Luzerner muss ins Gefängnis

Als der Streit eskalierte, überfuhr er seinen Vermieter

Als er seinen Vermieter auf dem Parkplatz sah, habe der Beschuldigte aufs Gaspedal gedrückt, so der Vorwurf. (Bild: Adobe Stock)

Ein Mietstreit in einer Luzerner Gemeinde eskalierte so richtig. Nach jahrelangem Streit soll ein Mieter den Vermieter auf dem Parkplatz über den Haufen gefahren haben. Er muss ins Gefängnis – auch wegen einer Reihe anderer, teils skurriler Taten.

Es ist ein idyllischer Ort. Ruhig. Abgelegen. Vor dem Quartier liegt die Dorfkirche, dahinter erstrecken sich Wälder. Hier in einem Haus direkt an der Strasse spielte sich bis 2021 ein Streit ab, der schliesslich wüst eskalierte. Die Parteien: der Vermieter und sein Mieter. Worum es dabei ursprünglich ging, ist unklar. Klar hingegen ist: Dem Vermieter lupfte es irgendwann den Deckel. Er kündigte den Mietvertrag und wollte den 56-jährigen Mieter aus dem Haus, in dem beide wohnten, raus haben.

Dieser dachte nicht daran, zu gehen – im Gegenteil. Er soll sich geweigert haben, auszuziehen und stattdessen seinen Vermieter terrorisiert haben. Deswegen musste er sich nun vor dem Luzerner Kriminalgericht verantworten. Wie es in dem Urteil heisst, begann er damit, dem Vermieter Briefe zu schreiben. Inhalt: wüste Anschuldigungen. So habe er ihn beschuldigt, seiner minderjährigen Tochter nachzustellen, sie zu fotografieren und ihre Unterwäsche zu stehlen. Er habe den Vermieter als Pädophilen bezeichnet und geschrieben, dieser solle sich deswegen in Behandlung begeben. An den Vorwürfen ist nichts dran, wie später klarwurde.

Vermieter beim Schneeschaufeln über den Haufen gefahren

Im Januar 2021 eskalierte der Streit schliesslich richtig. Der Vermieter war gerade dabei, auf dem Parkplatz vor dem Haus Schnee zu schaufeln. Da kam der Beschuldigte mit dem Auto daher. Er bemerkte den anderen Mann auf dem Vorplatz. Statt auf seinen Parkplatz zu fahren, sei er aber rückwärts – als ob er einparkieren wollte – auf den Vermieter zu- und in ihn hineingefahren.

Wie es in dem Urteil heisst, stand dieser gerade mit dem Rücken zum Auto. Er sei vom Heck erwischt worden, einige Meter durch die Luft geflogen und schliesslich in einen Schneehaufen und auf ein Mäuerchen geprallt. Dabei habe er sich mehrere Blessuren und Verletzungen zugezogen. Danach sei der Beschuldigte ausgestiegen und habe den anderen noch beschimpft, er habe das Auto beschädigt.

Vor Gericht stand er noch wegen anderer Vergehen. Nach dem Vorfall liess der Vermieter den renitenten Mieter ausweisen. Die Polizei sorgte dafür, dass er auch wirklich die Wohnung verliess. In diesem Zeitraum sei der 56-Jährige jedoch in das Haus eingedrungen und habe alle Schlösser des Hauses so aufgebohrt, dass sich die Türen von aussen nicht mehr öffnen liessen. Der Vermieter habe ihn schliesslich in der Garage erwischt.

Auch wurde bei ihm ein alter Revolver und ein Luftgewehr gefunden. Für die Waffen hatte er keine Bewilligung.

Ordner aus Betreibungsamt gestohlen

Besonders skurril ist allerdings ein Vorwurf, der mit dem Streit gar nichts zu tun hat. Der Beschuldigte hatte im Frühling 2021 einen Termin auf dem regionalen Betreibungsamt. Er hatte Schulden und lebte von der Sozialhilfe. Im Wartraum seien ihm mehrere Ordner des Amtes aufgefallen. Diese warteten dort auf die Archivierung. Darin enthalten waren Dokumente zu Fortsetzungsbegehren und Korrespondenzen. Der 56-Jährige habe sich kurzerhand sechs bis acht der Ordner geschnappt und sei damit abgehauen.

Später habe er die zuständige Betreibungsbeamtin angerufen. Er werde die Dokumente dem «Blick» und «20 Minuten» zuspielen und dafür sorgen, dass sie ihren Job verliere, soll er der Frau gedroht haben. Als er in der Befragung darauf angesprochen wurde, sagte er, es habe ihn gestört, dass die amtlichen Dokumente öffentlich zugänglich im Warteraum aufbewahrt wurden. Dies sei rechtswidrig. Er habe sie quasi retten und auf den Missstand hinweisen wollen.

Dass er nicht um Erklärungen verlegen ist, zeigte der Beschuldigte auch bei den anderen Vorwürfen. So bestritt er vehement, dass er seinen Vermieter angefahren hatte. Nach seiner Schilderung hatte er im Schritttempo rückwärts einparkieren wollen, als der Andere ihm plötzlich mit der Schaufel auf das Heck des Autos geschlagen habe.

Bereits verurteilt, weil er Tochter in Karibik entführte

Diese Schilderung wollte das Luzerner Kriminalgericht nicht glauben. Es schickt den 56-Jährigen für zwei Jahre ins Gefängnis. Die Strafe ist darum so hoch, weil der Mann achtfach vorbestraft ist in anderen Kantonen. Dies wegen Vergehen gegen das Strassenverkehrs- oder das Umweltgesetz. Am stärksten ins Gewicht fiel eine Verurteilung von 2019. Damals wurde der 56-Jährige wegen Freiheitsentzug zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 15 Monaten verurteilt.

Er und seine Partnerin waren wegen ihrer Tochter im Clinch mit der Kesb. Diese beschloss, den beiden das Aufenthaltsbestimmungsrecht über ihre Tochter zu entziehen. Sie hätte in eine Pflegefamilie kommen sollen. Daraufhin sei der Beschuldigte derart erschrocken, dass er mit dem Kind kurzerhand in die Karibik flog. Wie die «Berner Zeitung» damals schrieb, meldete er sich von dort aus bei der Staatsanwaltschaft und brachte seine Tochter schliesslich wieder zurück.

Weil er nach dieser Verurteilung weiter delinquierte, setzt das Luzerner Kriminalgericht seine jetzige Freiheitsstrafe als unbedingt fest. Der Beschuldigte hat gegen das Urteil Berufung angemeldet.

Verwendete Quellen
  • Urteil Kriminalgericht Luzern
  • Artikel «Berner Zeitung» von April 2019
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