 läuft der Mietvertrag des hundertjährigen Kinos (zentralplus berichtete). Es gibt Säle, der Ort ist zentral, also alles perfekt für einen Einzug des Kleintheaters?

Das «Capitol» mit seinem bekannten Schriftzug auf dem Dach. (Bild: allekinos.com)

Grégory Tavoli ist Geschäftsführer der Capitol Immobilien AG. Ihr gehört das Grundstück an der Zentralstrasse 45. Er sagt am Telefon: «Wir schauen im Moment, wie die Zukunft des ‹Capitols› aussieht. Ob es mit dem Kleintheater wird oder mit anderen, ist noch völlig offen.» Denn die Eigentümerin will das Gebäude sanieren.

Gespräche mit der Theaterleitung hätten keine stattgefunden. Anfragen für die Mietflächen habe er bereits viele. «Wir planen einen Ort für Bildung, Gastronomie und Ausgang. Wie konkret und wann, ist offen», so Tavoli. Hier hat das Kleintheater also noch Chancen.

Das «Moderne»

Unwahrscheinlicher ist Standort zwei: das ehemalige Kino Moderne. Dieses Grundstück an der Pilatusstrasse gehört ebenfalls einer AG, die Grégory Tavoli leitet. Dort gebe es aber seit 2022 einen langfristigen Mietvertrag, sagt er am Telefon.

Mieter sind Simon Märki und Elias Fuchs. Gemeinsam betreiben die Gastronomen die Eventlocation «Moderne Bar & Karussell». Auf Anfrage spricht Märki von einem Erfolg: «Das multifunktionale Eventkonzept hat sich hervorragend positioniert in der Stadt Luzern.»

Simon Märki (links) und Elias Fuchs haben das ehemalige Kino in eine Bar verwandelt. (Bild: cbu)

Auch wenn das «Moderne Bar & Karussell»-Team mit dem Kleintheater im Austausch sei, wie Märki schreibt, sei der Ort wohl keine realistische Alternative. Denn: Bei den Gesprächen gehe es nur um Theaterproduktionen.

Das «Bourbaki»

Auch das dritte Gerücht handelt von einem Kino. Das Stattkino, Mieterin im «Bourbaki», macht derzeit schwere Zeiten durch. Nur 20 Prozent der Kinosessel waren 2023 belegt (zentralplus berichtete).

Das «Bourbaki» vereint Kino, Museum, Bar, Co-Working, Läden, Galerie und Bibliothek. (Bild: Website Bourbaki)

Ein Einzug des Kleintheaters ist trotzdem unwahrscheinlich. Patrick Deicher, Präsident der Stiftung Bourbaki Panorama, schreibt: «Das Bourbaki Panorama wird wahrscheinlich nicht Teil der Lösung für das Kleintheater sein.»

Die Stiftung sei zwar offen für Gespräche, die einzige vermietbare Fläche sei aber ein Ladenlokal zur Zürichstrasse. Dieses Lokal sei wohl zu klein und zu niedrig für die Kleinstkunstbühne.

Das neue Luzerner Theater

Als die Luzerner Pensionskasse Anfang 2024 die Hiobsbotschaft verkündete, riefen einige Stimmen sofort, das Kleintheater könne im geplanten neuen Luzerner Theater Platz finden. Bekanntlich soll bis 2030 am Standort des heutigen Theaters ein Neubau entstehen (zentralplus berichtete).

Neues Luzerner Theater zweiter Entwurf
So soll das neue Luzerner Theater dereinst aussehen. (Bild: Visualisierung: Filippo Bolognese Images)

Rosie Bitterli ist Projektleiterin für das neue Theater bei der Stadt Luzern. Sie winkt ab: «Wir haben uns das auch kurz überlegt. Es gibt im geplanten Neubau aber keinen Platz, um eine weitere Bühne für das Kleintheater zu bauen.» Man müsste einen neuen Wettbewerb starten, um das Kleintheater zu integrieren.

Rosie Bitterli findet ausserdem: «Diese zwei Häuser brauchen zwei unterschiedliche Identitäten.» Bisher habe das Kleintheater noch keine Anfrage an die Stadt gestellt, um im Neubau einen Platz zu erhalten.

Das «rote Haus» auf dem EWL-Areal

Das letzte Gerücht: das «rote Haus» auf dem EWL-Areal. Bei der vergangenen Pressekonferenz des Kleintheaters erinnerte ein Mitglied des Stiftungsrats selbst daran, diesen Standort vorgeschlagen zu haben.

Auf dem heutigen EWL-Areal planen die Stadt Luzern, die EWL und die Allgemeine Baugenossenschaft Luzern (ABL) eine grosse Überbauung. Zwischen den Neubauten bleibt ein historisches «rotes Haus» erhalten. Als neuer Quartiertreffpunkt.

Der geplante Quartierplatz mit dem «roten Haus». (Bild: zvg)

Ob darin das Kleintheater Platz finden kann? Anja Kloth ist Geschäftsführerin der EWL Areal AG und sagt zu zentralplus, die Eigentümer seien offen dafür. Einen Betreiber gebe es noch nicht. «Wir haben dem Vorstand vom Kleintheater im Frühling das ‹rote Haus› auch gezeigt.»

Allerdings gibt es Nachteile: Das «rote Haus» hat 400 Quadratmeter Fläche auf zwei Geschossen. Die Hälfte liege im Untergeschoss und sei nur als Lager oder für WCs nutzbar, so Kloth. «Für ein Theater bespielbar sind nur 200 Quadratmeter.»

Auch der Zeitplan ist nicht ideal. Eine Vermietung sei frühstens ab 2032 möglich, sagt Anja Kloth. Wenn der jetzige Mietvertrag des Kleintheaters 2028 ausläuft, müsste die Kleinkunstbühne also für vier Jahre eine Zwischennutzung finden.

Was sagt das Kleintheater Luzern dazu?

zentralplus hat Peter Bucher und Adrian Albisser, Co-Präsidenten der Stiftung Kleintheater Luzern, auf die verschiedenen Standorte angesprochen. Sie bestätigen die Besichtigung auf dem EWL-Areal, sagen aber, es sei kein «geeigneter Alternativstandort».

Zu weiteren Verhandlungen schreiben sie nichts. Erst wollen sie mit der «nötigen Zeit und Umsicht» konstruktive Gespräche führen. Damit wird klar: Das «rote Haus» und das neue Luzerner Theater sind wohl raus. Das «Bourbaki» und das «Moderne» eher auch. Das «Capitol» könnte es werden. Oder ganz ein anderer Ort.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit dem Co-Präsidium Stiftung Kleintheater Luzern
  • Telefonat mit Anja Kloth, Geschäftsführerin der EWL Areal AG
  • Schriftlicher Austausch mit Patrick Deicher, Präsident der Stiftung Bourbaki Panorama
  • Telefonat mit Rosie Bitterli, Projektleiterin neues Luzerner Theater bei der Stadt Luzern
  • Telefonat mit Grégory Anthony Tavoli, Geschäftsführer Immobiliengesellschaft Capitol AG und Moderne Immobilien AG
  • Schriftlicher Austausch mit Simon Märki, Co-Geschäftsführer «Moderne Bar & Karussell»
  • Website der Stiftung Kleintheater Luzern
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