So machen Kirchen mit Immobilien Geld

Hofkirche wird nur zur Disco, wenns der Bischof erlaubt

Nach dem Besuch im Casino rüber in die Hofkirche für die Afterparty? Ein eher unwahrscheinliches Szenario. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die katholischen Kirchgemeinden Luzerns sind bemüht, neue Einnahmequellen zu erschliessen. Auch Immobiliengeschäfte prüfen sie. Doch dass bald Kirchen zum Verkauf stehen werden, bleibt unwahrscheinlich.

Den katholischen Kirchgemeinden des Kantons Luzern gehen die Gelder aus. Denn ein Grossteil der Einnahmen machen die Kirchensteuern aus. Und die werden immer weniger. Wegen der konstant hohen Zahl der Kirchenaustritte – und dem drohenden Wegfall der Unternehmenssteuern (zentralplus berichtete).

Um die Löcher in den Kassen zu stopfen, will die katholische Kirche auch auf Einnahmen aus Immobiliengeschäften setzen (zentralplus berichtete). Doch die immer schlechter besuchten Kirchen einfach zu verhökern, um die Finanzen aufzubessern, kommt für Sandra Huber, Synodalratspräsidentin der katholischen Landeskirche des Kantons Luzern, nicht infrage.

Bischof Felix Gmür hat das letzte Wort

«Eine Kirche ist ein sakrales, geweihtes Gebäude und kann nicht ohne Zustimmung des Bistums umgenutzt, geschweige denn verkauft werden», stellt Huber klar. Ob die Hofkirche zur Disco wird, entscheidet also letztlich Bischof Felix Gmür.

Bei Umnutzungen von Kirchen hat Bischof Felix Gmür das letzte Wort. (Bild: les)

Dieser gab sich relativ kulant, als zentralplus ihn zum noch immer nicht vollständig abgeschafften Tanzverbot an Weihnachten, Ostern und anderen Feiertagen befragte (zentralplus berichtete). Seine Pressesprecherin, Barbara Melzl, liess ausrichten: «Katholische Menschen dürfen und sollen selbst entscheiden, wie sie die hohen kirchlichen Festtage feiern – und was ihnen dabei für ihren Glauben hilft.»

Immerhin scheint die Teilnahme am Luzerner Nachtleben also nicht des Teufels zu sein.

So könnten Luzerner Kirchen umgenutzt werden

Daniel Lay, stellvertretender Pressesprecher der katholischen Kirchgemeinde Luzern, verweist in diesem Zusammenhang auf die Pfarrei St. Josef im Maihof. Dort wird die Kirche seit mehr als zehn Jahren – und somit als eine der ersten landesweit – nicht mehr nur für Gottesdienste genutzt. Im Onlinekalender sind ebenso Zen-Meditationen, Mittagstische, Secondhand-Events oder auch eine Silent Disco eingetragen (zentralplus berichtete).

Der Kirchensaal der Pfarrei St. Josef im Maihof wird auch für Prüfungen der Hochschule Luzern genutzt. (Bild: zvg)

Doch eine komplett entweihte und zweckentfremdete Luzerner Pfarrkirche existiert nicht. Stattdessen gibt es eine Kapelle in Dierikon, die im Herbst 2020 in ein Restaurant umgewandelt wurde. Im «Omnia» werden Bistroklassiker wie Rindstatar oder Entrecôte, aber auch exotischere Speisen wie der im arabischen Raum weitverbreitete Salat Taboulé serviert.

Katholische Kirche will lieber vermieten als verkaufen

Doch Projekte wie die zum Restaurant umgebaute Kapelle in Dierikon dürften die Ausnahme bleiben. «Im Vordergrund stehen Nutzungen, die langfristig Einnahmen bringen, also Vermietungen, nicht Verkäufe», erklärt Sandra Huber. Die Landeskirche berate Kirchgemeinden und sei für die Bewilligung derer Bau- und Immobilienprojekte zuständig. Manchmal sei auch die Zustimmung des Bistums nötig.

zentralplus wollte von Sandra Huber wissen, ob es denn irgendwelche roten Linien gebe, die bei der Umnutzung einer Kirche nicht zu überschreiten seien. Pauschal beantworten könne sie dies nicht, sagt Huber. Es komme aufs konkrete Projekt an. Die zuständige Kirchgemeinde und das Bistum müssten dabei gemeinsam zu einem Entscheid finden.

Ökologisch bauen – um die Schöpfung zu bewahren

Die katholische Kirchgemeinde Luzern hat zu ebendieser Frage einige Grundsätze formuliert. Die Kirchgemeinde will zu einer menschengerechten Entwicklung des städtischen Siedlungsraums beitragen – insbesondere in Hinblick auf die Bedürfnisse von Familien mit Kindern, von Betagten und gesellschaftlichen Randgruppen.

Dem Clubsterben etwas entgegenzusetzen, scheint also keine Priorität zu haben.

Ebenfalls verzichtet die Kirchgemeinde auf Spekulationen auf dem Immobilienmarkt. Was nicht heisst, dass die Bewirtschaftung der Liegenschaften keine Rendite abwerfen soll. Doch darf der Profit den sozialen Projekten nicht den Weg verbauen. Und auch ökologische Kriterien seien zu beachten – um die «Schöpfung als natürliche Lebensgrundlage» für die kommenden Generationen zu bewahren.

Kirchgemeinde Luzern prüfte in der Nachkriegszeit Bau von Kirchen

Um den kommenden Generationen den Kirchenbesuch zu ermöglichen, prüfte die katholische Kirchgemeinde Luzern in den 50ern und 60ern den Bau neuer Kirchen. Denn wie aus einem damaligen Planungsbericht hervorgeht, gingen die Verantwortlichen von einem explosiven und konstanten Bevölkerungswachstum aus.

Die Stadt Luzern werde im Jahr 2010 rund 105’000 Einwohnerinnen zählen, davon 80’000 Katholiken – so zumindest die Prognose. Doch 2010 wohnten weniger als 80’000 Personen in Luzern. Gleichzeitig sank der Anteil an Katholikinnen von drei Vierteln auf zwei Drittel.

Heute liegt die Zahl der Stadtluzerner, die der katholischen Kirche angehören, bei weniger als 27’000. Seit 2010 sind fast 10’000 Katholiken ausgetreten. Hinzu kommt, dass zehnmal weniger Katholiken Gottesdienste besuchen als in der Nachkriegszeit.

Gottesdienste werden immer schlechter besucht

Glücklicherweise erkannten die Verantwortlichen früh genug, dass sich die Zahlen anders entwickeln würden, als prognostiziert – und verzichteten darauf, durch den Bau neuer Kirchen die Kapazitäten entsprechend zu erhöhen. Nichtsdestotrotz sind die Kirchen in Luzern am Sonntagmorgen immer schlechter ausgelastet. Umso sinnvoller erscheint es, dass sie heute nicht mehr nur für Gottesdienste genutzt werden.

Synodalratspräsidentin Sandra Huber betont, dass Kirchen gern und häufig besuchte Orte der Stille und des Rückzugs seien. Zudem würden in ihnen heute schon viele kulturelle Veranstaltungen organisiert. Tatsächlich finden auch in der Hofkirche regelmässig Konzerte statt – meist klassische, oft mit Orgel.

Bis in der Hofkirche die Bänke rausgerissen werden, ein DJ-Pult den Altar ersetzen und das fast 400 Jahre alte Gebäude zur Disco wird, dürfte allerdings noch viel Wasser die Reuss runterfliessen.

In einer älteren Version dieses Artikels diente die Jesuitenkirche als Beispiel zur Veranschaulichung der Umnutzungsmöglichkeiten von Kirchen. Doch weil die Jesuitenkirche dem Kanton Luzern gehört, wurde der Artikel entsprechend abgeändert und die Hofkirche in den Fokus gerückt.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Sandra Huber, Synodalratspräsidentin der katholischen Landeskirche des Kantons Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit Daniel Lay, stellvertretender Pressesprecher der katholischen Kirchgemeinde Luzern
  • Strategie zur Liegenschaftspolitik der katholischen Kirchgemeinde Luzern
  • Onlinekalender der Pfarrei St. Josef
  • Onlinemenü des Restaurants Omnia
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