Luzerner Kulturhäuser und Clubs

Wer Geld kassiert, soll Teenie-Partys anbieten

Richtig feiern – das muss gelernt sein. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Sich mit gefälschten Stempeln und Tricks in die Clubs zu schmuggeln, könnte für Teenager in Luzern bald Geschichte sein. Die Jungen Grünen fordern, dass städtisch geförderte Clubs auch Partys für 16- und 17-Jährige anbieten.

Mit hart gekochten und geschälten Eiern den Stempel, den der Türsteher dem volljährigen Kollegen auf den Unterarm gedrückt hat, abkupfern und auf den eigenen Arm übertragen. Die Türsteher mit Sandwiches bestechen. Oder kurz ins Restaurant neben dem ehemaligen Pravda an der Pilatusstrasse hineinspazieren, direkt die Treppe runterlaufen – und sich so aufs WC des Clubs schmuggeln. Schon war man drin.

Wohl manche dürften als noch nicht ganz 18-Jährige nach Wegen gesucht haben, sich in hiesige Diskotheken zu bugsieren. Denn allzu viele Partys für 16- und 17-Jährige gibt es nicht.

Das wollen die Jungen Grünen der Stadt Luzern ändern. Sie finden: Clubs, welche städtische Gelder erhalten würden, sollten Partys für Teenies ab 16 Jahren in ihrer Agenda aufnehmen. Das schreiben Jona Studhalter, der bis Juni für die Jungen Grünen im Stadtparlament sass, und Grossstadträtin Chiara Peyer, namens der Grüne/Junge-Grüne-Fraktion, in einem neu eingereichten Postulat.

Sie meinen, die Stadt sei ein wichtiger Treffpunkt, hier würden Teenager, die sich von ihren Eltern ablösen würden, ihre ersten Ausgangserfahrungen machen. Das sorge auch für einen Nutzungskonflikt – etwa bei der Ufschötti, wo Anwohner immer wieder über Lärm und Chaos klagen (zentralplus berichtete).

Gelder kassieren und dann keine Ü16-Partys: «Stossend»

Wer Abhilfe schafft? Kulturbetriebe, die Partys und Konzerte für Jugendliche ab 16 Jahren bieten. Studhalter hebt die Schüür und das Treibhaus als positive Beispiele hervor. Sie böten konsequent Partys für 16- und 17-Jährige. «Andere Kulturbetriebe wie das Neubad machen das nicht», sagt Studhalter am Telefon. «Dass Kulturbetriebe, die städtische Gelder erhalten, konsequent nur Partys für Volljährige anbieten, ist verständlich, aber stossend. Wir finden: Alle müssen ihren Beitrag leisten und dürfen sich nicht aus der Verantwortung ziehen.»

Viele Clubs in Luzern sprechen von einer ganzen Generation, die fehlt. So sagte Gianluca Pardini, Vorsitzender der Bar- und Clubkommission in Luzern (BCKL), gegenüber zentralplus, dass durch Corona eine Lücke von einer ganzen Generation entstanden sei, was Nachwuchs unter den Nachtschwärmern angehe. «Sie fehlen in den Clubs der Region. Das bereitet nicht nur den Clubs, sondern auch uns als Kommission grosse Sorgen.»

Warum die Stadt Junge in die Clubs locken soll

Studhalter entgegnet: Wenn in Clubs eine ganze Generation fehle, müsse man schon auch etwas dafür tun – und Jugendliche in den Ausgang locken. Jedoch seien Partys für unter 18-Jährige für Clubveranstalter unattraktiv. Die Jüngeren konsumieren weniger, das bedeutet, sie bringen weniger Umsatz. Zudem dürfen sie keinen harten Alkohol trinken, weswegen bei solchen Partys jeweils die ID gezückt und vom Barpersonal kontrolliert werden muss. Das bedeutet immer auch einen Mehraufwand.

Doch weswegen soll es Aufgabe der Clubs, und indirekt auch der Stadt, sein, Teenager in den Ausgang zu locken? Studhalter erwidert, dass Kulturbetriebe damit Konflikte an öffentlichen Orten wie der Ufschötti oder dem KKL-Steg reduzieren könnten. Und: «Wir finden es wichtig, dass Jugendliche in einem sicheren Rahmen ihre Erfahrungen sammeln und den Ausgang erlernen können.» Muss man das Feiern denn erlernen? Studhalter präzisiert, dass man nicht alles «überpädagogisieren» müsse. Er sagt aber auch: Es gebe viel Konfliktpotenzial im Ausgang – sei es wegen zu viel Alkoholkonsum, Gewalt oder übergriffigen Verhaltens.

Jona Studhalter von den Jungen Grünen. (Bild: zvg)

Nachwuchs schulen

Die Luzerner Bar- und Clubkommission Luzern scheint dem Vorschlag nicht abgeneigt zu sein. «Die Idee, jungen Menschen einen Freiraum und ihnen dabei einen Zugang zur Nachtkultur zu schaffen, ist lobenswert», schreibt Geschäftsführer Gianluca Pardini auf Anfrage. Ü16-Partys seien für den «Nachwuchs» von Gästen und Publikum «elementar und wichtig». Jetzt kommt das Aber: Denn gemäss Pardini wird mit dem Postulat am falschen Hebel angesetzt.

Vorsitzender der Bar- und Clubkommission in Luzern: Gianluca Pardini. (Bild: zvg)

Das Problem liegt laut Pardini derzeit nicht nur auf der Angebots-, sondern auch auf der Nachfrageseite. «Damit Ü16-Partys wirklich erfolgreich sein können, braucht es motivierte Veranstaltende und Kollektive, die es schaffen, eine Community rund um ein Partylabel aufzubauen.»

Die Postulanten würden vor allem hier ansetzen wollen. Erfolgreiche Veranstaltungen würden so relativ schnell Eingang in eine Vielzahl von Veranstaltungsorten finden. «Um eine solche Lücke schliessen zu können, muss die junge Generation an das Nachtleben herangeführt werden und lernen, dass es bereichernd sein kann, eine Veranstaltung zu planen und durchzuführen. Das muss allerdings mit der Zielgruppe zusammen geschehen, so können Ü16-Veranstaltungen auch wirklich ihre Wünsche und Bedürfnisse abdecken.»

«Mir ist es lieber, wenn Jugendliche morgens um zwei Uhr im Treibhaus sind, wo es eine soziale Kontrolle und Sicherheit gibt.»

Jona Studhalter

Als bewährte Beispiele nennt auch er das Treibhaus. Dieses definiert sich offiziell als «Jugendkulturhaus». Hier können Jugendliche begleitet und ohne Risiko Events planen. Aus solchen Ü16-Partykollektiven hat sich später beispielsweise das Luzerner Partylabel Kopflos entwickelt – das heute einen eigenen Club, den Kopfklang, (zentralplus berichtete) und mit dem «Verve»-Festival das grösste Technofestival der Zentralschweiz ins Leben berufen hat (zentralplus berichtete).

Im Neubad steigen nur sehr selten Partys für Teenies

Das Neubad signalisiert Interesse für Ü16-Partys. Wer einen solchen Event organisieren möchte, dürfe jederzeit auf sie zukommen. «Bisher haben wir nur selten Anfragen diesbezüglich erhalten», schreibt Yannick Gauch, Kommunikationsleiter des Hauses.

Das Neubad an der Bireggstrasse. (Bild: bic)

Bis jetzt fanden unter dem Dach nur vereinzelt Partys für Teenies statt. «Das Neubad sieht Ü16-Partys nicht als seinen expliziten Auftrag», begründet Gauch. Mit dem Treibhaus habe die Stadt Luzern ein offizielles Jugendkulturhaus, welches gemäss ihrem Auftrag regelmässig Partys explizit für ein junges Publikum anbietet.

Auch die Schüür habe öfters solche Events. «Wir möchten in diesem Bereich nicht aktiv die beiden Kulturhäuser konkurrenzieren», so Gauch. Das Kulturhaus würde aber seinen Beitrag leisten, sollte dies die öffentliche Hand fordern.

Grüne/Junge Grüne fordern Mindestanteil von Ü16-Partys

Alleingelassen würden die Teenies im Club nicht, ist Jona Studhalter überzeugt. So setzen einige bereits auf ein sogenanntes Awareness-Konzept. So etwa das Neubad und das Treibhaus. An Partys ist jeweils ein speziell geschultes Team vor Ort, welches das Clubtreiben im Auge behält und an das sich Clubgäste wenden können, wenn sie sich beispielsweise unwohl fühlen. Zumal hat es auch Konsequenzen, wenn ein Clubgast sich unverhältnismässig verhält – etwa betrunken oder ausfällig ist.

«Mir ist es lieber, wenn Jugendliche morgens um zwei Uhr im Treibhaus sind, wo es eine soziale Kontrolle und Sicherheit gibt», so Studhalter. Das gebe es im Freien, etwa in der Ufschötti, weniger.

Die Grünen/Jungen Grünen fordern den Stadtrat daher auf, bei den nächsten Subventionsvereinbarungen mit den Kulturbetrieben genauer hinzusehen und zu prüfen, ob ein Mindestanteil von Ü16-Partys – beispielsweise von einem Drittel – eingeführt werden kann. Wie sehr die Stadt sich in der Pflicht sieht, dass genügend Partys in den Agenden der Teenies stehen werden, wird sich zeigen.

Verwendete Quellen
  • Postulat 380 von Jona Studhalter und Chiara Peyer namens der Grüne/Junge-Grüne-Fraktion
  • Telefonat mit Jona Studhalter, ehemaliger Junge-Grüne-Grossstadtrat
  • Schriftlicher Austausch mit Gianluca Pardini, Geschäftsleiter Bar- und Clubkommission Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit Yannick Gauch, Leiter Kommunikation Neubad Luzern
  • Website des Treibhaus Luzern
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