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Plötzlich ist ein Krimi zu brutal

Wie meine Kinder mich sensibler machen

Kinder lassen einen sensibler werden. (Bild: Adob Stock)

Seit ich Vater bin, hat sich meine Welt verändert. Nachrichten, Filme und Gespräche, die früher an mir vorbeigegangen sind, berühren mich heute tief. Diese neue Empfindsamkeit ist nicht immer einfach, aber sie zeigt mir auch, wie sehr ich meine Kinder liebe.

Wie sehr sich meine Gefühle verändert haben, wurde mir erst kürzlich bewusst. Ich sah mir einen Krimi an, den ich schon einmal gesehen und damals als harmlos empfunden hatte. Aber dieses Mal war alles anders. Nach zwanzig Minuten versuchte ich mich mit meinem Handy abzulenken. Kurz darauf schaltete ich den Film aus. Er ging mir einfach zu nahe.

Ich war verwirrt. Den Krimi hatte ich als harmlos in meinem Gedächtnis abgespeichert. Was war da passiert? Gibt es mehrere Versionen des Films? Doch es gab nichts, was mich darauf schliessen liess. Was war also los? Ganz simpel: Dieselbe Geschichte, dieselben Szenen, derselbe Film.  Es scheint, als ginge mir das alles etwas näher.

Momentaufnahme?

Als ich darüber nachdachte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Seit ich Kinder habe, schaue ich kaum noch fern. Kein Horror, keine Krimis, keine Thriller. Auch die «Tagesschau» fällt eigentlich immer ins Wasser. Das liegt daran, dass ich wenig Zeit habe, dachte ich immer. Besonders mit Kindern. Und das stimmt sicher auch.

Aber es liegt auch daran, dass ich einfach weniger Emotionen und vor allem Brutalität ertrage. Denn auch bei anderen journalistischen Medien reagiere ich ähnlich: Ich schaue sie mir selten an und wenn, dann dosiert und sehr selektiv. Praktisch keine hochaktuellen News mit Fotos. Allenfalls Hintergrundberichte mit Abstand und einordnendem Charakter.

Auch auf der Arbeit

Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr Indizien fand ich. Zum Beispiel gehen mir Gespräche am Arbeitsplatz näher als früher: Grippe oder Durchfall bei jemandem zu Hause? Das nimmt mich echt mit.

Oder wenn Freunde von persönlichen Problemen erzählen oder ich irgendwo von zwischenmenschlichen Dramen höre. Lebenskrisen bei Verwandten. Schicksalsschläge von Bekannten. Mir fehlt die Abgrenzung, die ich früher hatte. Keine Gleichgültigkeit. Nein. Aber eine gewisse Distanz.

Das Ganze kann auch ganz absurde Züge annehmen. Zum Beispiel im Stadion. Da stehe ich manchmal nach knappen Siegen. Völlig ergriffen. Völlig überwältigt. Und während meine Freunde in der Kurve lautstark feiern, fühle ich einfach nur grosse Dankbarkeit.

Grosse Dankbarkeit? Echt jetzt? Natürlich bin ich FCL-Fan. Aber aus der Distanz betrachtet, gehen mir einige Siege sehr nahe. Vielleicht etwas zu nah.

Selbst ohne Hormone intensiv

Am meisten spüren aber meine Kinder meine neue Sensibilität. Das zeigt sich etwa daran, dass ich sie wirklich vermisse, selbst wenn ich den ganzen Tag unterwegs bin. Vor meinen Kindern hätte ich für solche Emotionen keine Zeit gehabt.

Sie merken es daran, dass ich sie in alle meine Entscheidungen einbeziehe. Sie sind immer in meinen Gedanken. Sie erleben es mit, wenn ich abends nach Hause komme, sie in den Arm nehme und einfach dankbar bin, zu Hause zu sein. Je mehr ich darüber nachdenke, desto faszinierender finde ich es. Kinder verändern uns tiefgreifend, auch ohne die Hormone, die während der Schwangerschaft und Stillzeit wirken.

Das zeigt mir einerseits, wie tief meine Bindung zu meinen Kindern ist und wie sehr ich sie liebe. Andererseits frage ich mich manchmal schon, wie es ist, die zusätzliche Wirkung eines solchen Hormoncocktails zu erleben.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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