Finanzierung von Palliative Care

Politiker fordern: Zuger sollen in Würde sterben können

Zuger sollen trotz unheilbarer Krankheit ein würdevolles Lebensende haben. Der Kanton Zug solle sich deshalb an der Finanzierung der Palliative Care beteiligen, findet Kantonsrätin Carina Brüngger. (Bild: Adobe Stock/zvg)

Unheilbar kranke Menschen können spezialisiert gepflegt werden, mit der sogenannten Palliative Care. Ein nationales Konzept zur Finanzierung fehlt, weshalb Patienten hohe Kosten tragen. Nun wird die Politik aktiv.

«Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.» So soll die Ärztin und Begründerin Cicely Saunders Palliative Care beschrieben haben. Bei Diagnosen wie Krebs oder schweren Nervenkrankheiten können Ärztinnen oft nicht viel tun. Die Palliative Care sorgt mit medizinischen und pflegerischen Massnahmen dafür, dass das Leiden der Patienten bis zum Lebensende möglichst gelindert wird. Und sie so die Zeit bis zum Tod noch bestmöglich geniessen können.

Diese spezialisierte Pflege wird beispielsweise von Pflegediensten wie der Spitex oder in Spitälern angeboten. Oder in Hospizen, die eigens darauf spezialisiert sind. So etwa das Hospiz Zentralschweiz im Luzerner Stadtteil Littau. Was für Angehörige nach einer schönen Möglichkeit klingt, ihren Liebsten ein würdevolles Sterben zu ermöglichen, hat einen riesigen Haken: Geld.

Zwar werden die reinen Pflegekosten in Hospizen von der Krankenkasse und der Wohngemeinde übernommen. Trotzdem bleibt ein Privatanteil – und ein happiger täglicher Zuschlag für Zimmermiete, spezialisierte Betreuung und Co. Wie das Hospiz Zentralschweiz vorrechnet, zahlen die Patienten im Schnitt 5733 Franken für ihren Aufenthalt, pro Monat wären es 8190 Franken, aus dem eigenen Portemonnaie (zentralplus berichtete). Ein würdevolles Sterben müssen Patienten sich also erst mal leisten können. Das wollen Zuger Kantonsräte rund um Carina Brüngger nun ändern.

Familien finanziell entlasten

In einer kürzlich eingereichten Motion fordert die FDP-Kantonsrätin und Präsidentin von Palliativ Zug, dass der Kanton Zug sich an den Kosten von Palliativpatienten in anerkannten Hospizen beteiligt. Anteilsmässig soll er ähnlich viel wie bei der ambulanten Betreuung in einem Spital zahlen.

Ihre Motion habe vor allem mit der Gleichbehandlung der Angebote zu tun, wie Carina Brüngger auf Anfrage sagt. «Ich finde es nicht richtig, dass Personen mehr Selbstkosten beim Aufenthalt im Hospiz übernehmen müssen wie in der Villa Sonnenberg in Affoltern.» Denn diese steht auf der offiziellen Spitalliste des Kantons Zug im Bereich Palliativ Care. Das Problem: Im Gegensatz zu einem Hospiz ist der Aufenthalt dort zeitlich begrenzt.

«Wir investieren viel Geld in den Anfang des Lebens, was schön ist. Aber am Ende reut uns jeder Franken?»

Carina Brüngger, FDP-Kantonsrätin und Präsidentin Palliativ Zug

Entscheiden sich Patientinnen stattdessen für ein Hospiz, wirds teuer. «In einem Hospiz befinden sich die Patienten und ihre Angehörigen in einer ausserordentlichen Situation. Dann sollten sie sich nicht auch noch Sorgen um die Finanzierung machen müssen.» Gerade für eine junge Familie, die mit einem Schicksalsschlag kämpfe, würden die Kosten viel ausmachen. Unlängst berichtete der «Beobachter» etwa von einem 38-jährigen Familienvater mit Lungenproblemen. Um seine Hospizkosten zu decken, musste die junge Familie Hilfe mittels Crowdfunding suchen.

Defizite der Hospize decken

Nebst der Übernahme der Kosten für die Patientinnen soll der Kanton Zug auch einen «grossen Teil» des Defizits von Hospizen übernehmen. Denn trotz der hohen Kosten für die Palliativpatientinnen sind Hospize wegen ihres deutlich höheren Betreuungsschlüssels in der Pflege oft defizitär.

Das Hospiz Zentralschweiz braucht beispielsweise jährlich eine Million Franken Spenden, um seine Ausgaben zu decken. Wie gross der Anteil des Kantons Zug werden soll, lässt Brüngger im Rahmen ihrer Motion noch offen. Das könnten Regierung und Kantonsrat festlegen, sobald sie sich eingehender mit dem Thema beschäftigt hätten, so die FDP-Kantonsrätin.

Wird die Motion überwiesen, käme einiges an Kosten auf den Kanton zu. Für sie jedoch vertretbar. «Wir investieren viel Geld in den Anfang des Lebens, was schön ist. Aber am Ende reut uns jeder Franken? Ich nehme an, wir wollen alle in Würde sterben.»

Finanzierung der Palliative Care wäre für Zug nur vordergründig teurer

Zumal das nicht zwingend eine Mehrbelastung sei: «Ein Hospiz entlastet ein Spital und verursacht weniger Kosten.» Wie sie betont, möchte sie niemandem vorschreiben, wo sie sich pflegen liessen. Nur sollten die Zuger auch wirklich Wahlfreiheit haben – ohne finanzielle Guillotine im Hinterkopf.

Das Hospiz Zentralschweiz liegt im Luzerner Stadtteil Littau. (Bild: zvg)

Inwiefern Hospize weniger Kosten verursachen, hat der Luzerner Kantonsrat Stephan Schärli (Mitte) vorgerechnet. Er hat Mitte Juni im Nachbarkanton ebenfalls eine entsprechende Motion eingereicht. Das Hospiz Zentralschweiz hat im Jahr 2023 insgesamt 2026 Pflegetage von Luzerner Patienten verzeichnet.

Wären sie alle stattdessen im Luzerner Kantonsspital gepflegt worden, hätte das den Kanton etwa 2,8 Millionen Franken gekostet. Würde der Kanton Luzern stattdessen, wie von Schärli vorgeschlagen, pro Patient und Tag gut 550 Franken zahlen, hätte er fürs Jahr 2023 rund 1,1 Millionen Franken bezahlt.

Ähnlicher Vorstoss beim Bund hängig

Eigentlich wäre beim Bund seit fast vier Jahren eine Motion hängig, die eine angemessene Finanzierung der Palliative Care verlangt. Mit der Zuger Motion würde der Kanton einer künftigen nationalen Regelung zuvorkommen. Doch wie Brüngger betont, presche für sie der Kanton damit nicht vor.

Zug verkörpere eher das Gegenteil: Als einer der letzten Kantone steht Zug noch immer ohne Strategie zur Palliative Care da. Mit ihrer Motion wolle sie der Regierung das Thema wieder ins Gedächtnis rücken, so Brüngger. Zudem könne es auch von Vorteil sein, wenn die Kantone schon eigene Regeln haben. «Man muss ja nicht das Rad 26-mal neu erfinden.» Der Bund oder andere Kantone könnten so schon bestehende und im besten Fall erprobte Konzepte übernehmen.

Bevor es jedoch so weit kommt, muss ein entsprechendes Konzept zur Finanzierung der Palliative Care auch den Kantonsrat in Zug überzeugen. Brüngger ist aber zuversichtlich, dass ihre Motion überwiesen wird – Politiker von der ALG bis zur SVP haben den Vorstoss mitunterzeichnet.

Verwendete Quellen
0 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon