Einzigartiges Angebot für Witwer

Viele Männer sind nach dem Tod ihrer Frau überfordert

Markus Schmid steht zusammen mit der Stadt Luzern und Vicino Luzern hinter dem Angebot «Gespräch unter Witwern». (Bild: Adobe Stock/zvg)

Von der Gesellschaft erhalten Witwer oft wenig Rückhalt im Umgang mit ihrem Verlust. Dabei hätten sie es schwerer als Frauen. Ein Luzerner lanciert nun ein neues Angebot.

«Witwer fühlen sich vielfach, als müssten sie ihren Schicksalsschlag ganz allein bewältigen», sagt Markus Schmid. Das will er ändern. Er leitet ab kommendem September das neue Angebot «Gespräch unter Witwern» der Fachstelle für Altersfragen der Stadt Luzern.

Die Gesprächsrunde ist explizit für Männer, die einen Verlust erlitten und Mühe haben, mit anderen über ihre Erfahrung zu sprechen.

Von der Gesellschaft ignoriert?

Viele Männer seien nach dem Tod ihrer Frau überfordert, sagt Schmid. Das fange bereits bei vermeintlich einfachen Dingen an, wie etwa, selbst den Haushalt zu bewältigen – zu kochen, zu waschen. Oder allein einem Hobby nachzugehen, das sie zuvor mit ihrer Partnerin zusammen betrieben. Dazu kommt, dass es Männern im Schnitt schwerer falle, über ihre Gefühle zu sprechen (zentralplus berichtete).

Witwen könnten einen solchen Verlust meist besser verarbeiten, führt Schmid aus. Männer füllten ihr Leben oftmals einfach mit Arbeit. Wenn dann die Partnerin stirbt, hätten sie wenige Beziehungen, wenig Ahnung, wie sie ihre Zeit – die Leere – füllen könnten. «Die Gesellschaft lässt Witwer auf grosser Strecke im Stich», sagt Schmid.

Das neue Angebot der Stadt zielt darauf ab, diesen Männern Gelegenheit zum Austausch zu bieten. Damit sie ihre Erfahrungen teilen und sich so gegenseitig unterstützen können. Ganz unverbindlich. Die Idee dazu hatte Schmid selbst. Er weiss, wie es ist, seine Frau zu verlieren.

Gesprächsrunde für Witwer in Luzern – ein einzigartiges Angebot

Seit zwei Jahren ist Schmid Witwer. Er verlor seine Frau nach einem langen Krankheitsprozess. «Meine Trauer konnte ich damals zusammen mit ihr verarbeiten», erklärt er. «Viele können das nicht.» Nach ihrem Tod recherchierte er, was für Angebote es in der Schweiz für Witwer gibt.

«Einen thematischen Schwerpunkt, beispielsweise Trauerarbeit, will ich in den Gesprächen nicht setzen.»

Markus Schmid, Gesprächsleiter des Angebots «Gespräch unter Witwern»

Das Resultat seiner Nachforschungen: Ein Angebot wie jenes, das es nun in Luzern geben wird, scheint es sonst nirgends zu geben. Er brachte seine Idee für die Gesprächsrunde zur Stadt, woraufhin die Fachstelle für Altersfragen sofort zusagte. Den Ort für die Gesprächsrunden bietet Vicino Luzern an ihrem Standort in der Neustadt an. Die Organisation kannte Schmid bereits aus seiner Zeit als Co-Präsident des Quartiervereins Hirschmatt-Neustadt.

Unter sich sind Männer offener

«Einen thematischen Schwerpunkt, beispielsweise Trauerarbeit, will ich in den Gesprächen nicht setzen», erklärt Schmid. Die Männer sollten selbst die Themen einbringen, welche sie beschäftigen würden. Dass dabei keine Frauen eingeladen sind, erachtet Schmid als wichtig.

«Wenn sich nur schon zwei finden, die danach das verloren geglaubte Hobby, wie etwa Wandern, zusammen ausleben können, wäre die Gesprächsrunde ein Erfolg.»

Er glaubt, dass dies den Männern helfe, offen zu sprechen. Das Angebot, so seine Hoffnung, werde dadurch niederschwelliger. «Wenn sich nur schon zwei finden, die danach das verloren geglaubte Hobby, wie etwa Wandern, zusammen ausleben können, wäre die Gesprächsrunde ein Erfolg», sagt Schmid.

Zwei weitere neue Angebote

Nebst der Gesprächsrunde für Witwer lanciert die Fachstelle für Altersfragen zwei weitere Angebote. Ab August findet im Rhyn Haus das Erzählcafé «Stadtgeschichten» statt. Teilnehmerinnen werden dort eingeladen, autobiografische Alltagserlebnisse und Erfahrungen zu einem konkreten Thema zu teilen. Gemäss der Fachstelle ist dies eine bewährte Methode, Gespräche und Freundschaften anzuregen. Das erste Café ist am 20. August um 14 Uhr geplant.

Zudem gibt es das Angebot «KulTour». Luzerner Kulturschaffende laden an ihre Arbeitsorte ein und geben Einblick, wie sie werken und wirken. Das Angebot ist eine Weiterentwicklung des Kulturstammtisches «En Guete mitenand». Die Touren finden jeweils am zweiten Montag oder Dienstag im Monat um 14 Uhr statt. Der Start ist im September.

Bis jetzt wenig Resonanz

Schmid ist pensionierter Sozialarbeiter und Coach. «Ich habe die Gesprächsleitung übernommen, weil ich etwas brauchte, um die Leere zu füllen», erklärt er. Das neue Angebot der Stadt, das er ins Leben gerufen hat, soll gemäss ihm eine «moderierte Selbsthilfegruppe» werden.

Wie viele sich zur ersten Gesprächsrunde am 5. September einfinden werden, kann Schmid nicht abschätzen. Von drei Interessenten habe er bereits Rückmeldung erhalten. Eine davon sei allerdings eine Witwe gewesen, welche er freundlich hätte abweisen müssen. Und die zwei anderen waren Freunde, die Schmid schon kannte.

Die Runden werden jeweils am ersten Donnerstag des Monats um 17.30 Uhr im Vicino Neustadt an der Claridenstrasse 6 sein.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Markus Schmid, Gesprächsleiter des Angebots «Gespräch unter Witwern» und ehemaliger Co-Präsident des Quartiervereins Hirschmatt-Neustadt
  • Flyer «Gespräch unter Witwern»
  • Medienmitteilung der Stadt Luzern
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