Was tun gegen steigende Gesundheitskosten?

Übernimm bitte Verantwortung – für deine Gesundheit

Was können wir tun, um dem gefühlten Prämienwachstum entgegenzuwirken? (Bild: Pixabay)

Die Gesundheitskosten steigen und steigen. Die Lösungsvorschläge der Politik greifen kaum. Dabei gäbe es einen naheliegenden Lösungsansatz, bei dem wir alle mitwirken könnten.

Es herrscht Abstimmungskampf, da geht das Thema Gesundheitskosten erfahrungsgemäss hoch. Tatsächlich gibt es vieles, das korrigiert werden muss: etwa die Löhne fürs Pflegepersonal und die Arbeitszeiten der Assistenzärzte. Anderes wurde angepasst, etwa die Abgeltung für Eingriffe, die dank neuen Technologien reduziert worden sind. Und ja, die Medikamentenpreise sind teilweise eine Frechheit – vor allem bei Krebserkrankungen oder bei seltenen Erkrankungen.

Auch ich habe mich durch diese Meldungen und Erfahrungen zu einer tendenziell negativen Haltung gegenüber dem gesamten Krankheitswesen verleiten lassen. Ich wollte deshalb in meiner ersten Kolumne zu einer Breitseite an Kritik ausholen. Ich bin sehr oft in Sizilien und kenne die Preisunterschiede für Blutuntersuchungen oder Asthmasprays. Für einige Medikamente (inklusive Krebsmedikamente) ging meine Recherche schon bis nach Indien.

Recherche zeigt ein differenzierteres Bild

Ja, diese Preisunterschiede sind extrem störend, und der Hammer ist, dass es verboten ist, solche günstig erstandenen Medikamente in die Schweiz einzuführen – ausser für eine persönliche Monatsdosis. Ich habe begriffen, dass die Pharmalobby es hervorragend versteht, zu verhindern, dass Parallelimporte (wenigstens aus der EU) möglich werden. Und dies ganz ohne die Registrationshürden: Warum muss hier getestet werden, was in der EU zugelassen ist?

Aber jetzt kommt es: Bevor ich unbelegte Behauptungen von mir geben würde, habe ich Stunden bei Herrn Google nachgeforscht, um zu verstehen, was konkret abläuft. Resultat: Im Zeitraum von 2020 bis 2022 haben sich die Ausgaben für Krankheiten weniger schnell entwickelt als das Bruttoinlandprodukt. Das heisst konkret, dass prozentual gesehen weniger Geld in Krankheit und Pflege investiert wird als noch vor 22 Jahren. Dies trotz massiver Besserstellung des Pflegepersonals.

Fehlanreize gibt es auch bei den Patienten

Trotz dieser «guten Nachricht» stimmt vieles (noch) nicht. Die Eingriffe und die Apparatemedizin sind massiv überbezahlt, die eigentliche Arbeit der Ärztinnen – nämlich die Sprechstunde oder die individuelle Betreuung durch Gespräche und physikalische Therapie, ist massiv unterbezahlt. So werden sicher Eingriffe vorgenommen, die man hätte vermeiden können. Sei es weniger invasiv oder physikalisch, weil Operieren lukrativer ist als Therapieren.

Aber dies ist nur ein kleiner Teil der existierenden Fehlanreize in unserem System. Ein wichtiger Fehlanreiz liegt bei den Patienten, die sich bewusst oder unbewusst aus Unwissenheit oder Egoismus hemmungslos über die Mitverantwortung zur Verhinderung von unnötigen Untersuchungen, Medikationen oder Operationen hinwegsetzen. Ganz nach dem Motto: «Viel hilft viel.» Oder: «Ich habe ja Prämien bezahlt.»

Dieses Phänomen verstärkt sich dadurch, dass auch das ärztliche Personal oder der Leistungserbringer besser verdient bei mehr Medikation, Behandlungen oder Untersuchungen. Es gibt keine wirkliche Bremse für diesen selbstverstärkenden Mechanismus – ausser die zugegebenermassen schwierig zu gestaltende Selbstkostenbeteiligung.

Wir müssen uns wieder mehr sorgen

Tja, was könnte man denn sonst tun, um dem gefühlten Prämienwachstum entgegenzuwirken? Neue Tarifverhandlungen? Diese werden garantiert zu Mehr- statt Minderkosten führen, weil die Gesundheitslobbyistinnen einfach schlauer sind als die Vertreter des BAG. Neue Umverteilungsmethoden, wie aktuell von den Parteien SP und Die Mitte gefordert? Getreu der Definition von Wahnsinn durch Albert Einstein («Immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten») fragen sich wenige Politikerinnen und Ökonomen nach den wahren Ursachen. So kommen sie folglich immer auf dieselben Umverteilungs- und Kürzungsantworten.

Dabei liegt alles offen auf dem Tisch respektive auf der Hand. Sorgen wir uns! Dafür, dass weniger Menschen krank werden oder sich krank fühlen. Sorgen wir dafür, dass mehr Menschen wissen, was sie selbst tun können punkto Ernährung, Körperpflege, Atmung, Stress, Bewegung, Umgang mit Genussmitteln etc., um möglichst gesund und glücklich alt zu werden. Das ist eines meiner Herzensthemen, dass schon Kleinkinder lernen, wie sie die Zähne wirklich sauber pflegen oder Erwachsene begreifen, wie sie Zahnfleischentzündungen wirksam mechanisch verhindern – das würde heilend wirken.

Wir müssen die Kompetenzen für Ursachenerkennung fördern

Alles das mündet in die Frage: Wie sorgen wir dafür, dass die Menschen wieder mehr Verantwortung für ihre eigene Gesundheit übernehmen? Die Antwort ist einfach: Indem wir dies frühzeitig erlernen und Kompetenzen erwerben, kann die Nachfrage nach medizinischer Leistung durch bessere Selbstkompetenz reduziert werden.

Wie kann dies geschehen? Indem der Fokus der Ausbildung für Ärztinnen, Zahnärzte, Pflegepersonal und Apothekerinnen auf dem Erkennen von Ursachen und nicht auf dem Behandeln von Symptomen liegt. Bereits in der Ausbildung der Ärzte und der Pflegepersonen muss die Kompetenz zur Ursachenerkennung und Ursachenvermeidung im Zentrum stehen. Und wir müssen diese Kompetenz durch Üben und durch bessere Honorierung der Aufklärungstätigkeit in der täglichen ärztlichen oder pflegerischen Tätigkeit voranbringen.

Vielleicht geschieht dies auf Kosten der hochprofitablen Medikamente- und Apparatemedizin. Dann sei es so. Zum Wohle von uns allen. Ein gutes Beispiel ist die Zahnmedizin. Seitdem klar ist, dass Zahnfleischentzündungen eine Mitursache oder mindestens ein Beschleuniger von Frühgeburten, Herz-Kreislauf-Problemen, Diabetes, Alzheimer und anderem mehr sind, erhält das Wissen um und das Beherrschen von guter Mundpflege eine neue Wichtigkeit. Seither wächst unter anderem auch das Wissen, dass das Putzen der Zahnzwischenräume entscheidend ist. Wir alle können uns Gutes tun – wir müssen nur wissen, wie. Deine Selbstkompetenz, dein Selbstvertrauen und dein kritisches Hinschauen entscheiden.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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