Herkunft vieler Werke unklar

Gibt es Nazi-Raubkunst in Luzern? Behörden werden aktiv

Die Direktorin des Kunstmuseums Luzern, Fanni Fetzer, will die Geschichte der Werke im Museum aufarbeiten. (Bild: Archivbild: jal)

Das Kunstmuseum Luzern macht die Provenienzforschung zum festen Bestandteil seines Betriebs. Damit will es die möglicherweise problematische Herkunft von Werken klären. Stadt und Kanton unterstützen das Unterfangen.

Nazi-Raubkunst in Luzern? Das möchte das Luzerner Kunstmuseum tunlichst vermeiden. Werke, die das Museum zwischen 1933 und 1945 und in der Nachkriegszeit erworben hat, untersucht es deshalb systematisch auf ihre Herkunft. Die Stadt und der Kanton Luzern haben nun entschieden, das Kunstmuseum beim Betreiben dieser sogenannten Provenienzforschung zu unterstützen. Das geben die Verantwortlichen am Montag in einer gemeinsamen Medienmitteilung bekannt.

Ungefähr 600’000 Werke – so hoch schätzen Experten die Zahl an Kunstwerken ein, die Nazis zwischen 1933 und 1945 unrechtmässig an sich rissen (zentralplus berichtete). Fachleute gehen davon aus, dass auch heute noch überall auf der Welt solche Raubkunst in privaten und öffentlichen Sammlungen hängt – unerkannt.

78 Werke bereits geprüft

Bis anhin forschte das Luzerner Kunstmuseum zu seinen Werken nur projektweise. Von 2016 bis 2018 untersuchte das Museum 78 Werke darauf, ob sie allenfalls Nazi-Raubkunst sind. Diese erwarb das Kunsthaus in der Zeit zwischen 1933 und 1945. Die Stadt und der Kanton Luzern sowie auch das Bundesamt für Kultur unterstützten das Projekt schon damals.

Laut neusten Forschungsergebnissen ist diese zeitliche Beschränkung auf die Machtjahre des Nationalsozialismus aber nicht zielführend. Auch nach Kriegsende 1945 waren jüdische Kunstbesitzer beispielsweise aus finanzieller Not gezwungen, Werke zu verkaufen.

Deshalb hat das Kunstmuseum Luzern 2023 beschlossen, seine Forschungstätigkeit bis 2025 wiederaufzunehmen. Die Verantwortlichen kamen jedoch zum Schluss, dass bis 2025 nicht alle Arbeit getan werden kann. Die Provenienzforschung wird deshalb zum festen Bestandteil des Museumsbetriebs. Stadt und Kanton unterstützen diese Aufarbeitung der Vergangenheit und haben die finanzielle Unterstützung der Forschung in ihre Leistungsvereinbarung aufgenommen.

Stadt und Kanton zahlen zusammen 50’000 Franken

Stadtpräsident Beat Züsli (SP) begründet die Entscheidung damit, dass die Stadt in der Aufarbeitung der Geschichte eine aktive Rolle einnehmen möchte. Die öffentliche Hand sei in der Vergangenheit in Bezug auf solche Themen meist eher passiv gewesen. Dies sei heute aus gesellschaftlicher Sicht nicht mehr vertretbar, wie Züsli ausführt. Regierungsrat Armin Hartmann (SVP) gibt auf Nachfrage von zentralplus an, dass der Kanton die Aufarbeitung der Vergangenheit als «zentrale und ständige Aufgabe» ansehe.

Die Stadt und der Kanton beteiligen sich über den Zweckverband Grosse Kulturbetriebe an der zukünftigen Provenienzforschung. «Von den Gesamtkosten von jährlich 70’000 Franken trägt der Zweckverband 50’000 Franken. Gemäss dem ab dem Jahr 2025 gültigen Kostenteiler beteiligt sich die Stadt mit 40 Prozent, der Kanton mit 60 Prozent», sagt Züsli dazu. Nebst der öffentlichen Hand beteiligen sich auch die Kunstgesellschaft Luzern und die Stiftung Best Art Collection Luzern an der Finanzierung.

«Zahlreiche» Werke mit lückenhafter Geschichte

Dass die Forschung nun nicht mehr nur phasenweise, sondern konstant vorangehen kann, ist laut Fanni Fetzer, Direktorin des Kunstmuseums Luzern, ein grosser Vorteil. «Viele Werke weisen in ihrer Geschichte Lücken auf. Diese Lücken zu schliessen, ist nicht immer möglich.» Manchmal komme es aber vor, dass neue Quellen zugänglich oder Nachkommen gefunden würden. Solche Ereignisse müssten dann in die Forschung Eingang finden. «Insofern ist es sinnvoll, die Arbeit pendent zu halten», wie sie erklärt. Die Forschung sei überdies aufwändig und das Museum sei etwas naiv gewesen, als es 2016 davon ausgegangen war, dass das Projekt bis 2018 abschliessend zu bewältigen sei.

Obwohl nicht umfassend, so waren die Untersuchungen von 2016 bis 2018 aber durchaus erfolgreich. Laut Fetzer konnten bereits zahlreiche Werke ausgemacht werden, deren Vergangenheit Unklarheiten aufweist. Bei einem dieser Stücke sei das Museum bereits an einer Lösung mit den Erben. Um eine solche Situation «fair und gerecht» aufzulösen, gibt es diverse Ansätze. «Das Werk zurückgeben, sich den Besitz teilen, das Werk zusammen verkaufen oder das Werk geschenkt erhalten sind beispielsweise Möglichkeiten», wie Fetzer sagt.

Wie das Museum in der Medienmitteilung schreibt, sollen die Ergebnisse der Forschung laufend in die Sammlungsausstellungen aufgenommen werden. Besucherinnen sollen – soweit möglich – nicht nur die Kunstwerke, sondern auch deren Geschichte sehen.

Hinweis: Der Artikel wurde mit Stellungnahmen von Fanni Fetzer, Beat Züsli und Armin Hartmann ergänzt.

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung der Stadt und des Kantons Luzern
  • Telefonischer Austausch mit Beat Züsli, Stadtpräsident Luzern
  • Telefonischer Austausch mit Fanni Fetzer, Direktorin Kunstmuseum Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit Armin Hartmann, Regierungsrat Kanton Luzern
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