Gesichter der Gastronomie

Die Meiers: Kulinarische Weltenbummler am Zugersee

Haben dem Restaurant Rigiblick neues Leben eingehaucht: Roger und Genevieve Meier. (Bild: cbu)

Sie haben schon in der halben Welt gekocht und gewirtet. Seit einer Weile sind Roger und Genevieve Meier in Zug angekommen. Sie erzählen, wie es dazu kam und warum Fachkräftemangel für sie kein Problem ist.

«Ich bin doch Koch und nicht Bäcker», sagt Roger Meier gutgelaunt, als er in der kleinen Küche des Restaurant Rigiblick mit vier verschiedenen Kuchen hantiert. Meier trägt ein weisses Polo, die Kochschürze hängt im Schrank, heute ist im Restaurant Rigiblick Wirtesonntag. Gearbeitet wird trotzdem. Aber dazu später mehr.

Als die Kuchen sicher verstaut sind, verlagert sich das Gespräch in den unteren Stock auf die Terrasse und an die Sonne, die sich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder in voller Pracht präsentiert. Noch herrscht hier Ruhe. Die Stühle sind ineinander gestapelt, Grill und Aussenherd abgedeckt und die Sonnenschirme sind zu. Das Wasser des Zugersees schwappt höher als sonst gegen die Ufermauer – letzte Nachwehen der anhaltenden Regenfälle der vergangenen Wochen (zentralplus berichtete).

Den «Rigiblick», eine weitherum bekannte Gaststätte in Oberwil bei Zug, haben sie im vergangenen Herbst übernommen. Davor stand das Lokal für mehrere Monate leer, ihr Vorgänger musste aus gesundheitlichen Gründen Forfait geben. Seit der Übernahme hat sich das Wirtepaar ein Restaurant aufgebaut, das auf mediterran angehauchte Küche setzt.

Die Aussicht vom Wintergarten des Restaurant Rigiblick. (Bild: cbu)

Seit jungen Jahren in der Branche

Allerdings geht dem «Rigiblick» eine lange Geschichte voran. Ausgestattet mit Mineralwasser und Sonnenbrille erinnern sich Roger Meier und seine Frau und Mitstreiterin Genevieve an ihre Zeit vor Zug zurück. An den Moment, der ihren Weg als Gastronomen entscheidend geprägt hat.

«Da war ich 14 Jahre alt», beginnt Genevieve Meier. «Damals habe ich an den Wochenenden im Familienbetrieb im Schwarzwald mitgeholfen.» Beruflich ging es allerdings für sie in die Touristik und später zur Hotellerie. Mit Ihrem Mann zusammen dann als Selbstständige zurück zur Gastronomie, «und so schliesst sich der berühmte Kreis», sagt sie.

«Die Gastronomie war schon damals kein leichtes Geschäft.»

Roger Meier, Koch und Wirt

Bei Roger Meier hat die «grosse Reise», wie er es nennt, 1986 mit der Lehre zum Koch begonnen. Von den vielen ausländischen Gastköchen im Lehrbetrieb motiviert, zog es Meier danach in die weite Welt hinaus, wo er in verschiedenen Ländern und Küchen tätig war. Wäre er nach der Lehre in der Schweiz geblieben, erzählt er, hätte sein Weg womöglich ganz anders ausgesehen.

Roger Meier macht das Hobby zum Beruf – und umgekehrt

«Das Internet kam auf, die Berufswelt veränderte sich gerade stark.» Viele Köche hätten die Gastronomie verlassen, um in die verheissungsvolle Computerbranche einzusteigen. «Die Gastronomie war schon damals kein leichtes Geschäft.» Meier bereut den Schritt, dem Kochen treu geblieben zu sein, bis heute nicht. «Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht und meinen Beruf zum Hobby.»

Genevieves und Rogers Wege kreuzen sich schliesslich auf St. Lucia in der Karibik. Sie arbeitete damals als Verkaufsleiterin in einem Luxusresort, er war als Executive Chef in einer renommierten Hotelkette tätig. Sie werden ein Paar. Auch beruflich.

Gemeinsam eröffnen sie später im Schwarzwald ein Boutiquehotel, führen es während fünf Jahren, bis der Wunsch nach einer neuen Herausforderung immer stärker wird. Und sie schliesslich in Oberwil bei Zug fündig werden. Dass Roger Meier wieder in der Schweiz gelandet ist, hat nichts mit Heimweh zu tun. «Zu Hause ist man überall», sagt er.

Fachkräftemangel? Nicht im «Rigiblick»

Am Zugersee haben sie sich mittlerweile gut eingelebt, auch mit dem Restaurant sind sie zufrieden. «Wir haben unsere Nische gefunden», sagt Genevieve, die sich im Service und hinter den Kulissen bewegt. «Es gibt Restaurants, da geht man einfach essen. Und dann gibt es Orte, die zum Erlebnis werden sollen und wo sich die Gäste Zeit nehmen.» Ihr Lokal gehöre in die zweite Kategorie. Führten sie das Restaurant zu Beginn noch als Duo, stehen ihnen mittlerweile weitere Angestellte zur Seite.

Vom viel besprochenen Fachkräftemangel bekommen sie wenig mit. Und das Paar hat auch eine Vermutung, warum: «Man muss mit der Zeit gehen», erklärt Genevieve Meier. «Die Branche ist nicht mehr dieselbe, wie vor vierzig Jahren», fügt Roger Meier hinzu. «Man muss sich den Bedürfnissen anpassen.» Darum hätten sie in Teilen des Betriebs die Vier-Tage-Woche eingeführt. «Wir hatten die Bude voll von Bewerbungen», sagt Roger Meier.

Flexible Arbeitszeiten seien bei der heutigen Generation sehr wichtig, ebenso der «Vibe» des Lokals und des Teams. Und das müsse man als Arbeitgeber halt berücksichtigen. Der raue Ton, unter dem Roger Meier noch gelernt hat, sei heute nicht mehr zeitgemäss.

Das Restaurant Rigiblick als Versuchslabor

Auf Festgefahrenes hat Meier auch in der Küche nur mässig Lust. Als kleiner Betrieb habe man den Vorteil, schnell und spontan zu sein. Zu improvisieren. Auszuprobieren und gegebenenfalls wieder zu ändern. Darum versucht sich das Paar an einem zweiten Betriebskonzept auf der Sommerterrasse, das eigenständig vom Restaurant läuft.

«Rigiblick Seeterrasse» nennen sie diesen Bereich, der sich der «Beach-Cuisine» verschreibt und Gerichte wie etwa Baked Potatoe mit sautiertem Gemüse, Aperoplatten oder ein Thunfisch-Tatar mit Avocado und Mango auf der Speisekarte stehen hat. Für die Testphase über den Sommer haben sie ein eigenes Team samt Koch zusammengestellt. Und: Wer eins hat, kann gar mit dem eigenen Boot direkt am Restaurantsteg anlegen und als Gast Platz nehmen. Das sei schon mehrmals vorgekommen, klärt das Paar auf.

Die Terrasse muss aber noch auf Vordermann gebracht werden – an ihrem eigentlich freien Tag. Aber als selbstständige Gastronomen sei Freizeit eh so eine Sache. «Man muss Abstriche machen, wenn man sich für diese Branche entscheidet», sagt Roger Meier. Klar, verpasse man manche Dinge – Geburtstage oder Weihnachtsfeste – «aber so ist das Leben», sagt er mit einem Schulterzucken. «Eine Pause einzulegen ist schwierig, wir haben so viele Ideen», findet auch Genevieve Meier.

Schlimm sei das aber nicht, so lange es Spass macht. Und das macht es den beiden. «Ich sehe das gar nicht mehr als Arbeit», so der Koch.

Nur eines bleibt gemäss Genevieve Meier fix. «Die Siesta ist uns heilig!», sagt sie und lacht.

Verwendete Quellen
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