«Grosses Defizit in Vereinskasse»

Das Krienser B-Sides-Festival steht auf der Kippe

Das B-Sides-Festival findet seit 2006 statt – nur: für wie lange noch? (Bild: Andrin Fretz)

Kaum ist die 19. Ausgabe des B-Sides-Festival Geschichte, schlagen die Organisatoren Alarm: Die Besucherzahlen sind rückläufig, den Verein plagen erneut Geldsorgen. Nun lancieren sie einen Spendenaufruf.

Jahr für Jahr hallen vom Krienser Sonnenberg jeweils dann sphärische Klänge, wenn wieder das B-Sides-Festival über die Bühne geht. Das Festival gilt als experimentierfreudig – internationale Künstler stehen genauso auf der Bühne wie regionale, bekannte und unbekannte Gesichter.

Das dreitägige Festival ermöglicht Künstlerinnen aussergewöhnlicher Musik aus allen möglichen Stilrichtungen eine Bühne. Daher auch der Name: B-Sides. Es geht um die B-Seite einer Platte. Das Unerwartete. Seit der ersten Ausgabe 2006 pilgern Besucher in Scharen auf den Sonnenberg – doch werden es immer weniger.

An der Kulisse wirds nicht liegen. (Bild: Andrin Fretz)

Die diesjährige Ausgabe, die vom 13. bis 15. Juni über die Bühne ging, lockte rund 3000 Personen an. Vergangenes Jahr waren es noch tausend mehr – ein Rückgang also von 25 Prozent.

Besucherrückgang konnte «so nicht erwartet werden»

Nun stehe das Festival auf der Kippe, wie der Verein B-Sides mitteilt. «Zum zweiten Mal in Folge verzeichnet das B-Sides-Festival ein grosses Defizit», schreiben die Organisatoren.

Was lief falsch? Der Verein nennt gleich mehrere Faktoren: schlechte Wetterprognosen, Veranstaltungen zur gleichen Zeit, ein «mutiges Programm», der Generationenwandel im Publikum und die aktuell allgemein schwierige Situation von Kulturveranstaltungen. Das alles habe zu diesem Besucherrückgang geführt, «der so nicht erwartet werden konnte». Die Folge: Die finanziellen Reserven des Vereins seien aufgebraucht.

«Wir haben es dieses Jahr schlicht und einfach nicht geschafft, genügend Leute für einen Festivalbesuch zu begeistern.»

Dominik Unternährer, Gesamtkoordinator B-Sides-Festival

Das Festival ist gemäss dem Verein zu drei Viertel eigenfinanziert. Das Geld können die Organisatoren nur einmal im Jahr auftreiben – an den drei Festivaltagen selbst. Der finanzielle Erfolg hängt also stark davon ab, wie viele Besucherinnen das Festival besuchen und wie viel sie konsumieren. «Wir haben es dieses Jahr schlicht und einfach nicht geschafft, genügend Leute für einen Festivalbesuch zu begeistern», sagt Dominik Unternährer, der Gesamtkoordinator des B-Sides, gegenüber zentralplus.

Auch am Samstag war der Sonnenberg nicht pumpenvoll

Ist das musikalische Anti-Mainstream-Konzept etwa gescheitert? Unternährer antwortet prompt: Nein. «Die erste Ausgabe nach der Coronapandemie war sehr mutig. Wir haben viele experimentelle, wenig eingängige und abstrakte Acts programmiert, auch auf der Hauptbühne. Reaktionen aus dem Publikum und auch unsere eigene Auswertung zeigten 2022, dass wir dem Publikum zu viel zugemutet haben.» Vielleicht seien nun jene Gäste auch nicht mehr auf den Sonnenberg gepilgert.

Das hätten die Organisatoren bei den vergangenen beiden Ausgaben korrigiert. Und wieder vermehrt auf einen Mix gesetzt: dass also die B-Seiten der Musikplatten nicht zu kurz kommen, sie das Publikum herausfordern – ihm aber auch Programmpunkte bieten, die fröhlich sind, zum Tanzen animieren, zugänglich sind. Auch habe man versucht, Jüngere fürs Festival zu gewinnen, was man zu einem bestimmten Grad auch geschafft habe.

Diese Mischung passte in den vergangenen beiden Ausgaben gemäss Unternährer auch. «Für die beiden vergangenen Ausgaben haben wir durchwegs positive Rückmeldungen erhalten. Die Stimmung war sehr gut und enorm friedlich. Auch wenn nicht jeder Programmpunkt wie gewünscht funktioniert hat, waren die beiden Ausgaben von der Stimmung her super.» Nur: Die Besucherzahlen sprachen eine andere Sprache. Insbesondere blieben überraschenderweise viele Tickets für den Samstag offen – ausgerechnet jener Tag, der in den Jahren zuvor jeweils annähernd oder komplett ausverkauft war.

«In den letzten Tagen vor und während dem Festival hat sich abgezeichnet, dass die Finanzen nicht da sein werden, wo sie sein sollten. Zu wenige haben sich für einen spontanen Besuch entschieden», so Unternährer.

Jetzt müssen 60’000 Franken her

Bereits 2023 war finanziell schwierig. Deswegen habe der Verein für die diesjährige Festivalausgabe «zurückhaltend budgetiert und die Kosten stark gesenkt». Unter anderem hat der Verein am Donnerstag auf einen internationalen Headliner verzichtet und einer Schweizer Band den Platz auf der Hauptbühne gegeben: in diesem Jahr Sirens of Lesbos.

Die Organisation und Durchführung eines Festivals sind gemäss dem Verein «finanziell riskant und schwierig kalkulierbar» geworden. Das B-Sides hat laut eigenen Angaben ein Jahresbudget von rund 700’000 Franken. Fast drei Viertel davon erwirtschafte der Verein mit dem Verkauf von Tickets, Getränken und Essen.

Eine schlechte Festivalausgabe verursacht laut Unternährer schnell ein grosses Minus. Damit das B-Sides-Festival weiter stattfinden kann, startet der Verein heute Freitag einen Spendenaufruf. Mithilfe eines Crowdfundings sollen bis Mitte August mindestens 60’000 Franken gesammelt werden.

«Wir sind nicht deprimiert, auch wenn das grosse Minus natürlich enttäuschend ist. Insbesondere, weil am Festival selbst und im Team sehr gute Stimmung herrschte.»

Der Verein wolle die nächste Festivalausgabe unbedingt in Angriff nehmen und setze alles daran, damit das B-Sides als diverses, inklusives, mutiges und aussergewöhnliches Festival erhalten bleibe. So ist Unternährer denn auch zuversichtlich, dass sie ihr Ziel erreichen und Freunde des B-Sides ihnen unter die Arme greifen.

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung Verein B-Sides
  • Telefonat mit Dominik Unternährer, Gesamtkoordination, B-Sides-Festival
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