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Orientierungshilfe auf dem Weg zur Berufsreife

Gute Schulnoten sind kein Garant für bahnbrechende Innovationen

Klassenlehrerin Carolina Gmerek begleitet Jugendliche, die den Übergang von der Volksschule in die Lehre aus unterschiedlichen Gründen nicht geschafft haben. (Bild: zvg)

Richard Branson hatte aufgrund seiner Legasthenie während seiner Schulzeit sehr schlechte Noten und verliess die Schule mit 16 Jahren ohne Abschluss. Trotzdem schaffte es der Milliardär zu grossen Erfolgen in der Wirtschaft. Da der Weg zur Berufsreife nicht immer einfach ist und nicht nur von guten Schulnoten abhängt, hat eine Zuger Schule eine kleine Orientierungshilfe für Jugendliche entwickelt, mit der sie in der Berufswelt besser Fuss fassen sollen.

Der Einstieg von der Schule in den Berufsalltag ist für Lernende nicht immer ganz so einfach: Wie verhält man sich, wenn man nicht weiss, wie man eine Aufgabe anpacken soll? Wie schafft man es einen Zeitplan einzuhalten? Was bedeutet eigentlich richtig zuhören oder wie sagt man seine Meinung, ohne jemanden zu verletzen?  

Oftmals werden Lehrverträge aufgelöst, weil es mit der Kommunikation nicht klappt und es den Lernenden an methodischen und sozialen Kompetenzen fehlt. Die Gewerblich-industrielle Berufsschule Zug GIBZ hat ein Lehrmittel entwickelt, das die jungen Menschen ein wenig auf die Arbeitswelt vorbereitet.

Richard Branson

Sir Richard Charles Nicholas Branson ist ein höchst innovativer britischer Unternehmer. Er ist mit seinem Mischkonzern Virgin Group in der Musikindustrie, der Luftfahrt und als Eisenbahnanbieter tätig. Sein Vermögen wurde im August 2020 auf 5 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Neues Lehrmittel soll im Arbeitsalltag helfen

«Der Weg zur Berufsreife» besteht aus einem Nachschlagebüchlein und einem Arbeitsheft mit jeweils 18 Themen. Insbesondere das kleine Büchlein kann sowohl vor als auch während der Lehrzeit angewendet werden. Die Themen aus dem Heft können mit der Lehrperson im Klassenverband besprochen und die Aufgaben dazu individuell bearbeitet werden. Sind alle Themen bearbeitet, gibt es ein Zertifikat, das die Teilnehmenden als «berufsreif» ausweist.

Adriana: Die Arbeit mit dem Heft ist spannend; man muss sich mit sich selbst auseinandersetzen.(BIld: zvg)

Die Klassenlehrerin Carolina Gmerek arbeitet während mehreren Lektionen mit dem Arbeitsheft und dem Begleitbüchlein mit einer Klasse des Brückenangebotes. Dieses richtet sich an Jugendliche, die eine Abschlussklasse der Sekundarstufe I absolviert haben und sich auf eine berufliche Grundbildung vorbereiten möchten. Sie haben den Übergang von der Volksschule in die Lehre aus unterschiedlichen Gründen nicht geschafft und nutzen das Programm als Brücke zwischen Schule und Berufseinstieg.

Der Weg zur Berufsreife

Die Broschüren zum Weg der Berufsreife können auf https://www.zugergewerbe.ch/berufsreife/ heruntergeladen werden.

Themen, die uns täglich begleiten

Lars Rominger: Weshalb haben Sie sich entschieden, das Programm «Weg zur Berufsreife» in Ihrer Klasse einzusetzen?

Carolina Gmerek: Die Auseinandersetzung mit sich selbst ist kaum ein Thema in den bestehenden Lehrmitteln. Ausserdem nutze ich jede Chance, um mit neuem Material zu experimentieren.

Rominger: Wo sehen sie das Potenzial?

Gmerek: Die Jugendlichen erhalten über eine längere Zeit die Möglichkeit, sich mit den verschiedenen Themen auseinanderzusetzen. Während dieser Zeit lernen sie mehrere Instrumente zu nutzen, die ihnen in der Ausbildung aber auch später sowohl beruflich als auch privat sehr nützlich sein können.

Rominger: Können Sie dies etwas näher erklären?

Gmerek: Es sind Themen, die uns täglich begleiten – wie verhalte ich mich, damit ich ein gutes Verhältnis zu meinen Mitmenschen aufbauen kann? Wie erreiche ich meine Ziele und Wünsche? Welche Bedürfnisse müssen erfüllt sein, damit ich ein optimales Umfeld habe? Wir üben dies mit Achtsamkeitstrainings, Kommunikationstechniken, Rollenspielen, Reflexionen der eigenen Werte und der Einstellung, gesundes Stressmanagement, Ernährungs- und Schlafverhalten usw.

Eigentlich sind das alles Tools, die man schon in der Volksschule ganz früh Schritt für Schritt lernen müsste. Tatsache ist jedoch, dass sich dies die meisten Menschen erst als Erwachsene nach negativen Erfahrungen oder gar im Burnout mühsam aneignen müssen, um vom Überlebens- wieder in den Lebensmodus zu finden.

Rominger: Was sagen Ihre Lernenden dazu? Sind sie motiviert?

Gmerek: Meine Lernenden sind schwache Realschüler, die in ihrer ganzen Schulkarriere gehört haben, dass sie nichts können und kaum etwas erreichen werden. Es gefällt ihnen sehr, sich mit anderen Themen in der Schule als mit den üblichen Fachbereichen auseinanderzusetzen. Für sie ist es eine Chance, ausserhalb des Schulstoffes an sich zu arbeiten und zu spüren, dass sie sehr wohl etwas erreichen können, nur der Weg zum Erfolg sich vielleicht etwas anders gestaltet, als über gute Zeugnisnoten.

Rominger: Sie arbeiten auch als Lern-Coach ausserhalb der Schule. Kommen diese Arbeitsmittel dabei auch zum Einsatz?

Gmerek: Ja, diese eignen sich sehr gut für die Einzelarbeit im Coaching. Während des Unterrichts profitieren die Schülerinnen und Schüler von den Diskussionen und der gemeinsamen Erarbeitung von Themen. Im Coaching habe ich genügend Zeit, um auf spezifische, individuelle Problemstellungen oder Lösungsansätze einzugehen.

Rominger: Inwiefern besteht in der Schule noch Handlungsbedarf?

Gmerek: Um die überfachlichen Kompetenzen im Unterricht fix zu verankern, brauchen die Lehrpersonen mehr Unterstützung. Der Alltag der meisten Lehrpersonen ist mit vielen verschiedenen Aufgaben und immer mehr Administration vollgepackt. Viele Lehrpersonen fühlen sich allein gelassen mit neuen Tools, die ohne Unterstützung eingeführt werden.

Als Lehrperson authentisch bleiben

Rominger: Sie arbeiten nun seit über 20 Jahren mit Lernenden in Brückenangeboten. Was sind die grössten Herausforderungen? Was unterscheidet diese Lernenden von solchen, die bereits eine Lehrstelle haben?

Gmerek: Ich kann mir keine bessere Zielgruppe vorstellen. Der Übergang von Schule zu Beruf ist auch ein Übergang vom Teenager zum Erwachsenen. Es ist spannend die Jugendlichen während dieser Zeit für einen kurzen Moment begleiten zu dürfen. Wichtig ist, als Lehrperson authentisch zu bleiben. Dann fällt es den Jugendlichen einfacher, sich auf die Arbeit mit der Lehrperson einzulassen. Nur so ist es möglich, gemeinsam in Prozesse einzusteigen.

Im Wesentlichen unterscheiden sich die Jugendlichen im Brückenangebot nicht von den anderen, sie haben einfach schon mehr Rückschläge erlebt. Wenn man ihnen zeigt, dass man auf Wegen mit Steinen viel lernen kann und gestärkt herauskommt, ist das jedoch eine andere Herangehensweise, als wenn man sie als schwach und Verlierer darstellt.

Man sollte immer auch den Menschen hinter dem Schüler sehen. Eine Persönlichkeit mit Stärken und Schwächen wie sie jeder von uns hat.

Von 100 Ideen sind zwei erfolgreich

Doch was könnte man den Jugendlichen auf den Weg geben um mit selbst entwickelten Produkten und Dienstleistungen erfolgreich auf den Markt zu gelangen? Da auf 100 Ideen bestenfalls 2 erfolgreich sein werden, braucht es aus Sicht des Autors nebst Netzwerk, Kreativität, Fleiss und Ausdauer insbesondere einen einfachen, stringenten und rationalen Algorithmus, um so effizient zu den erfolgversprechenden Ideen zu gelangen, ohne dabei die wichtigen absurden Einfälle zu verlieren.  

Einige kennen bestimmt die gängigen «Ideen-Säuretest-Fragen» wie:
- Löst die Idee ein verbreitetes Problem?
- Hat die Idee den Wow-Faktor?
- Gibt es für die Idee einen grossen Markt?
- Lässt sich die Idee mit herkömmlichen Methoden und Materialien produzieren?

Oder Fragen zur «Markttauglichkeit» wie:
- Hat Ihre Idee das gewisse Extra?
- Wer wird Ihr Produkt kaufen?
- Warum wird man Ihr Produkt kaufen?
- Wo wird man Ihr Produkt kaufen?
- Wie viel wird man bereit sein, für Ihr Produkt zu bezahlen?

Voranalyse hilft bei der Bewertung

Und wie gelangt man von diesem Sammelsurium an Fragen zu einer effizienten Bewertung und Entscheidung, ob die Idee tragbar ist, bevor beispielsweise zu viel Zeit für die Erstellung eines brotlosen Businessplanes eingesetzt wird? Zu diesem Zweck kann eine vorgeschaltete Ideen- oder Projektbewertung helfen. Diese Voranalyse nimmt in der Regel 30 Minuten in Anspruch.

Der Leitgedanke dahinter ist, dass zwar alle Innovationen im Kopf beginnen, doch dass nur die Ideen weiterkommen sollen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in der Kasse enden bzw. vom Markt angenommen werden. Ein mögliches Instrument für diesen wichtigen Prozess wird in diesem Dokument dargestellt:

An diesem Fallbeispiel wurde kritisch das Innovations-Projekt «Entwicklung eines hochleitfähigen, spritzgiessbaren Kunststoffes (Aluminium-Substitut)» analysiert und bewertet.  

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Im Fokus stehen Unternehmer und Entwickler. Autor Lars Rominger aus Menzingen, selbst ein Erfinder, Wissenschaftler und Fachbuchautor, zeigt die Menschen hinter einer Idee und stellt spannende Projekte vor.
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