Glosse

Oh Meggen, mein Meggen

Meggen ist eine Augenweide von nah und fern. (Bild: Andreas Busslinger / zvg)

Meggen ist zur besten Gemeinde der Schweiz gekürt worden. zentralplus ist überzeugt: absolut zu Recht.

Es sei ein Schelm, wer denkt, die «Handelszeitung» erstelle ihr Schweizer Gemeinderanking einzig danach, wo man am wenigsten Steuern zahlen muss. Nein: Hochkomplexe Formeln sind nötig, um die Schönheit der Schweizer Gemeinden einzufangen. Es ist gelungen.

Wie sonst könnte erklärt werden, dass die Gemeinde Meggen dieses Jahr den ersten Platz für sich behauptet (zentralplus berichtete)? Auch Zug auf dem fünften Platz verwundert Kenner keineswegs. Letztes Jahr zuoberst auf dem Podest, musste Zug nun für Meggen den Platz räumen. Aufgrund welcher feinsten Details dieser Wechsel geschah – Normalsterbliche werden es niemals erfahren.

Doch jedes Ranking bringt Kritik mit sich. Nicht alle haben das Auge oder die Expertise, die Makellosigkeit dieser beiden Gemeinden zu erkennen. zentralplus sieht sich im Namen des guten Geschmacks dazu veranlasst, den Zweiflern Einhalt zu gebieten. Ein kurzer philosophischer Abriss (mit einem Augenzwinkern), weshalb Meggen und Zug dem Himmel so nah sind.

Ein Ort aus dem Bilderbuch

Das Megger Seeufer muss als erstes Erwähnung finden. Dieses als Elysium zu bezeichnen, ist nicht verfehlt. Ein Wohnort der Götter. Dessen Schönheit bewahrt die Gemeinde rigoros. Fast ausschliesslich ist es in privatem Besitz. Schaudern ruft die Vorstellung hervor, der Pöbel würde den Frieden dieses Paradieses mit seiner Anwesenheit verderben. Zum Glück hat hier fast niemand Zutritt.

Entlang der Megger Hauptstrasse prägen zahlreiche Baustile das Antlitz der Gemeinde. Kaum ein Haus scheint dem nächsten passend zur Seite gestellt. Plumpe Geister könnten ein fehlendes Ortsbild bemängeln. Weit gefehlt: Vielmehr zelebriert Meggen visuell die wichtigste Tugend der Schweiz: Einheit in der Vielfalt zu finden.

Raumplanerisch verwirklichter Idealismus

Diesem Grundsatz treu ergeben, gibt sich Meggen betont dezentral. Ein historischer Kern ist etwas, mit dem nur Gemeinden prahlen müssen, die sonst nichts haben. Dass der raumplanerisch verwirklichte Idealismus aber bei der Orientierung verwirren kann, weiss Meggen. Die Gemeindeverwaltung hat deshalb in weiser Voraussicht ein Schild mit der Aufschrift «Dorfzentrum» aufstellen lassen. Meggen sorgt eben für seine Bevölkerung.

Kein Wunder also, dass alle in dieser Gemeinde wohnen wollen. Sie suchen eine 2,5-Zimmerwohnung in Meggen? Kein Problem. Das macht laut einem Inserat auf Comparis schlappe 2953 Franken Miete pro Monat. Zu viel für Sie? Qualität hat eben ihren Preis. Die erlesene Nachbarschaft ist dafür unbezahlbar.

Hier fühlt sich nicht nur wohl, wessen Jahreseinkommen das Bruttoinlandprodukt von Burkina Faso übersteigt. Eine üppige Infrastruktur beglückt auch Personen mit bescheideneren finanziellen Möglichkeiten und nur einem Bentley.

Schliesslich gibt es noch das Meggenhorn. Das ist – ganz ohne Sarkasmus – wirklich schön. Es bietet eine sagenhafte Aussicht, einen herrlichen Badeplatz sowie ein Schloss von pittoresker Erhabenheit. Das Gelände ist sogar, ganz untypisch für das protektionistische Meggen, öffentlich zugänglich.

Zug, du Perle

Ehre, wem Ehre gebührt: Der letztjährige Gewinner Zug ist gleichfalls nicht wegen seiner tiefen Steuern so hoch oben auf dem Ranking gelandet. Es hat vermutlich nicht geschadet, aber eine genaue Analyse offenbart, dass mit aller Wahrscheinlichkeit andere Gründe ebenso schwer ins Gewicht fielen.

Da wären zunächst wieder die landschaftlichen Vorzüge zu nennen: Kühn ragt er in die Wolken und verzaubert das Umland mit seiner Präsenz – der Zugerberg. Spötter nennen ihn aufgrund seiner rund 1000 Metern Höhe einen Hügel. Zug aber weiss: Es kommt nicht immer auf die Grösse an.

Schweizerdeutsch war gestern

Ebenso kreativ benannt wie der Hausberg, verzückt in Zug zudem der See. Blau strahlt er im Sonnenschein und kann sogar über weite Teile gratis genutzt werden. Wäre auch ein Sakrileg, dieses erlesene Wasser mit sensationell hohen Phosphorwerten nur Kaviarkredenzern vorzuenthalten.

Verständlich wäre es, wollte Zug diese natürlichen Gegebenheiten für sich behalten. Aber weit gefehlt. Die Stadt empfängt die Welt mit offenen Armen (sofern sie genug Geld mitbringt). Schweizerdeutsch? Dieser krude hochalemannische Dialekt ist weder schön noch zeitgemäss. Englisch ist die Sprache des Fortschritts und Englisch spricht auch Zug. Ein wahres Zeichen der Tugendhaftigkeit.

Moralischer Avantgardismus

Wie Meggen zeichnet sich Zug durch extrem wenig leeren Wohnraum aus. Ein Dach über dem Kopf ist in Zug kein Grundbedürfnis, sondern ein Privileg. Etablierte Werte zu hinterfragen und umzudenken, braucht Mut – Chapeau!

Bei aller Bissigkeit, Zug hat ebenfalls ein ehrliches Lob zum Schluss verdient. Wer schon einmal einen Sonnenuntergang von Zug aus betrachtet und die überwältigenden Farben im Widerschein des Sees erblickt hat, weiss: Die Welt ist schön.

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