Nelya Meister

Pelz aus Menschenhaar: Luzernerin macht vegane Luxusmode

Nelya Meister mit Chihuahua Katharina – und ihren selbstdesignten Jacken und Mänteln. (Bild: ida)

Sie kreiert Mäntel aus Menschenhaar: die Luzerner Coiffeuse und Modedesignerin Nelya Meister. Im Gespräch erzählt sie, wie sie auf diese verrückte Idee gekommen ist.

Die Mannequins tragen hier Pelz – das erkennen Passantinnen, die einen Blick ins Schaufenster an der Moosstrasse 19 werfen, auf Anhieb.

Die Pelzmäntel sind braun und beige – um nicht zu sagen blond –, glatt und gewellt. Was man auf den ersten Blick nicht erkennt: Die Mäntel sind gar nicht aus Pelz. Sie sind aus echtem Menschenhaar. Designt und kreiert hat diese Nelya Meister.

Diese sitzt im Innern und näht kleine Perlen auf einem Stück Strick zu kleinen Blumen zusammen. Chihuahua-Hündchen Katharina liegt in ihrem Hundebett daneben.

Während die gebürtige Russin Kaffee in Versace-Tassen serviert, erzählt sie, dass auch sie früher Pelz getragen hat. «In Russland ist es ganz normal, Echtpelz zu tragen. Auch ich liebte Pelz, fühlte mich damit wie eine Königin in einem Abendkleid. Aber ich liebe auch Tiere.»

Eine vegane Alternative – die möglichst nah am Echtpelz ist

Meister lebt seit zehn Jahren vegan, noch länger ist sie Vegetarierin. Tiere habe sie schon immer geliebt. Sie erzählt, wie sie als Kind ganze Katzenfamilien und Hunde, die sie auf der Strasse gefunden hat, nach Hause genommen hat. Draussen wären sie erfroren. Manche Tiere hat sie behalten, für die Babykatzen habe sie ein Zuhause gesucht, nachdem sie grösser wurden.

Mit der Zeit begann sie sich selbst zu hinterfragen. Ob es okay sei, Pelz zu tragen. Für Meister stimmte es nicht mehr. «Deswegen wollte ich eine Alternative zum Pelz. Eine, die schön aussieht, warm gibt – und exklusiv ist.»

Wirklich fündig sei sie nicht geworden. Zwar haben auch grosse Luxusmarken wie Versace, Gucci und Prada Echtpelz aus ihren Modehäusern verbannt und setzen auf Kunstpelz. Doch Meister war von diesen Alternativen nicht überzeugt – und so überlegte sie sich, selbst eine vegane und nachhaltige Alternative zu schaffen.

Ein Mantel gibt mehrere Wochen Arbeit

Die gelernte Coiffeuse fegt regelmässig abgeschnittenes Haar vom Boden ihres Salons, in dem sie heute auch ihren Showroom hat. Da dachte sie: Warum nicht daraus etwas machen? Denn Haare gibt es en masse – jeder muss sie schneiden, und niemand muss dabei leiden. Meister begann, im Salon abgeschnittenes Haar zu sammeln, und versuchte, es so aufzubereiten und zu verarbeiten, dass sie daraus Kleidung machen kann.

Das Haar kauft Meister mittlerweile ein – das meiste komme aus dem asiatischen Raum, wo Frauen es spenden oder verkaufen.

Wie genau sie die Haare aufbereitet, bleibt ein Geschäftsgeheimnis. Einfach ist es jedenfalls nicht: Meister erklärt, dass hinter einer Jacke mehrere Wochen Arbeit stecken.

So sieht die Mode der Luzernerin Nelya Meister aus:

Bis zu zwei Kilogramm Echthaar pro Mantel

Sie steht auf, läuft zu den Mannequins und bleibt vor dem beigen Mantel stehen. Sie öffnet die Knöpfe des Mantels und streift ihn über. Die beiden Ärmel und der Gürtel sind gestrickt – und mit Perlen, Strasssteinen und einem Knopf verziert. «Mit meiner Mode will ich zeigen, dass Mode vegan, ethisch – und schön und exklusiv zugleich sein kann», sagt Meister.

Der Mantel fühlt sich wertig und ein wenig schwer an – rund zwei Kilogramm Echthaar verwendete Meister dafür. Wer mit der Hand darüberfährt, spürt, dass es sich ganz anders anfühlt, als ein totes Tier zu streicheln. Die Haare sind kürzer und weniger fein. Kaum übergezogen, macht sich eine wohlige Wärme breit.

Meister zieht den Mantel aus und holt von einer Kleiderstange eine andere Jacke, die sie designt hat. Sie ist kürzer, schwarz, vorne einem Bustier ähnlich, das dann in lange Ärmel übergeht. Unten und an den Schultern ist die Jacke mit schwarzem Afrohaar geschmückt.

Meister hat bis jetzt sechs fertige Mäntel und Jacken – zwei weitere seien bei ihr aus dem Salon gestohlen worden. Die Designerin macht den Grossteil selbst – ausser beim Nähen und beim Stricken kriegt sie Unterstützung.

Die Mäntel von Meister kosten zwischen 2000 und 20’000 Franken. Vom Umsatz will Meister zehn Prozent an Tierschutzprojekte spenden. «Mein Traum ist es, in Zukunft einmal ein eigenes Tierheim zu gründen», so die Luzernerin.

Ab diesem Herbst hat die Luzerner Coiffeuse und Modedesignerin auch einen Onlineshop geplant – die Jacken werden von Grösse XS bis L erhältlich sein – sie werde jedoch auch massgeschneiderte Jacken produzieren. Ebenfalls will sie künftig Kleidung für Männer kreieren.

Anfangs belächelt

Als Meister vor rund fünf Jahren anderen von ihrer Idee erzählte, sei sie nicht nur belächelt, sondern auch skeptisch beäugt worden. Manche hätten sogar ablehnend reagiert. Wer trage denn so was?

«Wenn Leute aber die fertigen Jacken sehen, sind sie begeistert», erzählt Meister. Der weisse Mantel sei zwar ein wenig warm für die Schweiz – sie habe ihn aber auch schon an eine Party angezogen. Auch sämtliche andere Jacken, die sie kreiert hat, trug sie schon in der Schweiz. Nicht selten werde sie deswegen angesprochen.

Nelya Meister besitzt derzeit sechs Mäntel und Jacken, die sie selbst designt hat. (Bild: ida)

«Kritikerinnen wollen einen nur runterziehen», sagt Meister. Viele würden auf das, was sie (noch) nicht kennen, ablehnend reagieren. «Doch ich bin von meiner Mode überzeugt und versuche, einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Pelzindustrie reduziert wird.»

Nun stösst ihre Mode auf Interesse. Kürzlich berichtete «20 Minuten» darüber. Meister wird auch in der Modewelt gesehen. Im Februar konnte sie ihre Jacken und Mäntel an einer Mode-Show in Mailand zeigen. Auch an die Fashion-Week in New York sei sie eingeladen worden. Doch zuallererst müsse sie sich nun Zeit freischaufeln, damit sie auch genügend Mäntel hat, die auf den Catwalks dieser Welt präsentiert werden können.

«Mein Ziel ist es, dass die Pelzindustrie kleiner und kleiner wird – und mehr Menschen auf Alternativen wie Menschenhaar wechseln», sagt Meister. «Denn meine Mode kann man mit einem reinen Gewissen tragen.»

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Nelya Meister und Augenschein vor Ort
  • Website von Nelya Meister
  • Artikel in «20 Minuten»
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