Gästeverhalten unter die Lupe genommen

Luzerner Restaurantgäste motzen gern über den Service

Alexander Zaugg analysiert Onlinebewertungen von Restaurants. (Bild: zvg / Louis Hansel via Unsplash)

Restaurants in der Stadt Luzern bekommen schweizweit überdurchschnittlich viele Onlinebewertungen. Während den Gästen das Essen schmeckt, hagelt es andernorts laute Kritik.

Die Schweizer, ein Volk von einig’ Kommentarschreibern. Nicht nur in der zentralplus-Kommentarspalte hauen die Leute emsig in die Tasten. Auch bei Onlinebewertungen von Firmen tun sie ihre Meinung gern kund. Mit Kommentaren und Bewertungen besonders beglückt wird die Gastronomie. Dies zeigt die aktuelle Statistik «Gastro Web Review 2023».

Restaurants wurden im 2023 über ein Drittel öfter bewertet als noch im Vorjahr und konnten so viele Gäste begrüssen, wie seit Corona nicht mehr. Mitverantwortlich dafür sind gemäss der Studie vor allem Touristen. Rezensionen auf Englisch machten fast ein Drittel aller Restaurantbewertungen aus.

Beim Service hagelts 1-Stern-Bewertungen

Mehr Gäste bedeutet aber auch mehr Stress für den Service – und hier liegt einer der Kernkritiken der Gäste. Während Kritik beim Essen einen oder zwei Sterne Abzug gibt, führt Kritik im Service gemäss der Studie öfter zu einer 1-Sterne-Bewertung. In Schweizer Gaststätten wurde der Service im vergangenen Jahr in über 40 Prozent aller Kritiken erwähnt. Das Essen lediglich in 30 Prozent der negativen Bewertungen. Mitverantwortlich für die Service-Watsche der Gäste seien gemäss Studie Schwierigkeiten bei der Suche nach gut ausgebildetem Personal.

Bemängelt wurden auch die vielerorts gestiegenen Preise. Gäste beschwerten sich in 17 Prozent aller Bewertungen darüber, dass die Preise im Verhältnis zur gebotenen Service- und Essensqualität zu hoch seien.

Trotzdem zeigt sich die Mehrheit der Gäste zufrieden mit ihren Restaurantbesuchen. In 84,5 Prozent aller Bewertungen hätten sich Schweizer Restaurants vier oder fünf Sterne verdient, besagt die Studie. Nur 6 Prozent der Gäste vergaben die in der Branche verhasste und gefürchtete 1-Stern-Bewertung.

Luzern, der Bewertungs-Hotspot

Die Studie stammt vom Gersauer Unternehmen «Re:spondelligent», das sich auf Onlinebewertungen spezialisiert hat. Für die aktuelle Studie hat das Unternehmen bei über 2000 Schweizer Restaurants die Onlinebewertungen von Plattformen wie Google, Trip Advisor und Facebook zusammengetragen und analysiert.

Eine der Spitzenreiterin, wenn es um oft bewertete Restaurants geht, ist die Stadt Luzern. In einem nationalen Vergleich landet Luzern nach Interlaken auf Platz zwei. Hier hat ein Restaurant im Schnitt 133 Bewertungen erhalten. Das sind deutlich mehr als noch in den beiden Vorjahren – wenn auch weniger als 2020. Damals lag der Schnitt bei rund 149 Bewertungen.

Touristinnen geben gern ihren Senf dazu

Warum gerade Luzern bei Kommentarschreiberinnen aus nah und fern so hoch im Kurs sei, kann Alexander Zaugg, der Chef von «Re:spondelligent», auf Anfrage nicht abschliessend erklären. «Wir sehen in den Daten keinen eindeutigen Grund, warum Luzerner Restaurants öfter bewertet werden.» Es gebe allerdings ein paar Hinweise.

So bewerten Touristen in der Tendenz Lokale häufiger als Gäste aus der Region. Logisch also, dass Restaurants in einer Touristendestination wie Luzern öfter bewertet werden. Besonders, da sich der Tourismus nach der Pandemie grösstenteils wieder erholt hat (zentralplus berichtete). Ausserdem würden sich die Touristinnen in Luzern auf weniger Restaurants als beispielsweise in Zürich verteilen, schreibt Zaugg weiter.

Chinesen und Russen bleiben weg, Araber auf dem Vormarsch

Während Bewertungen von chinesischen und russischen Gästen seit Corona grösstenteils ausbleiben, waren es im 2023 besonders arabische Touristen, welche die Schweiz – und Luzern im Besonderen – für sich entdecken und fleissig ihre Eindrücke in Bewertungen festhalten. Gäste aus arabischen Ländern seien das erste Mal so prominent in der Statistik vertreten. Sie loben besonders oft die Sauberkeit der Betriebe und das hilfsbereite Servicepersonal.

Wirft man einen Blick in die Google-Bewertungen einiger Luzerner Restaurants, muss man nicht lange suchen, um lautstarke Kritik zu finden. «Sehr unfreundlicher Service», schreibt ein weiblicher Gast zu einem Restaurant an der Reuss. «Service hat alles vergessen, Besteck, Getränke usw.», schreibt ein Gast zu einem anderen Lokal.

«Gastfreundschaft = 0», moniert ein Gast über ein Restaurant in der Neustadt. «Wir sind mit allem so unzufrieden», fasst ein weiterer Gast sein Erlebnis zusammen. Auf die meisten dieser Bewertungen haben die Inhaber der Restaurants schriftlich reagiert – auch auf die zahlreichen positiven Rückmeldungen.

Fake-Bewertungen fallen kaum ins Gewicht

Wirft man alle Bewertungen in einen Mixer, um einen Gesamtschnitt zu erhalten, schneiden die Luzerner Betriebe gut ab. Auf einer Skala von 1 bis 100 liegt die Stadt bei einem Wert von 83,3 – und damit exakt auf dem Vorjahresniveau. In den Jahren 2021 und 2020 stand Luzern jedoch besser da. Damals lag der Schnitt bei 89,5 (2021) und 87,8 (2020) Punkten. Gesamtschweizerisch gesehen bewegt sich Luzern aktuell knapp unter dem Durchschnitt von 84,1 Punkten.

Natürlich mogeln sich bei Bewertungen immer auch ein paar gefälschte Kommentare rein. Positive wie negative. Für die Studie wird gemäss Zaugg viel unternommen, um die Fake-Bewertungen auszusieben. «100 Prozent ausschliessen wird man sie aber nie können», erklärte der CEO im vergangenen Jahr gegenüber zentralplus. Bei Betrieben mit Hunderten oder Tausenden von Bewertungen würden ein paar unwahre weniger stark ins Gewicht fallen als bei einem Restaurant mit lediglich 30 Bewertungen.

Darum fehlt die Stadt Zug

Die Statistik umfasst 16 Städte in der Schweiz. Nicht dabei ist unter anderem die Stadt Zug. Man habe bei der Auswahl der Städte einerseits auf die Grösse der Stadt geschaut, erklärt Alexander Zaugg. Entscheidend sei auch die geografische Verteilung gewesen, um Vergleiche innerhalb der Sprachregionen machen zu können. Ziel sei es gewesen, dass jede Region mit mindestens einer Stadt vertreten sein sollte.

Verwendete Quellen
  • Studie «Gastro Web Review 2024»
  • Schriftlicher Austausch mit Alexander Zaugg, «Re:spondelligent»
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