Luzern: Bis zu 470 Franken pro Jahr?

Viel Rummel um 50 digitale Veloständer

Anfang Oktober wurden die 50 digitalen Veloständer von smartmo in Betrieb genommen. (Bild: uus)

Das teure Velo oder E-Bike am Bahnhof an bester Lage sicher und bequem verstauen: Das Start-up Smartmo will mit einem Pilotprojekt am Luzerner Bahnhof nicht weniger, als die Veloparkierung zu revolutionieren. Die Frage ist nur: Akzeptieren die Pendler und die Politik, dass es kostet?

Viel Aufhebens um 50 Veloparkplätze. Aber es sind ja nicht irgendwelche Abstellplätze, sondern «digitale Veloständer». Man habe das «Ei des Kolumbus» gefunden, sagen die Macher von Smartmo. Aus der eigenen Kasse haben sie bereits 3 Millionen Franken in ihre Firma investiert. Ein Potenzial von schweizweit bis zu 20’000 solcher Plätze vermuten sie in ihrer Idee. Nun: Die ersten Exemplare sind seit heute am Bahnhof Luzern in Betrieb. Vor dem Brezelkönig, auf der Seeseite.

Die Medien sind zahlreich gekommen, auch weitere Interessierte wohnen der Medienkonferenz am Dienstagmorgen bei. Beim Berufsbildungszentrum stellt Gründer Daniel Hänggi mit viel Elan das Konzept vor, das eben viel mehr sein will als ein Veloständer. «Wir wollen die Velomobilität revolutionieren, indem wir das Parkierungsproblem entschärfen.»

Der Veloparkplatz vom Informatiker

Der Smartmo-Veloabstellplatz ist mit dem Internet verbunden. Für den Nutzer heisst dies, dass er bereits von zu Hause aus per App seinen Platz in der Nähe der Gleise reservieren kann. Eingecheckt wird per QR-Code, dann öffnen sich Schloss und Velohelmschublade, die zugleich auch mit einer Steckdose versehen ist. «Weil es verschiedene Standards gibt, können wir kein fixes Ladegerät installieren. Sollte das dereinst der Fall sein, wäre das problemlos nachrüstbar», sagt Hänggi.

Sowieso ist bei Smartmo alles für die Zukunft parat: Nachrüstbar, aufrüstbar, CO2-freundlich, platzsparend, für E-Bikes vorbereitet. Zudem kann das Velo via App auch mit anderen Nutzern geteilt werden. Eine Konkurrenz zu bestehenden Angeboten wie Nextbike will Smartmo nicht sein – eher sieht man gemeinsame Nutzungspotenziale.

«Ein solcher Service darf auch etwas kosten.»

Lukas Schneller, SBB-Projektleiter

Per eigener Personal-App ist auch die Bewirtschaftung total digital gemanagt: Langparkierer werden den Betreibern der Veloständer genauso angegeben wie leerstehende Plätze, unabgeschlossene Bikes oder defekte Geräte. Übrigens: Wer sein Velo zu lange parkiert, kann es für 30 Franken in der Velostation wieder abholen.

Diebe brauchen eine Trennscheibe

Des Weiteren sieht der digitale Veloständer auch ganz sicher aus: Panzerglas auf dem Display, dickes Blech rund um das Velo, das Hänggi zum Testen auch «schon mal mit Stahlkappenschuhen bearbeitet» haben will. «Es bräuchte schon eine Trennscheibe, mit der man das Tretlager schneiden müsste, um hier ein Velo zu klauen», sagt der Erfinder. Und er ist stolz darauf, dass alles «Swiss made» ist.

Erfinder Daniel Hänggi (rechts) bei der Präsentation der Smartmo-Veloparkplätze.(Bild: uus)

Auch die SBB sind überzeugt, dass Smartmo ein Teil ihrer Mobilitätsstrategie sein kann. Bis 2020 will sie die Parkplätze testen, die aktuell rund 3 Prozent aller Veloständer beim Bahnhof Luzern ausmachen. Neben Luzern sollen auch in Zürich, Uster, Solothurn und Basel Smartmo-Plätze aufgestellt werden. Insgesamt 300, wie Projektleiter Lukas Schneller ausführt. «Und: ein solcher Service darf auch etwas kosten.»

Was kostet das im Jahr?

Da liegt auch der Hund begraben: 1.80 Franken pro Tag verrechnet die App. Da ist der Strom schon inbegriffen so wie das Schliessfach, das man auch anderweitig – zum Beispiel für eine Jacke oder Veloschuhe nutzen kann. Fünf Stunden kosten 85 Rappen, oder anders gesagt: Einchecken kostet 60 Rappen, jede weitere Stunden 5 Rappen.

Das passiert alles per App, ist mit dem Swisspass kompatibel und dank neuester Technologie sehr sicher. Die Zukunft ist jetzt. Aber in dieser gibt es auch Ungewissheiten. Ein Radioreporter rechnet vor, dass ein Jahr Veloparkieren mit Smartmo so teuer wird wie die Dauerkarte fürs Auto in der blauen Zone. 600 bis 800 Franken kostet eine solche im Jahr. Berechnet man – wie für Pendler üblich – nur fünf Werktage die Woche, zahlt man für das Parkieren des Velos an exklusiver Lage also immer noch rund 470 Franken.

Noch keine Preismodelle für Langzeitparkierer

Fix wolle man keine Parkplätze vermieten, sagt Hänggi. Auch hat er noch keine Langzeitpreismodelle parat, kann sich aber vorstellen, dass etwa durch Sponsoring das Parkieren günstiger wird. Der Pilot solls zeigen. Fakt ist aber auch: Bei der Velostation wurde die Gebührenpflicht bereits wieder aufgehoben – der ursprüngliche Preis betrug dort 1 Franken pro Tag, ohne Box für den Velohelm und Ladestation.

Inzwischen haben die Jungen Grünen am Nachmittag eine Protestaktion angekündigt, gegen kostenpflichtige Veloparkierung. Die Mutterpartei reichte bei der Stadt eine dringliche Interpellation ein. Sie will wissen, wie es weitergehen soll mit gebührenpflichtigen Veloparkplätzen in der Stadt Luzern. Für Diskussionsstoff ist also gesorgt. Eben: Selten gab es so viel Rummel um 50 Veloständer.

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