Keine höheren Löhne für Angestellte

Streit um Mindestlohn in der Gastro eskaliert weiter

Angestellte ohne Berufsausbildung verdienen in der Gastro rund 3600 Franken. Zu wenig, finden Arbeitnehmerverbände. (Bild: Louis Hansel / Unsplash)

Verschiedene Probleme plagen die hiesige Gastronomie. Eines davon ist der Lohn. Nur kommen Arbeitgeber- und -nehmerverbände hier auf keinen grünen Zweig. Ein Verband aus Luzern ärgert sich über die aktuellen Zustände.

In der Gastronomie herrscht dicke Luft. Jährlich verhandeln die Vertragspartner des Landes-Gesamtarbeitsvertrags (L-GAV) des Schweizer Gastgewerbes über eine Anpassung der Mindestlöhne für das Folgejahr. Für die Arbeitnehmerinnen verhandeln die Hotel & Gastro Union, die Unia und die Syna. Seitens der Arbeitgeber sind es die Verbände Gastro Suisse, Hotellerie Suisse und die Swiss Catering Association.

Und diese Verhandlungen seien gescheitert, wie Hotel & Gastro Union am Montag bekannt gab. «Nach vier Verhandlungsrunden konnten sich die Vertragspartner nicht auf eine Anpassung der Mindestlöhne einigen, weil die Arbeitgebervertreter nicht zu anständigen Lohnerhöhungen bereit waren», schreibt die Organisation mit Sitz in Luzern.

Reallöhne in der Gastronomie sinken

Der Frust bei den Arbeitnehmerverbänden sitzt tief. Denn für den Tourismus und das Gastgewerbe sei 2023 ein Rekordjahr gewesen, heisst es in einer Mitteilung. Auch für 2024 seien die Prognosen hervorragend. Davon würden allerdings nicht alle profitieren. «Die Löhne in der Branche sind sehr tief und viele Arbeitnehmende müssen zudem seit Jahren Kaufkraftverluste hinnehmen.» Kostenfaktoren wie die Teuerung, Krankenkassenprämien- und Mietzinserhöhungen sind schweizweit ein Problem. Kombiniert mit den oft genannten Problemen der Branche – niedrige Löhne und lange Arbeitszeiten – ist die Folge: Langjährige Arbeitskräfte kehren der Branche den Rücken und der Nachwuchs kann sich kaum für die anspruchsvolle Branche erwärmen.

Gemäss Bundesamt für Statistik sinken die Reallöhne im Gastgewerbe seit 2017 kontinuierlich. Zwar haben die Arbeitnehmerverbände im Vorjahr eine Anpassung der Mindestlöhne an die Teuerung erreichen können, doch wer nicht den Mindestlohn erhält, erhalte in der Regel auch keine Lohnerhöhung, heisst es weiter.

Breite Schere bei den Mindestlöhnen

Wie hoch die Mindestlöhne sind, kommt auf den Ausbildungsgrad und auch den Betrieb an. Gemäss dem L-GAV liegt der Mindestlohn für einen Mitarbeiter ohne Berufslehre bei 3666 Franken für eine Vollzeitstelle. Mitarbeiterinnen mit einer beruflichen Grundbildung und einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis sollten mindestens 4576 Franken pro Monat verdienen.

Wie Roger Lang, Leiter Rechtsdienst, Hotel & Gastro Union, auf Anfrage erklärt, befindet sich der tiefste Mindestlohn teilweise unter den gesetzlichen Limiten. «Zumindest auf diese Mindestlohnhöhe sollten wir langfristig kommen», schreibt er. Offensichtlich sei man aufgrund des Arbeitskräftemangels noch nicht da, wo man sein sollte. Auf wie hoch die Arbeitnehmerverbände den Mindestlohn anheben wollten, kann Lang aus «verhandlungstaktischen Gründen» nicht sagen.

Schiedsgericht soll Klärung schaffen

Die drei Arbeitnehmerverbände gehen nach dem Abbruch der Lohnverhandlungen einen Schritt weiter. Angesichts der «kompromisslosen Haltung» der Arbeitgeberverbände haben sie den Fall an das Schiedsgericht des L-GAV weitergegeben, das jetzt über die Mindestlöhne für das nächste Jahr befinden muss.

Dass sich die Verbände nicht einig wurden, ärgert Lang und seine Mitstreiter. «Die Arbeitgeberverbände, allen voran Gastro Suisse, sind nicht bereit, allen Beschäftigten der Branche einen Lohn zu bezahlen, der zum Leben reicht.» Damit würden die Arbeitgeberverbände einmal mehr die Chance verpassen, ein positives Signal an die Mitarbeiter und den Nachwuchs auszusenden.

Wie reagiert der Verband Gastro Suisse auf die geäusserten Vorwürfe? Vorerst noch gar nicht. «Aufgrund des laufenden Schiedsgerichtsverfahrens können wir Ihnen leider zurzeit nicht weiter Auskunft geben», heisst es auf Anfrage.

Fronten zwischen den Verbänden sind schon länger verhärtet

Die Lage zwischen den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmerverbänden ist schon länger angespannt. Seit 2019 versucht Hotel & Gastro Union einen neuen Landes-Gesamtarbeitsvertrag auszuhandeln – stösst dabei aber auf wenig Gegenliebe seitens Gastro Suisse. «Es ist frustrierend, dass man nur über Probleme redet, sie aber nicht anpackt», sagte Roger Lang vergangenes Jahr zu zentralplus.

Gastro Suisse konterte damals, dass die Gewerkschaften es sich selber zuzuschreiben hätten, dass GAV-Verhandlungen nicht vorankämen. So würde versucht, mittels kantonalen und kommunalen Regelungen die gemeinsam verhandelten sozialpartnerschaftlichen Vereinbarungen in GAVs auszuhebeln.

Dass die Branche Probleme hat, bei denen es Stellschrauben anzuziehen gibt, ist sich Gastro Suisse bewusst. Im Juni 2022 gab Gastro Suisse bekannt, einen Fünf-Punkte-Plan ins Leben gerufen zu haben, um einige der wichtigsten Kritikpunkte anzugehen. Konkret will der Verband unter anderem «zeitgemässe Lohn- und Arbeitsmodelle» ermöglichen. «In der Praxis folgen dem aber noch keine Taten», kritisiert Hotel & Gastro Union.

Im vergangenen Jahr äusserte sich Gastro Suisse zur Umsetzung dieses Plans und meinte, dass diese begonnen hätte, sich aber über zwei bis drei Jahre hinziehen könnte. Und: «Bis die Massnahmen greifen, braucht es allerdings seine Zeit.»

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Roger Lang, Hotel & Gastro Union
  • Medienmitteilung «Hotel & Gastro Union»
  • Schriftlicher Austausch mit Iris Wettstein, Sprecherin Gastro Suisse
  • Mindestlöhne gemäss L-GAV
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