Vitznauer Herzchirurg zur Spitalkrise

Thierry Carrel kritisiert unnötige Spitalausgaben

Der Wahl-Vitznauer Thierry Carrel hat eine pointierte Meinung zur finanziellen Krise der Spitäler. (Bild: jal/zvg)

Der Kanton Zürich muss sein Kinderspital mit 100 Millionen Franken retten. Der Vitznauer Gemeinderat und Herzchirurg Thierry Carrel kritisiert Entscheide der Spitalleitung.

Springt der Kanton Zürich nicht in die Bresche, kann das Kinderspital Zürich Mitte Jahr seine Rechnungen nicht mehr zahlen. 100 Millionen Franken will der Kanton deshalb einschiessen, wie diese Woche bekannt wurde. Zur finanziellen Schieflage der Zürcher Spitäler äussert sich nun auch Herzchirurg Thierry Carrel. 35 Jahre war er in verschiedenen Schweizer Spitälern tätig. Zuletzt auch im Unispital Zürich, bis er entlassen wurde (zentralplus berichtete). Heute ist Carrel Gemeinderat von Vitznau (FDP) und noch humanitär tätig, beispielsweise in Usbekistan. Die Hilferufe der Spitäler besorgen ihn, wie er der «SonntagsZeitung» sagt. Er übt jedoch auch Kritik.

Denn: Ein grosser Grund für das klaffende Loch in der Kasse des Kinderspitals ist der Neubau. Dass es diesen braucht, steht für Carrel ausser Frage. «Doch den Auftrag für den Neubau an zwei Stararchitekten zu vergeben, die damit ein Denkmal setzen, war ein unverantwortlicher Entscheid der Leitungsgremien», wie er der Zeitung sagt. Zu Beginn sollte der Neubau der Basler Architekten Herzog & de Meuron 600 Millionen Franken kosten. Inzwischen sind die Kosten auf 761 Millionen Franken gestiegen.

Wie viele Spitäler sind nötig?

Viel wichtiger als eine schicke Fassade seien die medizinische und pflegerische Leistung, kritisiert Carrel. Und diese könne man auch mit viel weniger Luxus erbringen. Auch moniert der Wahl-Vitznauer, dass Kantone finanzielle Rettungspakete nach dem Prinzip der «Systemrelevanz» vergeben. Er nennt das Beispiel eines Freundes und Hausarztes im Berner Oberland, dessen Praxis ein ganzes Tal betreue. «In diesem Sinne ist sie auch systemrelevant. Doch würde sie gerettet werden?», fragt er.

Mittlerweile sei den Kantonen der Blick auf das Ganze bei der Gesundheitsversorgung verloren gegangen. Jeder Kanton und jede Region schaue nur für sich. Dass es für eine 10-Millionen-Schweiz bald 10 Unispitäler gäbe, könne nicht sein. Derselben Meinung ist Philip Sommer, Leiter Gesundheitswesen bei PWC Schweiz. In der Schweiz gebe es über 100 Spitalstandorte – eine gute Grundversorgung könnte die Schweiz jedoch bereits mit 50 sicherstellen.

Gerade in Luzern dürfte Sommers Meinung jedoch auf taube Ohren stossen. Als die Regierung gewisse Leistungen beim Spital Wolhusen abbauen wollte, wurde der Widerstand der Bevölkerung und Politik so gross, dass sie zurückkrebsen musste (zentralplus berichtete).

Verwendete Quellen
2 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon