Spitäler in Zug fast gratis – Idee stösst auf Gegenwind
Die Zuger Regierung will vorübergehend 99 Prozent der Spitalkosten übernehmen und so die Prämien senken. Nun äussern sich die Parteien und die Spitäler zum Vorhaben.
Fast eine halbe Milliarde Franken: So gross ist das Plus in der Staatskasse, das der Kanton Zug allein fürs Jahr 2023 verzeichnet (zentralplus berichtete). Ein Teil der entstandenen Überschüsse soll direkt an die Bevölkerung zurückfliessen. So will es der Regierungsrat, wie er vor rund zwei Monaten mitteilte (zentralplus berichtete).
Während der Jahre 2026 und 2027 will der Kanton deshalb 99 Prozent der Spitalkosten übernehmen. Bis jetzt sind es 55 Prozent – den Rest zahlt die Bevölkerung. Mit der Kostenübernahme bezweckt der Regierungsrat, dass die Prämien um rund 18 Prozent sinken. Für die Durchschnittszugerin sollen die Gesundheitskosten pro Jahr so etwa 700 Franken tiefer ausfallen als bisher. Bei vielen Zugern stiess diese Nachricht wohl auf grosse Freude. Doch nicht bei allen Parteien.
Partei befürchtet mehr stationäre Behandlungen
Unter anderem äussert sich die FDP kritisch und lehnt den Antrag ab. «Der Vorschlag der Regierung, wonach ausschliesslich stationäre Kosten zu 99 Prozent übernommen werden sollen, ist falsch», schreibt die Partei in einer Stellungnahme.
Die FDP befürchtet, dass Patienten verstärkt zu stationären Behandlungen drängen und so hohe Kosten verursachen. Darüber hinaus hätten die Krankenkassen keine Motivation mehr, Spitalrechnungen zu kontrollieren und so zur Kostensenkung beizutragen.
Ähnliche Bedenken hegt auch die Zuger GLP. Sie fordert, dass ein Mechanismus integriert wird, der die Neigung zu teuren, stationären Behandlungen eindämmt. Hingegen merkt die Partei jedoch positiv an, dass das Vorhaben zu wenig bis gar keinem zusätzlichen Verwaltungsaufwand führt. «Das freut uns als Grünliberale, die einen effizienten Staat propagieren, natürlich», so die Partei.
Regierung habe nicht gründlich überlegt
Neben der FDP kristallisiert sich die SP als zweite grosse Kritikerin heraus. Dabei bemängelt sie vor allem die Vorgehensweise der Regierung. «Wir sind nicht dagegen, dass die Bevölkerung bei den Gesundheitskosten entlastet wird», betont Zari Dzaferi, Co-Präsident der kantonalen Partei, gegenüber zentralplus.
Die Partei hat jedoch den Eindruck, dass die Regierung das angesammelte Geld schnellstmöglich abgeben will. Dabei nehme sie sich nicht die Zeit, um gründlich zu überlegen, ob die Investition nachhaltig ist und ob das Geld an den richtigen Ort kommt, findet die SP. Dzaferi sieht beispielsweise eher bei der Langzeitpflege Handlungsbedarf. Die Zuger Gesundheitsdirektion rechnet nämlich mit Hunderten von zusätzlichen Pflegebetten, die bis Ende 2030 geschaffen werden müssen (zentralplus berichtete).
Darüber hinaus kritisiert Dzaferi, dass der Vorschlag der Regierung in der Staatswirtschaftskommission diskutiert wird. So werde das Thema nur finanzpolitisch beurteilt. «Aus Sicht der SP wäre es sinnvoller gewesen, den Antrag in der Kommission für Gesundheit und Soziales zu behandeln», sagt Dzaferi.
«Schockartiger» Anstieg der Prämien nach den zwei Jahren
Eine nachhaltigere Lösung wünscht sich auch die SVP. Sie fürchtet den «schockartigen» Anstieg der Krankenkassenprämien nach 2027. Grundsätzlich begrüsst die Partei aber die Stossrichtung der Regierung. Besonders befürwortet die SVP, dass der Kanton ein Paket für den ganzen Mittelstand vorschlägt und nicht nur für einzelne, wirtschaftlich schlechter gestellte Personen.
Genau das kritisiert wiederum die ALG. Für die Grünen wäre es durchaus denkbar gewesen, das Geld an die Bevölkerung über die individuelle Prämienverbilligung zurückfliessen zu lassen. Dann würden vor allem Personen mit einem geringeren Einkommen profitieren. Trotzdem unterstützt die ALG, wie auch die Mitte, das Vorhaben der Regierung ohne Vorbehalte.
Das meinen die Spitäler
Zur Kostenübernahme hat sich auch das Zuger Kantonsspital geäussert. Die Institution begrüsst den Vorschlag zur Prämienentlastung der Zuger Regierung. Das Spital geht jedoch davon aus, dass bei einem Kostenanteil von 99 Prozent ein starker finanzieller Anreiz für stationäre Behandlungen entstehen könnte – auch wenn aus medizinischer Sicht eine ambulante Behandlung sinnvoller wäre.
Das Zuger Kantonsspital will diesen finanziellen Anreiz abschwächen. Die Institution schlägt der Regierung deshalb vor, den kantonalen Kostenanteil beispielsweise auf 90 Prozent zu reduzieren.
Ähnlich tönt es bei der Andreas-Klinik in Cham. Sie begrüsst den Vorschlag zur Prämienentlastung der Zuger Regierung. Es gelte dabei jedoch zu bedenken, dass bei Personen mit einer hohen Franchise finanzielle Anreize für stationäre Behandlungen entstehen könnten. «Das wäre gegenläufig zur gewünschten Entwicklung der Ambulantisierung», schreibt die Klinik.
Zunächst diskutiert der Kantonsrat die Pläne der Regierung. Allenfalls kommen sie dann vors Volk. Laut der Zuger Regierung soll bis Ende Januar 2025 ein referendumsfähiger Beschluss vorliegen.
Mirjam Reinhard ist im Raum Luzern aufgewachsen und verwurzelt. Sie studierte Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaften und analysierte Medienberichte im Rahmen ihrer Bachelorarbeit. Seit Herbst 2023 schreibt sie als Praktikantin für zentralplus.
Während zwei Jahren 500‘000 Millionen vernichten und dann kommt das Erwachen oder es wird um 1 Jahr verlängert. Ist das Nachhaltig? Fördert das weiterhin den Grundsatz, ambulant vor stationär? Die Krankenkassen freut es, mehr Geld, noch weniger kontrollieren, aber weiterhin grosse Löhne. Sorry, diese Idee ist sehr schwach. Das sind die Luxusprobleme. Schade findet der RR keine bessere Idee.