Gespaltene Meinung in der Zuger Gastronomie

Viertagewoche in der Gastro: Heilsbringer oder Pleite?

Vier Tage arbeiten aber den Lohn für fünf bekommen? Das ist in einigen Restaurants Realität. (Bild: Symbolbild Abobe stock)

Für die einen ein zeitgemässes Arbeitsmodell, für andere nicht praktikabel. Die Viertagewoche hat in der Zuger und Luzerner Gastronomie Anhänger und Gegner.

Vier Tage arbeiten, aber den Lohn für fünf bekommen? Tönt für viele himmlisch. In einigen Betrieben ist eine solche Viertagewoche Realität. Die Idee ist, Angestellten flexiblere Arbeitsmodelle zu bieten und mit der Aussicht auf mehr Freizeit als Arbeitgeber attraktiver zu werden. Das Konzept hat vor allem im Zuge der Pandemie Aufwind in der Wirtschaft bekommen, um dem Fachkräftemangel und dem Nachwuchsproblem entgegenzuwirken. Am ehesten verbreitet ist das 100-80-100-Prinzip. Heisst: 100 Prozent der Arbeit in 80 Prozent der Zeit bei 100 Prozent Lohn abbuckeln.

Einer der Vorreiter in der Gastronomie war die Remimag mit Sitz in Rothenburg. Das Unternehmen, dem unter anderem in Zug das «Hafenrestaurant» und die Wirtschaft «Brandenberg» und in der Stadt Luzern der «Anker», die «Pfistern» oder das «Opus» gehören, hat 2022 auf die Viertagewoche umgeschwenkt (zentralplus berichtete). Als eines der ersten Gastro-Unternehmen der Schweiz. Bastian Eltschinger, Co-Geschäftsleiter der Remimag, schrieb in einer Medienmitteilung damals: «Durch den anhaltenden Fachkräftemangel in unserer Branche ist es umso wichtiger, als attraktiver Arbeitgeber aufzutreten und neue Wege einzuschlagen.»

Interesse hält sich in Grenzen

Das Interesse daran halte sich jedoch in Grenzen, wie das Unternehmen im April gegenüber dem Branchenmagazin «Konsider» bekannt gab. Nur wenige Mitarbeiter hätten von der Viertagewoche Gebrauch gemacht. Hauptsächlich, weil die Belastung, die Arbeit von fünf Tagen in vier zu erledigen, zu hoch sei. Am Konzept halte man aber nach wie vor fest. Weiter zur Viertagewoche wollte sich die Remimag auf Anfrage von zentralplus nicht mehr äussern. «Alle Fragen wurden beantwortet, und es gibt nichts Neues, was wir hinzufügen können», heisst es seitens der Pressestelle.

Die Idee hat auch in anderen Branchen Fuss gefasst, etwa bei Handwerkerfirmen oder Kindertagesstätten (zentralplus berichtete). Einzelne Betriebe stiessen allerdings schnell auf Probleme (zentralplus berichtete) und liessen von der Idee wieder ab.

Es gibt Vor- und Nachteile

Seitens Arbeitnehmer stelle die Viertagewoche «eine von vielen Möglichkeiten» dar, die Arbeitszeiten anders zu gestalten. Das schreibt Roger Lang vom Arbeitnehmerverband Hotel & Gastro Union mit Sitz in Luzern. Weil die Bedürfnisse der einzelnen Leute sehr individuell seien, könne keine pauschalisierende Aussage gemacht werden, welchen Stellenwert das Konzept innerhalb der Branche hat. Es zeigt sich, dass auch die Betriebe bei der Umsetzung sehr individuell unterwegs sind.

Während für grosse Unternehmen wie die Remimag eine Viertagewoche eher umsetzbar ist, kommt sie für einige kleinere Restaurants nicht in Frage, wie verschiedene Gastronomen gegenüber zentralplus sagen. Hier würde eine Viertagewoche bei den gegenwärtigen Öffnungszeiten und dem Personalbestand keinen Sinn ergeben.

Müsste nämlich die Arbeitszeit von fünf Tagen in vier absolviert werden, würden die entsprechenden Arbeitstage einfach länger werden. Und das seien zusätzliche Stunden, die aufgrund der bestehenden Öffnungszeiten nicht zwingend produktiv genutzt werden könnten.

Je nach Betrieb wäre ausserdem mehr Personal nötig, um die entsprechenden Schichten abzudecken, was sich wiederum auf die Betriebskosten auswirkt.

Diese Erkenntnis hat dazu geführt, dass einige Betriebe in der Schweiz von der Viertagewoche wieder abgesehen haben. Das Hotel Schweizerhof in der Lenzerheide etwa hat aus diesen Gründen die Viertagewoche wieder abgeschafft. «Es braucht individuelle Lösungen», äusserte sich der Betrieb gegenüber «20 Minuten». Schliesslich habe jeder Mitarbeiter andere Bedürfnisse.

Auch kleinere Restaurants bieten die Viertagewoche an

Es gibt allerdings auch kleinere Restaurants, bei denen die Viertagewoche gilt. Etwa beim Restaurant Rigiblick in Oberwil bei Zug. Hier hat das Pächterpaar Genevieve und Roger Meier bei einem Teil des Restaurants das Konzept eingeführt. Man müsse mit der Zeit gehen und sich den Bedürfnissen anpassen, sagten die Betreiber gegenüber zentralplus.

Einen Mittelweg geht das jüngst unter neuer Leitung eröffnete Hotelrestaurant Schlüssel beim Franziskanerplatz in Luzern (zentralplus berichtete). Das hoteleigene Restaurant Schlüssel hat jeweils Sonntag, Montag und Dienstagvormittag geschlossen. Der Herd wird erst am Dienstagabend angeworfen. Hier habe man bewusst darauf geachtet, dass die Öffnungszeiten auch für das Personal attraktiv seien, schreibt Sprecherin Carole Barmettler auf Anfrage.

Das sagt eine grosse Studie über die Viertagewoche

2022 führten das Boston College, die University of Cambridge und die unabhängige Forschungseinrichtung Autonomy in England eine Studie durch. Ab Juni 2022 hatten sich 61 Unternehmen in Grossbritannien dazu verpflichtet, die Arbeitszeit von rund 2900 Mitarbeitern während sechs Monaten zu reduzieren. Bei gleichbleibendem Lohn. Sie gilt als grösste Studie zur Viertagewoche in der Gastronomie.

Die Ergebnisse zeichnen ein positives Bild – sowohl bei den Unternehmen wie den Arbeitnehmern. Von den 61 Gastro-Betrieben hätten am Ende der Studie 31 angegeben, künftig bei der Viertagewoche zu bleiben. Zudem seien die Vorteile nachhaltig; Mitarbeiter seien weniger oft krank, der Umsatz gleich geblieben oder minim angestiegen, und es sei zu weniger Kündigungen gekommen. Wobei anzumerken ist, dass bei der Studie in England ein Viertagewoche-Modell angewandt wurde, bei dem auch die Arbeitsstunden gesenkt und nicht bloss das bestehende Pensum auf vier Tage umverteilt wurde.

Grundsätzlich hat die Viertagewoche international einen besseren Stand als in der Schweiz. In Island ist sie verbreitet, und in Japan haben Firmen gemäss «Swissinfo» eine freiwillige Viertagewoche eingeführt. Darunter etwa das Pharma-Unternehmen Shionogi, Yahoo Japan und Mizuho Financial Group. Schweizer Grosskonzerne zögern indes. Etwa, weil es für die Unternehmen einen Mehraufwand ohne nennenswerten Ertrag darstelle oder Teilzeitarbeit ohnehin schon verbreitet sei. Ob das Modell in seinen gegenwärtigen Formen in der Gastronomie langfristig Fuss fassen kann, wird sich also noch zeigen.

Verwendete Quellen
  • Beitrag des «SRF»
  • Studie zur Viertagewoche in Grossbritannien
  • Schriftlicher Austausch mit Carole Barmettler, Sprecherin Hotelrestaurant Schlüssel
  • Artikel bei «Swissinfo»
  • Schriftlicher Austausch mit Roger Lang, Hotel & Gastro Union
  • Artikel «Konsider»
  • Medienmitteilung zur 6. Ferienwoche der Remimag AG
  • Schriftliche Anfrage an die Remimag AG
  • Artikel «20 Minuten»
  • Website Hotellerie Suisse
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