Mann soll ins Gefängnis

Luzern: Sex auf dem Parkplatz war Vergewaltigung

Das Luzerner Kriminalgericht verurteilt einen Mann, der eine Minderjährige vergewaltigt habe. (Bild: Adobe Stock)

Sie ist minderjährig, er über 30. Auf einem Parkplatz bei Luzern kommt es zum Sex. Er sagt, das war einvernehmlich. Sie sagt, das war es nicht. Wem glauben die Richter?

Zeugen gab es keine. Von einem «klassischen Vier-Augen-Delikt» schreibt das Luzerner Kriminalgericht in einem begründeten Urteil, das seit heute öffentlich ist. Auf 65 Seiten geht das dreiköpfige Gremium unter dem Vorsitz von Gerichtspräsident Bernard Holdermann der Frage nach: Was genau ist an einem Januarabend 2020 in der Nähe Luzerns geschehen?

War es einvernehmlicher Sex zwischen zwei Menschen, die sich flüchtig kannten und ein Abenteuer suchten? Oder passierte das, was auf einem Autobahnparkplatz geschah, gegen den Willen der damals minderjährigen Zentralschweizerin, die den Mann vier Monate später anzeigen sollte?

Mann soll für acht Monate ins Gefängnis

Wegen Verdachts auf Vergewaltigung und sexuelle Nötigung führte die Luzerner Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen den über 30-jährigen Schweizer.

Zwei Jahre Gefängnis bedingt forderten die Strafverfolger, die Verteidigung hatte an der Hauptverhandlung vom 22. November einen Freispruch beantragt.

«Die Privatklägerin sagte über alle Einvernahmen hinweg konstant aus. Ihre Ausführungen sind in sich stimmig, und es lassen sich keine groben Widersprüche darin ausmachen.»

Aus dem Urteil des Luzerner Kriminalgerichts

Jetzt zeigen Urteilsspruch und Begründung: Das Gericht glaubt der Version von Staatsanwaltschaft und Privatklägerin. Und verurteilt den Beschuldigten wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis. Acht Monate muss er absitzen.

«Die Privatklägerin sagte über alle Einvernahmen hinweg konstant aus. Ihre Ausführungen sind in sich stimmig, und es lassen sich keine groben Widersprüche darin ausmachen», hält das Gericht in seinem Urteil fest. Die Richter sehen es also als erstellt an, dass sich an diesem Januarabend Folgendes zutrug:

Nachdem sie sich wenige Tage zuvor an einem Zentralschweizer Bahnhof das erste Mal begegnet waren, begleitete das spätere Opfer den späteren Täter zu einem Einkauf nach Luzern. Auf dem Parkplatz vor dem Shoppingcenter habe dieser die Minderjährige geküsst, schon das war ihr unangenehm. Bei einem Zwischenhalt auf dem Rückweg kam es schliesslich zum Übergriff im Auto. Erst habe der Täter sein Opfer dazu gedrängt, seinen Penis anzufassen. Wenig später habe er auf dem Rücksitz Sex mit der jungen Frau gehabt. Ohne sie zu schlagen, aber dennoch gegen ihren Willen. Und: Indem er ihr verunmöglichte, wegzukommen, da er sie festhielt und auf ihr lag.

Der Beschuldigte verstrickte sich in Widersprüche

Das ist Vergewaltigung, sagt das Gericht – und lässt die Einwände des Schweizers nicht gelten, der mehrmals ausgesagt hatte, der Sex sei einvernehmlich gewesen. An einer von zwei Befragungen durch die Ermittler hatte der Mann ausgesagt, als er und das Opfer sich küssten, habe dieses «extrem mitgemacht». Sie habe gewusst, wie man einen Mann errege. Wenn eine Frau mit der Zunge küsse, wisse der Mann, dass sie Sex mit ihm wolle, so der Beschuldigte zu den Strafverfolgern.

«Die Privatklägerin machte demnach kein Geheimnis daraus, dass sie die Erlaubnis ihrer Mutter braucht, um auszugehen.»

Aus dem Urteil des Luzerner Kriminalgerichts

Allerdings erkannten die Richter mehrere Widersprüche in den Aussagen des Mannes. So wertete das Gericht die Aussage des Beschuldigten, das minderjährige Opfer habe sich ihm gegenüber als 19 Jahre alt ausgegeben, als Schutzbehauptung. Denn als der Beschuldigte das Opfer gefragt habe, ob sie ihn nach Luzern begleiten wolle, habe dieses gesagt, es müsse zuerst um Erlaubnis fragen: «Die Privatklägerin machte demnach kein Geheimnis daraus, dass sie die Erlaubnis ihrer Mutter braucht, um auszugehen. Angesichts dessen ist weder glaubhaft, dass die Privatklägerin sich gegenüber dem Beschuldigten als älter ausgab (...) noch dass der Beschuldigte sie für 19-jährig hielt.»

Fall geht in Berufung

Auch glaubt das Gericht dem Beschuldigten nicht, dass er sich nicht mehr daran erinnern konnte, wie das Opfer aussah: «Einerseits konnte der Beschuldigte verschiedene die Privatklägerin betreffende Begebenheiten angeblich noch im Detail benennen. Andererseits soll er sich überhaupt nicht mehr an ihr Aussehen erinnert haben können. Das entbehrt jeder Glaubhaftigkeit.»

Zusätzlich zu den zweieinhalb Jahren teilbedingter Gefängnisstrafe muss der Täter seinem Opfer 8000 Franken Genugtuung zahlen, da dieses seit dem Übergriff mit psychischen Problemen kämpfe.

Ob es so weit kommt, ist indes nicht sicher. Wie das Urteil zeigt, hat der Verteidiger Berufung angemeldet. So muss sich also als Nächstes das Luzerner Kantonsgericht mit der Frage befassen, was im Januar 2020 auf einem Parkplatz bei Luzern genau geschehen ist.

Verwendete Quellen
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