Besucherinnen empört

Rassismusvorfall bei Luzerner Public Viewing

Beim Public Viewing bei der Ufschötti kam es während eines Spiels am Mittwoch zu einem unschönen Vorfall. (Bild: mst)

Public Viewings und internationale Fussballturniere gehören zusammen wie Licht und Schatten. Auf der Ufschötti kam es am Mittwoch dabei zu unschönen Szenen.

Die Fussball-EM Gruppenphase ging am Mittwoch in die zweite Runde. Die Luzerner Public Viewings erfreuten sich eines fussballbegeisterten Publikums. In diesem Jahr treffen sich Fussballfans unter anderem bei der Luzerner Ufschötti, um ihre Teams gemeinsam anzufeuern (zentralplus berichtete).

Das Sommerwetter lädt zum Verweilen ein und verspricht einen schönen Fussballabend an der frischen Luft. Die Schweizer Herren spielen um den Einzug ins Achtelfinale, und etwas über 800 Zuschauer finden sich beim Public Viewing bei der Ufschötti ein. Die Weichen für einen tollen Abend sind gestellt. Nicht so für eine Freundesgruppe, die das Public Viewing besuchte – es kam ihren Angaben zufolge zu einem unschönen Vorfall.

Rassistische Belästigung während des Fussballspiels

Eine Leserin, die anonym bleiben möchte, meldet sich nach dem Spiel bei zentralplus. Sie beschreibt den Vorfall im Gespräch. Die Freundesgruppe sei an einem Tisch gesessen und habe das Spielgeschehen verfolgt. Ein älterer Zuschauer sei ihr dabei aufgefallen: «Er lief Runden um unseren Tisch und murmelte dabei unverständlich vor sich hin.»

Er störte sich, so die Leserin, wohl an der Präsenz einer Kollegin mit dunkler Hautfarbe, die mit der zentralplus-Leserin am Tisch gesessen sei. Es sei nicht beim passiven Rassismus geblieben. Der ältere Mann sei an den Tisch getreten und habe provozierende Aussagen von sich gegeben, wie etwa: «Die kann ja sogar Deutsch.» Zudem habe er die Kollegin unter anderem mit dem «N-Wort» beleidigt.

Verantwortlicher hatte keine Zeit

Die Freundesgruppe habe sich dies nicht gefallen lassen und eine Sicherheitskraft auf den Vorfall aufmerksam gemacht. Diese habe den Mann zurechtgewiesen: «Es gibt hier und anderswo keinen Platz für Diskriminierung», habe die Sicherheitskraft gemeint, erinnert sich die zentralplus-Leserin. Die Sicherheitskraft habe sich daraufhin angeschickt, einen Verantwortlichen des Public Viewings aufzufinden, um einen allfälligen Platzverweis zu erwirken.

Der Verantwortliche sei dann zur betroffenen Gruppe gekommen und habe gesagt, man solle den älteren Herrn in Ruhe lassen. Was solle er denn tun, er habe sehr viel Arbeit und keine Zeit, sich um einen Einzelfall zu kümmern, sagte er laut der Leserin. Die Gruppe habe daraufhin das Public Viewing verlassen und werde dieses künftig auch nicht mehr besuchen.

«Habe in der Situation falsch reagiert»

Die Augenzeugin bemerkte gegenüber zentralplus, dass es allem Anschein nach auf der Ufschötti kein Diskriminierungskonzept gebe. Ein solches sei für sie heutzutage bei grösseren Veranstaltungen unumgänglich. Weiter hätte sie eine andere Reaktion vom Veranstalter erwartet: «Die Reaktion des Veranstalters fanden wir sehr schwach.»

zentralplus konfrontiert mit den Vorwürfen Martin Bucher, Präsident des Vereins «Am Ball für Strassenkinder», der das Public Viewing bei der Ufschötti im Rahmen der Vereinstätigkeit mit vier Kollegen auf die Beine gestellt hat.

Dieser sieht ein, dass er anders hätte reagieren sollen. Nachdem sich der Stress des Gastgebertums gelegt habe, habe er sein Fehlverhalten erkannt: «Ich habe in der Situation falsch reagiert. Es tut mir unendlich leid für die Betroffene, und ich habe ihr dies bereits am Telefon direkt mitgeteilt.»

Fehlendes Diskriminierungskonzept soll erarbeitet werden

Bucher verweist auf die ausserordentliche Situation am Mittwoch: «Es waren circa 800 Personen anwesend, normalerweise beherbergt das Public Viewing um die 100 Besucher. Ich war im Stress und traf in der Hitze des Gefechts eine Kurzschlussentscheidung.» Er habe sich vergewissert, dass der ältere Besucher sich entschuldigt hätte und hätte dann die Sache für sich abgehakt, um weiterzuarbeiten.

Ein Diskriminierungskonzept wurde im Vorfeld der EM nicht ausgearbeitet: «Wir waren nicht vorbereitet für einen solchen Vorfall», so Bucher. Das fünfköpfige Team bespreche den Zwischenfall intensiv und ziehe Schlussfolgerungen: «Wir arbeiten an einem Konzept, das die Zufriedenheit aller Zuschauer garantieren soll.» Hierbei gedenken die fünf Vereinsmitglieder gemäss Bucher, unter anderem ein Awareness-Team für die zuschauerintensivsten Partien auf die Beine zu stellen.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit zentralplus-Leserin
  • Telefongespräch mit Martin Bucher
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