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Die bessere Selbsterzählung für Zug

Zwischen Effizienz und Drama: die Zuger Selbsterzählung

Ein neues Kapitel in der Selbsterzählung zu schreiben, bedingt der Überwindung der Prokrastination. (Bild: Silvano Cerutti)

Erzählungen sind mehr als sortierte Wörter zwischen Buchdeckeln. Erzählungen prägen auch die Selbstwahrnehmung. Zug könnte seine Selbsterzählung leicht aktualisieren, dies hätte einen doppelt positiven Effekt.

Effizienz ist ein ökonomischer Schlüsselbegriff, im Normalfall gilt: Den Effizienten gehört die Welt. Das kulturelle Gegenstück zur Effizienz ist das Drama, weil die Erzähltechnik, ökonomisch sehr schlank, problematische Entwicklungen zur Kenntlichkeit entzerrt. Dem Drama gehört die Fiktion in Film, Literatur und Theater. Und dann gibt es Zwischenbereiche, in welchen Effizienz und Drama interagieren, etwa die Story.

Die Zuger Story: Mit Effizienz und Drama aus der Armut

In Zug ist die Story recht einfach: Das Zugerland war lange Zeit bitterarm. Diese Armut ist in den Köpfen der älteren Generation noch fest verankert. Aber Zug hat einen Weg aus der Armut gefunden, indem es nämlich die Steuergesetze von Delaware kopierte. Seither ist Zug sehr effizient wohlhabend geworden, aber bei jeder Schliessung einer Briefkastenfirma wieder vom Rückfall in die Armut bedroht. Letzteres ist die dramatische Komponente der Geschichte und – inzwischen – eine Fiktion, wenn auch eine sehr lebendige.

Seit dem Krieg in der Ukraine hat die Zuger Effizienz wieder eine dramatische Note, weil ein paar Firmen viele andere Firmen dubioser erscheinen lassen, als sie es vielleicht sind. Russen gelten generell als verdächtig und der Ruf von Kryptowährungen war auch schon besser. Da kommt die Befürchtung auf, Firmen könnten den Standort Zug künftig meiden, wenn sie nicht als zweifelhaft erscheinen wollen und wenn die Firmen nicht mehr kommen, dann – siehe oben.

Das zweite Zuger Drama

Es gibt in Zug aber ein zweites Drama, welches ebenfalls sattsam bekannt ist: Viele meiner ehemaligen Klassenkameradinnen wohnen aus finanziellen Gründen nicht mehr im Kanton, in dem ihre Familien seit Generationen verwurzelt sind. Zug hat sich längst zu einem kleinen Monaco entwickelt, in welchem sich die heimische Bevölkerung die Heimat nicht mehr leisten kann.

Nun wäre ein guter Moment, etwas mehr Transparenz in der Zuger Wirtschaft einzuführen, es braucht ja nicht einmal ein Eigentümerregister zu sein, welches die Schweiz auch nicht kennt. Einfach ein paar kleine Massnahmen, um ein paar dubiose Ansiedlungen effizient wieder loszuwerden.

Eine umgehende Verarmung braucht Zug dabei nicht zu fürchten. Das Zugerland ist längst ein überregionales Cluster für bestimmte Branchen, welche Fachkräfte brauchen, die hier schon ansässig wurden. Im Zeitalter des Fachkräftemangels zieht man da nicht so schnell weg.

Ein neues Kapitel in der eigenen Geschichte

Auf der anderen Seite würden ein paar Firmen weniger dem Zugerland insofern guttun, als sich die Wohnungsknappheit vielleicht etwas entschärfte, wenn es keinen steten und stets hohen Zustrom von neuen Fachkräften mehr gäbe. Das Drama der Entwurzelung wäre dann ebenso effizient bekämpft wie ein möglicher Reputationsschaden des Wirtschaftsstandorts. Alles, was es nun dazu bräuchte, wäre ein bisschen Mut, in der eigenen Geschichte ein neues Kapitel zu erzählen.

Aber hey, als Schreibender weiss ich schon: Vor dem leeren Blatt Papier prokrastiniert man am längsten. Das ist allerdings weder ein Drama noch effizient noch eine gute Story.

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