Besuch im Tierheim Allenwinden

Niemand will das inkontinente Büsi

Glücklich scheinen im Tierferienheim nicht alle Katzen zu werden. (Bild: wia)

Wenn Herrchen und Frauchen Ferien machen, dann muss wohl oder übel auch das Büsi in den Urlaub. So etwa in der Zuger Ortschaft Allenwinden. Doch nicht nur Ferienkatzen hat es hier. Einige der Bewohner sind Findelkinder und suchen ein neues Zuhause. Und dann gibt es da auch die Tiere, die eigentlich ferienhalber hergebracht – achtung traurig – und nie mehr abgeholt wurden.

Die Sonne scheint, der Frühling macht seinen Job gut, alles ist gelb und grün und fröhlich. – Kurz vor dem temporären Wintereinbruch also. Wir sind auf dem Weg zum Tierheim Allenwinden, möchten uns die Tiere angucken, die hier «Ferien» machen, weil auch Herrchen und Frauchen verreist sind. Und jene, die gefunden wurden und auf ein neues Zuhause hoffen. Wird es traurig? Kann die Redaktorin dem Impuls widerstehen, ein verwahrlostes Tier aufnehmen zu wollen?

Das Tierheim des Zuger Tierschutzvereines liegt gar idyllisch.

Das Tierheim des Zuger Tierschutzvereines liegt gar idyllisch.

(Bild: wia)

Beim Eintritt ins Tierheim ereilt uns jedoch kein herzzerreissendes Maunzen. Auch kein unangenehmer Geruch liegt in der Luft. Im Gebäude ist alles ruhig und friedlich. Und das, obwohl hier auf kleinem Raum ziemlich viele Katzen hausen.

Kein Territorialverhalten – kein Krach

Maximal vier Ferienkatzen teilen sich jeweils zwei kleine Räume. Einen Innenraum und einen Kaltraum, der mittels Gitter von der Aussenwelt abgetrennt ist. Ein paar Quadratmeter Platz für vier Katzen. Das muss ja Krach geben, oder? «Nein, in den allermeisten Fällen geht das sehr gut, weil alle Katzen an einem fremden Ort sind und darum kein Territorialverhalten haben», erklärt uns Gaby Zampatti, die zwei Tage pro Woche im Tierheim arbeitet.

Und tatsächlich. Wenn man sich die Ferientiere genauer betrachtet, scheinen sie nicht sonderlich gestresst oder ängstlich. Einige der Katzen sind, ganz im Gegenteil, auf der expliziten Suche nach Streicheleinheiten. Andere haben sich zurückgezogen und wirken einfach beleidigt.

Bei weitem nicht alle Büsis sind unglücklich in den Ferien.

Bei weitem nicht alle Büsis sind unglücklich in den Ferien.

(Bild: wia)

Von Ferientieren, die nie abgeholt wurden

«Im Moment läuft eigentlich erstaunlich wenig dafür, dass Ferienzeit herrscht», erklärt Zampatti. Zehn Katzen habe man derzeit hier, dabei hätte man Kapazität für 25. Und was ist mit den Katzen, die frei im Gebäude herumstreifen? «Das sind die Heimkatzen. Einige von ihnen wurden mehrmals vermittelt und sind jeweils wieder zurückgekommen. Darum bleiben Sie jetzt bei uns.» Die Gründe? «Eine von ihnen ist beispielsweise leicht inkontinent. Solche Katzen möchten die Leute nicht auf ihren Möbeln haben. Eine andere war im Umgang mit den Kindern agressiv», so Zampatti.

«Eigentlich wäre der Kater nur ferienhalber hier gewesen, aber der alte Mann, dem er gehört, hat ihn nie mehr abgeholt.»

Und dann läuft da noch ein grosser schwarzweisser Kater herum. Freundlich zu den Menschen, agressiv zu den anderen Weibchen. Seine Geschichte ist eine traurige. Die Angestellte sagt: «Eigentlich wäre er nur ferienhalber hier gewesen, aber der alte Mann, dem er gehört, hat ihn nie mehr abgeholt. Das ist nun einige Jahre her.» Man stehe zwar in Kontakt mit dem Herrn, doch es komme für ihn nicht in Frage, das Tier zurückzuholen. «Er kommt auch nie zu Besuch. Er sagt, das halte er nicht aus», so Zampatti.

Kein Zutritt – hier wird geworfen

Im ersten Stock des Gebäudes befindet sich die Abteilung für gefundene Tiere. «Hier sind momentan jedoch nicht viele Katzen zu finden», so Zampatti, und sie freut sich natürlich darüber. Wir gehen an zwei Türen vorbei, vor beiden hängt ein Tuch, auf denen in grossen Lettern «Kein Zutritt» steht. Der Grund dafür erläutert die gelernte Krankenschwester: «Im einen Zimmer wohnt derzeit eine trächtige Katze, die normalerweise wild auf einem Bauernhof lebt. Und die ebenfalls wild lebende Katze im anderen Zimmer hat gestern gerade Junge bekommen.»

Hier wurde gerade erst geworfen. Die Katzenmutter und ihre Jungen brauchen Ruhe.

Hier wurde gerade erst geworfen. Die Katzenmutter und ihre Jungen brauchen Ruhe.

(Bild: wia)

Darum brauchen die beiden nun Ruhe.  Und was passiert nachher mit diesen Vierbeinern? «Die erwachsenen Weibchen können zurück zu den Orten, wo wir sie gefunden haben. Es hat dort Leute, welche sich regelmässig um die Tiere kümmern.» Und die Jungen? «Kommen wohl auf einem Bauernhof unter», erklärt Zampatti.

Hübsches Tier sucht Heimat

Auf der anderen Seite des Gangs wohnen zwei heimatlose Tiere, die ein neues Zuhause suchen. «Bitte berühren Sie die schwarz-weisse Katze nicht.» Die Warnung ist unbegründet. Niemand würde das Tier, das in der hintersten Ecke des Regals kauert und argwöhnisch herunterschaut einfach so zu streicheln versuchen. Das andere, ziemlich flauschige Katzentier liegt entspannt in seinem Körbchen und lässt gar zu, dass man es am Kopf krault.

«Das ist Viona. Wir haben Sie anfangs des letzten Jahres bei der Bahnäbni in Baar gefunden. Damals hatte sie eine riesige Wunde unter der Achsel. Bis diese verheilt war, hat es lange gedauert. Nun ist das hübsche Tier jedoch bereit für eine neue Heimat.

 

(Bild: wia)

Zwei weitere Tiere stecken noch in der Quarantäne: «Es handelt sich dabei auch um wild lebende Tiere, die wir derzeit noch auf Krankheiten untersuchen. Sie können aber wieder zurück an ihre angestammten Plätze in einigen Tagen», so Zampatti.

Von Mensch auf Tier umgesattelt

Die Zürcherin, die hier im Tierheim eine 40 Prozent-Stelle inne hat, war früher im Spital tätig. «Ich war damals Abteilungsleiterin und hatte 130 Leute unter mir», erklärt sie schmunzelnd, während ihr der schwarz-weisse Kater quer über der Schoss liegt. Vor fünf Jahren habe sie sich dazu entschieden, von Mensch auf Tier umzusatteln. «Ich wollte einmal etwas anderes. Auch wenn es nicht leicht war, eine Stelle zu finden im Tierbereich. Ich habe etwa 80 Bewerbungen losgeschickt und fühlte mich wie ein Lehrling.»

Und nun, bereut sie den Schritt? «Nein. Ich bin ohne Konflikte von meinem alten Arbeitsort weggegangen und finde meinen heutigen Job schön. Und zum Glück verdient mein Mann zusätzliches Geld. Ansonsten ginge das nicht», so Zampatti.

«Sobald ein Tier auch nur ein einziges Mal draussen war, sollte es nicht mehr als Wohnungskatze gehalten werden.»

Das Tierheim scheint tatsächlich kein schlechter Arbeitsort zu sein. Und auch für die Tiere, die eine neue Heimat suchen, ist es ein vielversprechender Ort. «Es ist wirklich sehr selten, dass Tiere kein neues Plätzchen finden. Vielleicht ist das auch eine Eigenheit des Kantons Zug. Wenn man nicht gerade mitten in der Stadt Zug wohnt, ist es praktisch überall im Kanton möglich, eine Katze zu halten», erklärt die ehemalige Krankenschwester. Darum darf man zuversichtlich sein, dass auch die Katzen, die heute noch heimatlos sind, bald von netten Leuten aufgenommen werden.

(Bild: wia)

Ach übrigens: Was hält Zapatti davon, wenn Katzen zuhause keinen Auslauf haben und nur in der Wohnung sein dürfen? «Sobald ein Tier auch nur ein einziges Mal draussen war, sollte es nicht mehr als Wohnungskatze gehalten werden. Das wäre nicht gerecht», erklärt sie, und streichelt den Kater auf ihrem Schoss. Dieser schnurrt zustimmend, und macht sich kurz darauf auf den Weg ins Freie.

 

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