Zuger Unternehmer glaubt nicht an Steuern

«Betrug» – dann beendet der Staatskritiker den Prozess

Die Steuerbehörden dürften eigentlich keine Steuern anfordern, findet der Unternehmer. (Bild: zvg)

Ein Unternehmer zahlte mit seinen Firmen in Zug jahrelang die Steuern nicht. Vor Gericht rechtfertigte er sich mit wirren Theorien, bezichtigte die Behörden des Betrugs – und erklärte die Verhandlung schliesslich selbst als beendet.

In einem kleinen Zimmer mit Blick auf den Zugersee will der 51-Jährige dem ganz grossen Betrug auf der Spur sein. Auf der Anklagebank: die Steuerbehörden und die Richter vor ihm. Die Opfer: er selbst und alle steuerpflichtigen Personen und Firmen der Schweiz.

Tatsächlich steht der Unternehmer, der Firmen in mehreren Kantonen vorsteht, diesen Morgen Anfang der Woche selbst als Beschuldigter hier vor dem Verwaltungsgericht. Es geht um zwei Bussen und die Steuern von 2021. Wiederholt soll sich der Mann geweigert haben, mit seinen Zuger Firmen die Steuern zu bezahlen. Dies mit teils wirren Argumenten, bekannt aus Staatsverweigererkreisen (zentralplus berichtete). Es gab bereits mehrere Urteile in dem Fall, einige sind noch vor Bundesgericht hängig. Die Verhandlung am Montag gibt Einblicke, wie der Unternehmer tickt.

Für das Nichtbezahlen der Steuern müsste er zwei Bussen bezahlen – einmal 500 Franken und einmal 350 Franken. Dagegen wehrt er sich. Aus Prinzip.

«Steuern sind eine Täuschung mit finanziellem Motiv»

Vor Gericht will er sich nicht hinsetzen. Grossgewachsen, mit kurzem grauen Haar und forschem Blick, steht er entweder neben dem Tisch, der für ihn vorgesehen wäre, tigert im Raum auf und ab oder wühlt in den Akten, die er mitgebracht hat.

Als er sich zu den Bussen äussern darf, holt er aus. Das ganze Schweizer Steuersystem sei ein Betrug. Staatsausgaben würden gar nicht durch Steuern gedeckt. Die Kantone und der Bund würden mittels Krediten Geld aus dem Nichts schaffen. Daher sei es auch nicht nötig, Steuererklärungen auszufüllen. Wohin das Steuergeld wirklich fliesse, wisse niemand. «Es ist eine Täuschung, und eine Täuschung mit finanziellem Motiv ist ein Betrug», so die Auffassung des Beschuldigten.

Beschuldigter greift Richter an

Ausserdem müssten die Steuerbehörden zuerst einmal beweisen, dass er tatsächlich steuerpflichtig sei. Was genau er damit meinte, ist nicht wirklich klar. Dann greift er das Gericht an. Im Vorfeld der Verhandlung stellte er mehrere Begehren, dass alle Richter und Gerichtsmitarbeiterinnen in den Ausstand zu treten hätten, die mehr als 50 Prozent ihres Lohns vom Kanton erhalten. Die Löhne seien mit Steuern finanziert und die Richter daher befangen.

Weiter wollte er, dass alle Richter in den Ausstand treten, die den Freimaurer oder anderen Logen und Vereinen angehören (wiederum lässt er offen, was genau er mit Vereinen meint). «Wer von euch ist tatsächlich frei?», fragt er bei der Verhandlung die Richterin und ihre Kollegen direkt.

Immer wieder kritisiert der Beschuldigte das Dreiergremium. Sie würden den Betrug unterstützen und seien mitverantwortlich für den «Rechtsbankrott», wie er sagt. «Irgendwann kommt alles ans Licht, und ihr habt dann das Nachsehen. Dann gewinne ich», schliesst er, an die Richterin gewandt. Diese hört sich die Ausführungen geduldig an. Hie und da kann sie sich einen genervten Seufzer nicht verkneifen.

«Sammle Urteile, bis ich gewinne»

Es sind solche Verschwörungstheorien, die unter Staatsverweigerern weitverbreitet sind. In ihrer Vorstellung ist der Staat lediglich eine Firma. In der Folge sind von ihm erlassene Gesetze nicht gültig und Verpflichtungen, wie eben das Zahlen von Steuern, nicht verpflichtend.

Am Rande der Verhandlung erklärt der Beschuldigte im direkten Gespräch gegenüber zentralplus, dass es ihm beim Prozess auch nicht um die Busse oder das Bezahlen der Steuern an sich gehe. Die Anschuldigungen seien ja alle korrekt. Er kämpfe aber gegen das System. Dazu «sammle» er nun Urteile und Strafen, um zu «üben».

Finanziell könne er sich dies leisten. Irgendwann gewinne er, und dann gebe es einen «Präzedenzfall», der dem «Betrug» den Wind aus den Segeln nehme. Nicht ohne Stolz erklärt er, dass er die Justiz in mehreren Kantonen beschäftige. Mal ebenso wegen der Steuern, mal wegen anderer Bussen, etwa wegen zu schnellem Fahren. Dabei vertrete er sich selbst. Einen Anwalt wolle er sich nicht nehmen.

«Wir wollen ganz einfach den Betrug nicht unterstützen, der hier passiert», erklärt er enthusiastisch. Dafür gehe er durch alle Instanzen. Auf die Frage, was er mit «wir» meint, bleibt er vage. Spricht aber von Vernetzungen und Deutschland.

Dort sorgen Staatsverweigerer, teils mit aggressiven Auswüchsen, seit Jahren für Schlagzeilen. In der Schweiz sind sie auch seit Längerem aktiv und beschäftigen – wie im hiesigen Fall – die Behörden und die Justiz. In manchen Fällen treten sie wesentlich aggressiver auf, bilden eigene Gerichte und Möchtegern-Strafverfolgungsbehörden (sie nennen sich teils Sheriffs), bedrohen Beamte und belästigen die Behörden. Im Extremfall wollen Reichsbürgerinnen gar den Staat mittels Gewalt umstürzen. 2022 kam es in Zug etwa zu einer Hausdurchsuchung, bei der es um Verbindungen zu Reichsbürgern in Deutschland und um Waffen ging (zentralplus berichtete).

Gericht geht nicht auf Anträge ein – Beschuldigter geht

Der Zuger Unternehmer scheint in erster Linie eher unbequem als aggressiv oder gar gefährlich zu sein. Seine Ausführungen und Erklärungen trägt er höflich vor und plaudert in der Pause mit den Besuchern. Grosse Sorgen scheint er sich nicht zu machen. Dies, obwohl seine Ausführungen die Richterinnen und Richter kaum beeindruckt.

Das Gericht bestätigt schliesslich die Busse. Im ersten Fall ging es um 500 Franken, die er nun bezahlen müsste. Dann will das Gericht zur zweiten – in einem separaten Verfahren behandelten – Busse übergehen. Der Beschuldigte macht ihm aber einen Strich durch die Rechnung.

Wie er sehe, habe das Gericht die Pause zwischen den Verhandlungen nicht genutzt, um sein Ausstandsbegehren erneut an die Hand zu nehmen oder seinem Antrag, dass die Steuerbehörden die Steuerpflicht beweisen müssten, stattzugeben. Somit sei der «Rechtsbankrott» eingetreten. Er erkläre somit die Verhandlung als beendet, die Busse als nichtig und das Verfahren als eingestellt. «Vielen Dank und auf Wiedersehen.» Dann ist er zur Tür hinaus.

Zurück bleiben drei etwas verwirrte Richter und ein Polizist, der froh zu sein scheint, dass die Verhandlung früher fertig ist als gedacht. Wenn den Ankündigungen des Unternehmers Glaube zu schenken ist, dann dürfte es aber nicht das letzte Mal gewesen sein, dass sie ihm im Gerichtssaal, mit Blick auf den Zugersee, gegenüberstehen. Rechtskräftig sind die Urteile noch nicht.

Verwendete Quellen
  • Besuch von Verhandlung am Zuger Verwaltungsgericht
  • Diverse Urteile des Verwaltungsgerichts
  • Medienarchiv zentralplus
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