Kulturblock
Blog
Wiedersehen mit einer alten Idee

Unsere Gesellschaft braucht moderne Hofnarren. Wer wagts?

Was Silvano Cerutti mit einem Hofnarren gemeinsam hat? Unabhängigkeit. (Bild: cer)

Gibt es in der Wirtschaft einen Bedarf an modernen Hofnarren? Ich hätte Ideen, was sie sinnvollerweise tun könnten. Findet sich jemand, um sie kritisch zu überprüfen? Gerne stelle ich meine Idee bei einem Kaffee vor!

«Braucht kein Mensch!» Die Abfuhr, die ich mir vor etwa 15 Jahren für eine ähnliche Idee eingehandelt hatte, habe ich noch in den Ohren. Darum schmunzelte ich im ersten Moment nicht, obwohl ich die Dinge sonst mit einem Lachen nehme. Gerne auch dann noch, wenn es schon nicht mehr zum Lachen ist.

Narrenfreiheit

Dabei war und ist es doch witzig, dass diese Idee ausgerechnet in einer Kolumne von Gerhard Schwarz wiederaufgetaucht ist. Gerhard Schwarz – langjähriger NZZ-Wirtschaftsredaktor und ehemaliger Direktor von Avenir Suisse – plädierte nämlich für moderne Hofnarren in Politik und Wirtschaft. Hofnarren waren weniger Possenreisser als vielmehr die letzten Personen, die einem Herrscher noch die Wahrheit sagen durften. Daher der Begriff der Narrenfreiheit.

Allerdings, dachte ich im zweiten Moment, vielleicht hatte ich die Idee damals ja auch ungeschickt verpackt. Ein paar Dinge in Sachen Ökonomie hinzugelernt habe ich seither ebenfalls. Vor allem aber geht es heute weniger um Sonnenkönige – schon gar nicht in der Schweiz – als vielmehr um die Tücken von Meinungsblasen. Es ist zunehmend schwer, den eigenen Ansichten zu entkommen. Social Media baut subtile Käfige und die politische Debatte ist auch so polarisiert, dass Gegenmeinungen gar nicht prüfenswert erscheinen. Eine unverstellte Aussensicht kann da nicht schaden.

Was Kulturschaffende und Hofnarren gemeinsam haben

Vor allem: Wer will schon Hofnarr werden und wer will sich einen leisten? Es braucht eine gewisse Grösse, sich von jemandem auf den Schlips treten zu lassen, diese Grösse ist erfahrungsgemäss nur wenigen gegeben. Im Gegenteil, für einen Hofnarren ist Ärger mit den Arbeitgebenden programmiert. «Wer es sich leisten kann, sagt etwas über seinen Besitzer», habe ich mal geschrieben. Ausserdem würden Hofnärrinnen wahrscheinlich dafür kritisiert, «das feudale System» am Laufen zu halten, statt den Kapitalismus zu überwinden. Schon die veraltete Berufsbezeichnung lädt dazu ein.

Andererseits – bin ich nicht genau deswegen Kulturschaffender geworden? Um mir keine ideologischen Knüppel zwischen die Beine zu stecken, unabhängig zu denken und mich zwischen Stühle und Bänke zu setzen? Unabhängigkeit ist eines meiner höchsten Güter und kein Sofa, sonst hätte ich es mir längst bequem gemacht. Damit wir uns im Zeitalter der Schwurbler richtig verstehen: Verschwörungstheorien, Putin-Versteherei und Ähnliches sind kein unabhängiges Denken, sondern einfach Bullshit.

Die Rolle des «Hofnarren» neu interpretiert

Vielleicht ist die Zeit jetzt also doch reif für einen neuen Anlauf? Hat Gerhard Schwarz einen Punkt getroffen oder hat er sich bloss Ärger auf einer Flughöhe nahe dem Wunschdenken vom Leib geschrieben? Ich habe mir jedenfalls Überlegungen gemacht, wie die Rolle «Hofnarr» neu zu interpretieren wäre, damit sie etwas bringt. Mit ein paar Sprüchen ist es nämlich nicht getan, die bezieht man besser von Satirikern.

In diesem Sinn wage ich also noch einmal einen Versuch: Sind Sie Unternehmerin? Finden Sie die Idee «Hofnarr» ausreichend interessant? Wären Sie bereit, mit mir mal unverbindlich einen Kaffee zu trinken und meine Vorschläge auf Tauglichkeit in Ihrem hin Alltag abzuklopfen? Ich würde mich freuen und meinen Kaffee auch selbst bezahlen.

Verwendete Quellen
Kulturblock
Blog
Hier gibt's eine geballte Ladung Kultur mit Tiefgang. Der Kulturblock macht die Bühne frei für Wort und Wahnsinn Luzerner Kulturschaffender.
5 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon