Mann rassistisch beschimpft oder nicht?

Autostreit endet mit Klage wegen Diffamierung

Begonnen hat die Geschichte mit einem Autokauf, geendet hat sie in gegenseitigen Klagen. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

Eine Luzernerin wurde kürzlich per Strafbefehl wegen Diffamierung verurteilt. Dem vorausgegangen war ein Streit wegen eines Autokaufs, bei dem ein Mann rassistisch beschimpft worden sein soll. Die Rechtslage in solchen Fällen ist dabei tückisch.

Sie soll einen Autohändler fälschlicherweise des Betrugs und Rassismus bezichtigt haben. Dafür wurde kürzlich eine Frau aus dem Kanton Luzern per Strafbefehl wegen übler Nachrede verurteilt. Auf den ersten Blick ein klarer Fall, auf den zweiten weniger.

Gegenüber zentralplus führt die verurteilte Frau aus, dass alles mit dem Kauf eines Elektroautos begonnen habe. Sie und ihr Mann hätten von einem Verbrenner auf ein nachhaltigeres Fahrzeug wechseln wollen. Dabei sei ihnen wichtig gewesen, dass das Fahrzeug Jahrgang 2022 habe. Dies, weil sie das neueste Modell gewollt hätten.

Streit wegen scheinbar falschem Jahrgang

Im Internet glaubten sie, fündig geworden zu sein, und kauften das Auto, angeblich mit Jahrgang 2022, bei einem lokalen Autohändler. Kurz nach dem Kauf haben sie jedoch gemerkt, dass das Auto fast ein Jahr älter sei, als beim Kauf angegeben. Sie haben dies mit dem Händler klären wollen und ihn dazu telefonisch kontaktiert.

Wie die Frau erzählt, habe der Händler aber abgeblockt und darauf bestanden, dass der Jahrgang des Fahrzeugs korrekt sei. Er habe sich geweigert, das Auto zurückzunehmen. Das Gespräch sei hitzig geworden, schliesslich habe sie ihren Mann einschalten wollen, erzählt die Frau. Dieser kommt aus der Karibik und ist dunkelhäutig.

Der Händler habe ihr daraufhin am Telefon erwidert, er rede nicht mit «Negern» – so die Schilderungen der Frau. Sie habe daraufhin eine Klage gegen den Mann eingereicht, dies wegen Betrugs und Vertragsbruch, weil er ihr das «falsche» Auto verkauft haben soll.

Anzeige folgt auf Anzeige

Bei der Einvernahme habe sie auf dem zuständigen Polizeiposten den Sachverhalt geschildert. Kurz darauf hatte sie selbst eine Anzeige wegen übler Nachrede am Hals. Dafür wurde sie kürzlich per Strafbefehl verurteilt. Dies, weil sie den Händler des Betrugs bezichtigt hätte, obwohl dieser nicht wegen Betrugs vorverurteilt sei, und ihm den Begriff «Neger» untergeschoben haben solle, in der Absicht, den Mann zu schmähen, wie es im Strafbefehl, der zentralplus vorliegt, heisst.

Die Luzernerin beharrt allerdings darauf, dass der Fall so, wie von ihr geschildert, vorgefallen sei. Sie hat den Strafbefehl angefochten. Der Autohändler und sein Anwalt wollten auf Anfrage von zentralplus keine Stellung nehmen und verweisen auf das laufende Verfahren bezüglich Vertragsverletzung.

Im Zweifel gegen die Angeklagte

Wer nun in Sachen der üblen Nachrede recht hat, bleibt derzeit unklar. Die Verurteilung wegen Diffamierung spricht eigentlich gegen die Luzernerin. Es gibt aber eine Krux.

Denn die Gesetzeslage kann, wenn es um Diffamierung geht, tückisch sein. Im Grundsatz besagt diese: im Zweifelsfall gegen den Angeklagten und für den Kläger. Wird jemand der üblen Nachrede beschuldigt, dann muss derjenige beweisen, dass seine Aussage der Wahrheit entspricht. Es reicht nicht zu glauben, dass die Äusserungen der Wahrheit entsprechen. Gibt es keinen Beweis, so spricht das Gesetz gegen den Beschuldigten.

Steht Aussage gegen Aussage und niemand kann beweisen, was richtig ist, so wird in der Regel gegen den Beschuldigten entschieden. Wie die Luzernerin erzählt, hätte ihr Mann zwar ebenfalls ausgesagt, verurteilt sei sie dennoch worden.

Diskriminierung nur öffentlich strafbar

Dementgegen ist die Rechtslage, wenn es um Rassismus und Diskriminierung in privatem Umfeld geht, vergleichsweise lasch. Die Schweizer Diskriminierungsstrafnorm sanktioniert lediglich Verhalten, das «das friedliche Zusammenleben in einer Gemeinschaft auf Dauer gefährdet», wie es bei der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus heisst. Konkret bedeutet das: Rassismus ist nur dann strafbar, wenn jemand öffentlich diskriminiert wird, rassistische Ideologien verbreitet werden oder etwa Dienstleistungen, die für die Allgemeinheit zugänglich sind, verweigert werden. Eine einzelne Äusserung, so verwerflich sie sein mag, ist in einem privaten Streitgespräch nicht strafbar.

Wie die Luzernerin gegenüber zentralplus sagt, verzichte sie denn auch darauf, rechtliche Schritte wegen der angeblichen «Neger»-Bezeichnung einzuleiten. Wie sie erzählt, würden sie und ihr Mann regelmässig Diskriminierung erleben. Anzeigen würden dabei nichts bringen, weil sie meist im privaten Rahmen geäussert und diese nur in seltenen Fällen effektiv zu einer Verfolgung oder zu einer Verurteilung führen würden.

Sie wolle sich darum darauf konzentrieren, den Streit um das Auto zu lösen, weswegen die ganze Aufregung überhaupt entstanden ist. Der Prozess dazu steht noch aus.

Verwendete Quellen
  • Strafbefehl
  • Telefonischer Austausch mit Luzernerin
  • Anfrage an Autohändler
  • Schweizer Strafgesetzbuch, Art. 173
  • Schweizer Strafgesetzbuch, Art. 261
  • FAQ Eidgenössische Kommission gegen Rassismus
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