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2000 nervenaufreibende Teile

Mit den Töchtern am Puzzletisch

Es schadet keinesfalls, wenn Kinder auch mal etwas besser können als ihre Eltern. (Bild: Adobe Stock)

Das mit dem Puzzeln ist so eine Sache: Die einen mögen es, den anderen ist es ein Graus. Zu letzteren gehört Eltern-Bloggerin Nadja. Auf Wunsch ihrer Tochter startet sie ein Puzzle-Abenteuer und stellt sich den zweitausend Teilen – mit Erfolg.

Ich bin kein Puzzle-Mensch. War ich nie und werde es wohl nie werden. Ich sehe keinen Sinn darin, alles auszupacken, stundenlang daran zu arbeiten, um am Ende alles wieder in eine Schachtel zu räumen. Verschenkt jemand auf Facebook Puzzles mit dem Vermerk «Bin nicht sicher, ob noch komplett» so denke ich, nicht mal meinem ärgsten Feind würde ich sowas schenken.

Doch da steht es nun trotzdem, dieses Puzzle mit seinen 2000 Teilen. Ganz schön einschüchternd. Erst auf dem Esstisch, bis wir feststellen, dass wir über die Festtage doch gerne den ganzen Tisch zur Verfügung hätten. Also rauf auf den Gang zwischen die beiden Kinderzimmer. 2000 Teile und ich bin am Rand des Wahnsinns.

Auch Mama kann nicht alles

Dabei wäre meine Aufgabe, die Randteile zu suchen. Diese Funktion teilen mir meine Töchter zu. Doch dieses Scharren in der Schachtel macht mich wahnsinnig. Es klingt, wie wenn unsere Katze im Katzenklo ihr Häufchen verscharrt. Und doch will ich es. Dieses Adventsritual auf Wunsch des kleinen Fröleins. Auch wenn das Motiv so gar nicht winterlich ist. Es sei denn, man fliegt auf die Seychellen. Auf der Schachtel liegt eine bunte Unterwasserwelt, auf dem Tisch ein unkontrollierter Haufen kleiner Teile.

Auch mal zugeben als Eltern, dass man etwas gar nicht gut kann. Mich ausserhalb meiner Komfortzone bewegen. Dies scheint mir so wichtig. Und das tut auch meinen Kindern gut, ich sehe es ihnen an. Zu sehen, dass ich als Mama bei weitem nicht alles kann und weiss. Zu sehen, dass ich mich bemühe und auch den Mut zum Scheitern habe. Zu erfahren, dass sie etwas so viel besser können als ich.

Ist der Weg das Ziel?

Wenn das so weitergeht, so denke ich, werden wir das Puzzle bis Ostern fertiggestellt haben. 2000 kleine Teile. Ich drehe durch. Man sucht ständig nach einem Teil des scheinbar endlosen Puzzles. Wann habe ich zuletzt etwas gemacht, wo am Ende kein Produkt herauskommen muss? Zeit verschenken, Zeit nehmen, einfach sein? Das muss lange her sein, so denke ich.

Oftmals treffen wir uns abends vor dem Ins-Bett-Gehen am Puzzletisch. Ich muss zugeben, dieses Puzzeln entschleunigt. Man vergisst sich dabei und die Zeit auch. Gut sind gerade Schulferien. Ich mag die Gespräche, die zwischen mir und meiner grossen Tochter spätabends beim Puzzeln entstehen.

Zwei Nachteulen beim Puzzeln

Die Medienzeit ist längst aufgebraucht. Die beiden anderen Familienmitglieder schlafen schon. Nur noch wir beide – die Nachteulen – sind voller Tatendrang. Wir treffen uns am Puzzletisch mit einem fancy Getränk – inspiriert von YouTube, Pinterest und Co. – und puzzeln.

Ich erfahre Dinge von ihr, die ich sonst wohl nicht erfahren hätte. Zumindest nicht, wenn wir einen Film geguckt hätten. Sie scharrt und erzählt. Ich scharre und erzähle. Diese bestimmte Zeit gehört nur uns. Wie wertvoll sie ist für uns beide, denke ich. Sie ist für mich so kostbar, dass ich mich weit ausserhalb meiner Komfortzone bewege.

Richtig hart wird es erst, wenn nur noch Wasserteile übrig sind.
Teilchen um Teilchen wird eingesetzt, bis das Fischlein komplett ist. (Bild: Nadja Stadelmann Limacher)

So viele Wasserteile!

Ich bin so ungeduldig mit solcherlei. Aber dann passen grad drei, vier Teile nacheinander, es stellt sich ein Hochgefühl ein. Das hätte ich nicht erwartet. Das Dopamin wird ausgeschüttet, keine Frage. Wir tanzen um den Puzzletisch. Es tut gut, denn meine Beine sind längst eingeschlafen im Schneidersitz, meine Hüfte knackst und lässt kein Blut mehr durch. Wir sind uns total sicher, das ganze Puzzle heute noch zu schaffen.

Wir schaffen Fisch um Fisch, die Schildkrötenflosse und Korallen. Doch das Ende ist zäh. Weihnachten ist durch und uns bleibt nur noch Meer. Unglaublich viele Teile, in Wasserblau. Na bravo. Hier hilft keine Logik mehr, die wir bei den Fischschuppen teilweise noch hatten. Die sehen alle gleich aus. Es bleibt uns nichts, ausser auf die Form zu gucken und zu probieren. Durchzustehen, denn jetzt aufzugeben, wäre für uns drei keine Option.

Irgendwann, wir schreiben schon das Jahr 2024, fehlen nur noch 28 Wasserteile. Wir sind wild entschlossen, dieses riesige Puzzle bis zum Ende der Schulferien zu schaffen. Bei jedem passenden Teil applaudieren wir und das letzte fehlende Teil setzen die beiden Mädchen gemeinsam ein. Das Hochgefühl war gigantisch und hielt über viele Tage an. Ob wir uns an ein 3000er-Puzzle wagen? Nie im Leben. Wobei: Sag niemals nie.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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