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Was im Garten hübsch aussieht, stört in der Wildnis

Der schier aussichtslose Kampf gegen invasive Pflanzen

Kirschlorbeer darf bald nicht mehr verkauft werden. (Bild: Christina Imobersteg / Adobe Stock)

Ab 1. September dürfen einige beliebte Gartenpflanzen nicht mehr verkauft und angepflanzt werden, weil es sich um invasive Neophyten handelt. Doch welche Probleme verursachen sie und wie gehen offizielle Stellen dagegen vor? Ein Augenschein.

Neophyten sind Pflanzen, die nach der Entdeckung von Amerika 1492 den Weg nach Europa gefunden haben. Dazu gehören beispielsweise Kartoffeln, Tomaten und Mais; also sehr nützliche Pflanzen, die in unserer Küche nicht mehr wegzudenken sind und sich nicht unkontrolliert verbreiten. In der Schweiz kommen etwa 750 neophytische Pflanzen vor. 88 davon gelten als invasiv oder potenziell invasiv. Sie verbreiten sich rasch und können zu weitreichenden, negativen Folgen führen.

Invasive Pflanzen in unseren Gärten

Einst gepriesen als die gute Wahl für den Sichtschutz, ist der Kirschlorbeer heute zu einem Problem geworden. Kaum jemand konnte voraussehen, was er anrichtet. Als wüchsiger Strauch muss er regelmässig geschnitten werden. Nichtsahnend, aber auch gedankenlos, wurden jedoch verbotenerweise Schnittabfälle im Wald entsorgt. Die starke Pflanze schlägt Wurzeln und wächst weiter. Zudem werden die giftigen Beeren von Amseln und Drosseln verzehrt. Das führt dazu, dass die ausgeschiedenen Samen verbreitet werden.

Kirschlorbeer mitten im Wald. (Bild: Christina Imobersteg)

Überall in der Schweiz, so auch in Luzern, gibt es noch etliche Kirschlorbeerhecken. Ist der Ersatz durch eine einheimische Heckenbepflanzung nicht möglich, muss das Schnittgut mit dem Haushaltskehricht entsorgt werden. In den Abfallsack gehören auch die verblühten Blüten. So bilden sich gar nicht erst Beeren, die verteilt werden können. Übrigens geben Gemeinden im Verbandsgebiet von REAL und GKRE kostenlos spezielle Neophytensäcke ab. Leider gibt es dieses Angebot im Verbandsgebiet des GALLs (Region Sursee und Umgebung) nicht mehr.

Weitere Funde in der Stadt

Der invasive Götterbaum aus Ostasien wurde einst als Futterpflanze für eine spezielle Seidenspinnerart eingeführt. Der robuste Baum vermehrt sich rasch, bildet reichlich Samen und kann auch Asphalt durchdringen. Den Riesenbärenklau, eine imposante Zierpflanze, habe ich vor wenigen Jahren in der Nähe der Museggmauer entdeckt. Offensichtlich wurde er aber inzwischen entfernt. Gut so, denn auch dieser Neophyt verbreitet sich in Windeseile, wenn man ihn lässt. Bei Berührung verursacht er gar Verbrennungen.

Beim Gang durch die Stadt fiel mir noch eine andere Pflanze auf: das Einjährige Berufkraut. Es wurde im 17. Jahrhundert als Gartenpflanze aus Nordamerika nach Europa gebracht und beeinträchtigt nun durch seine massive Verbreitung die Artenvielfalt. Bis zu 50’000 Samen produziert eine einzelne Pflanze. Gedeiht sie auf Wiesen und Weiden, wird die Futterqualität vermindert.

Das Einjährige Berufkraut ist genügsam. (Bild: Christina Imobersteg)

Unachtsamkeit führt zu fatalen Folgen

Extrem invasiv ist der Japanknöterich, der als Zier- und Viehfutterpflanze Anfang des 19. Jahrhunderts aus Asien nach Europa eingeführt wurde. An Fliessgewässern verdrängt er die natürliche Ufervegetation. Schon kleine, weggeschwemmte Zweige können an anderen Standorten neue Horste bilden. Da die oberflächlichen Pflanzenteile im Winter absterben, werden die Böschungen instabil und begünstigen bei Hochwasser Rutschungen. Dem Rotbach entlang hat der Japanknöterich grosse Flächen in Beschlag genommen.

Japanknöterich am Rotbach. (Bild: Christina Imobersteg)

Die Gemeinden Neuenkirch, Rothenburg, Emmen und die Stadt Luzern nehmen es nun in die Hand, die schnellwüchsige, dominante Pflanze einzudämmen. Die Bestände wurden inzwischen in verschiedenen Begehungen kartiert. Dabei wurde der Rotbach und alle seine Zuflüsse von Freiwilligen abgelaufen. Als nächster Schritt werden Bachgebiete und Fundorte des Knöterichs definiert, die sich für eine Bekämpfung eignen.

Grundsätzlich muss möglichst oben gestartet werden. Um ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erreichen, haben gut zugängliche Stellen den Vorrang, da sie am effizientesten vom Knöterich befreit werden können. Mit Kosten im fünf- bis sechsstelligen Bereich muss aber dennoch gerechnet werden. Die Ergebnisse werden in einem Analysebericht festgehalten, der noch in diesem Jahr vorliegen wird.

Die Wahl der Massnahmen ist nicht Teil des Projekts und wird den Gemeinden überlassen. Aus Sicht des Gewässerschutzes soll der Einsatz von chemischen Mitteln grundsätzlich vermieden werden. So bleibt nur das tiefe Ausbaggern und die fachgerechte Entsorgung des Aushubmaterials. Dies ist notwendig, weil bereits kleine Wurzelstücke wieder austreiben.

Freiwillige gesucht

Die Gemeinden sind sich dem Problem der invasiven Neophyten bewusst und bleiben nicht untätig. Ohne Freiwillige ist die arbeitsintensive Aufgabe aber nicht zu stemmen. In Horw beispielsweise wurde mit den Horwer Neophytenjägern Kirschlorbeer entfernt (zentralplus berichtete). Zudem bieten Umweltschutzorganisationen regelmässig Einsätze an, um Gebiete von invasiven Neophyten zu befreien.

Verwendete Quellen
  • Bluewin-Artikel «Diese Pflanzen werden in der Schweiz bald verboten»
  • Umweltberatung Luzern
  • Projekt Rotbach
  • Mündliche Auskunft von Benjamin Emmenegger, Gemeinderat Neuenkirch
  • Bundesamt für Umwelt BAFU: Infoseite über Neophyten
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