Frühwarnsysteme gefordert

Sorgen in Zug: Jugendliche starten Drogenkarrieren mit 12

Xanax ist ein Angstlöser – Jugendliche missbrauchen das Medikament als Rauschmittel. (Symbolbild: Matteo Badini/Unsplash)

Im Kanton Zug beunruhigt der Trend, dass Jugendliche immer früher Drogen konsumieren. Das hat auch die Jugendanwaltschaft alarmiert. Nun wurde eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen.

«Ich fühle mich dann frei, kann mich voll gehen lassen»: Das sagte eine junge Luzernerin, die ab und zu Xanax nimmt. Sie fühle sich unbeschwert, das Medikament nehme ihr die Angst. Alltagsprobleme vergesse sie (zentralplus berichtete).

Xanax – das ist ein starkes Beruhigungsmittel. Seit Jahren ist bekannt, dass insbesondere junge Leute das Medikament für einen Rausch missbrauchen.

Konsumenten werden immer jünger

Erschreckend ist, dass die Konsumentinnen immer jünger werden. Das bereitet auch der Jugendanwaltschaft im Kanton Zug Sorgen. Diese berichtet von einem «erheblichen Drogenkonsum unter Jugendlichen». Auffallend seien Aussagen über das Einstiegsalter – unter zwölf Jahren. Ebenso auffällig sei der baldige Wechsel zu harten Drogen. Neben Xanax sind das Amphetamine, MDMA und Kokain, aber auch Opioide wie Hustensirup und Oxycodon. Letzteres ist ein Medikament gegen starke Schmerzen.

Das steht im Bericht und Antrag der erweiterten Justizprüfungskommission, der seit Kurzem vorliegt. Der Kanton Zug reagiert und hat eine Arbeitsgruppe ins Leben berufen. In dieser sind neben der Polizei die Jugendanwaltschaft, das Amt für Gesundheit und die Kinder-, Jugend- und Familienberatung vertreten. Aber auch die Gassenarbeit, die ambulanten psychiatrischen Dienste sowie die Psychiatrische Klinik Zugersee sind beteiligt.

Dass Jugendliche mit Drogen und Medikamenten experimentieren, ist nicht neu. 2018 und 2020 wühlten Schlagzeilen über junge Menschen auf, die gestorben sind, weil sie Drogen und Medikamente genommen haben. Gemäss Recherchen von Schweizer Medien sind seit 2018 über 30 Jugendliche an den Folgen des Mischkonsums gestorben (zentralplus berichtete).

Polizistinnen «seit längerer Zeit besorgt»

Das bereitet auch der Polizei Sorgen. «Tendenziell stellen wir fest, dass die Betäubungsmittelkonsumenten im Vergleich zu den Vorjahren jünger werden», schreibt Frank Kleiner, Mediensprecher der Zuger Strafverfolgungsbehörden. Jugendliche und junge Erwachsene würden häufiger Medikamente missbrauchen – und diese auch gemeinsam mit Alkohol und Drogen zu sich nehmen. Insbesondere dieser Mischkonsum ist gefährlich.

Die Polizisten, die bei Straftaten von Minderjährigen ermitteln, seien «seit längerer Zeit besorgt», so Kleiner. Zumal die Dunkelziffer hoch sein dürfte.

Bis 2020 nahm die Anzahl Strafbefehle kontinuierlich zu, danach sank die Kurve. Der Rückgang sei mitunter mit der Rechtssprechung des Bundesgerichts zu erklären, so Kleiner. So hat dieses im Juli 2023 entschieden, dass der Besitz von Marihuana bis zu zehn Gramm legal ist (zentralplus berichtete). Trägt jemand weniger als zehn Gramm Gras auf sich, darf es die Polizei auch nicht mehr einziehen. Das gilt auch für Jugendliche. Nach 274 Strafbefehlen im Jahr 2020 liegt diese Zahl 2023 «nur» noch bei 114.

Bis 9,9 Gramm Gras sind erlaubt – das sind die Folgen

Diese Rechtssprechung ist auch der Grund, weswegen im Kanton Zug die neue Arbeitsgruppe ins Leben gerufen wurde. «Bis anhin sah man die Verzeigung von Jugendlichen bei Cannabiskonsum auch als Möglichkeit einer Frühintervention», schreibt eine Sprecherin der Gesundheitsdirektion auf Anfrage. «Das heisst, die Möglichkeit, gefährdete Jugendliche zu erkennen und zu erfassen.»

Habe die Polizei Jugendliche verzeigt, wurden diese in einen dreiteiligen Kurs geschickt, so die Sprecherin weiter. Auch ein Elternabend fand statt. Bei problematischem Konsum von Drogen mussten die Jugendlichen auch bei der Suchtberatung antraben.

Durch die neue Rechtssprechung des Bundesgerichts falle diese Art der Frühintervention jedoch «grossmehrheitlich weg», so die Sprecherin. Deswegen ist es Aufgabe der neuen Arbeitsgruppe, andere Möglichkeiten zu finden, wie gefährdete Jugendliche im Kanton Zug früh erkannt werden können und wie man ihnen helfen kann.

Jugendliche überschätzen sich selbst

Klar ist: Besuchen Personen die Suchtberatung, liegt oft bereits ein Drogenproblem vor. «Die meisten waren zum Zeitpunkt des Erstkonsums zwischen 12 und 14 Jahren alt», schreibt die Suchtberatung. Bei den Beratungen vor Ort sei einer von zehn Klienten unter 18 Jahre alt. Wie oft diese Substanzen konsumieren, sei unterschiedlich. «Es geht vom Probierkonsum über den regelmässigen Konsum an den Wochenenden bis zum täglichen Konsum.»

Teenager würden sich oft überschätzen. «Jugendliche, die am Konsum interessiert sind, haben das Gefühl, dass sie die Risiken, Gefahren und Folgen kennen. Meist basiert dieses Gefühl auf einem Halbwissen aus dem Freundeskreis und dem Internet, das so angepasst wird, dass es dem eigenen Weltbild und den eigenen Bedürfnissen entspricht. Daran hat sich in den letzten Jahren nichts geändert.»

Verwendete Quellen
  • Bericht und Antrag der erweiterten Justizprüfungskommission
  • Schriftlicher Austausch mit der Suchtberatung des Kantons Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Frank Kleiner, Mediensprecher der Zuger Strafverfolgungsbehörden
  • Schriftlicher Austausch mit Gesundheitsdirektion des Kantons Zug
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