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Unbetreutes Wohnen in Waldibrücke

Problematischer Wohnungsbau im Gewerbegebiet

Der Neubau hat städtische Dimensionen. (Foto: Gerold Kunz)

Die Schweiz teilt sich in betreute und unbetreute Gebiete. Das Emmer Gewerbegebiet Waldibrücke zählt zur zweiten Kategorie. Hier folgt das Bauen betriebswirtschaftlichen Überlegungen. Nun wurde hier mitten im Gewerbegebiet ein Wohnhaus mit städtischen Dimensionen erstellt. Was hat dieses in einem Gebiet zu suchen, an dem Wohnen nicht vorgesehen ist?

Waldibrücke ist ein Verkehrsknotenpunkt. Die Hauptstrasse, die Seetalbahn und die Buslinien 40 und 111 kreuzen hier. Abgesehen von ein paar verstreuten Einfamilienhäusern, die oberhalb der Kantonsstrasse einen Geländesprung als Aussichtsterrasse nutzen, besteht Waldibrücke vorwiegend aus Gewerbebauten.

Am Kreisel steht das Gasthaus Waldibrüggli, das dem Ort mit seiner Schlössliarchitektur etwas Noblesse verleihen will, und das Business- und Ferienhotel Motel Brüggli, das mit der guten Verkehrsanbindung an Luzern für Gäste wirbt.

Mitten in diesem Gewerbegebiet und angrenzend an die Deponiezone Waldibrücke hat das Motel mit einem respektablen Neubau das Wohnangebot massiv vergrössert. Der fünfgeschossige Bau mit einer Länge von 70 Metern und 14 Metern Breite hat städtische Dimensionen, vergleichbar mit der Wohnscheibe zwischen Kaufmannweg und Winkelriedstrasse in der Luzerner Neustadt.

Der Neubau lässt auf der Südostseite die Handschrift eines Architekten vermuten, wohingegen die günstige Ausführung wenig Liebe für das Detail offenbart. Während die Längsseiten mit Einschnitten gut gegliedert sind, zeigen die Stirnseiten mit den mittig platzierten Korridorfenstern das banale Bild des Zweibünders.

Das Wohnhaus ist fremd in der Arbeitszone. (Blld: Gerold Kunz)

Das Geschäftsmodell des Motel Brüggli besteht in Studio-Dauermietern, deren Aufenthalt zu kurz ist, um sich eine Wohnung zu mieten, aber zu lang, um nur ein Hotelzimmer zu beziehen. Der Arbeitszonen IV zugeordnet, dürften hier Wohnungen nur für Betriebsinhaber und für betrieblich an den Standort gebundenes Personal erstellt werden, sagt das kantonale Baugesetz.

Nun wurde mit dem Neubau ein Wohnhaus errichtet, dessen Umfeld aus Asphalt und Metallfassaden besteht. Eine Durchmischung der Nutzungen führt zu lebendigeren Orten, was zu begrüssen ist. Das neue Wohnhaus in Waldbrücke könnte einen Beitrag zur Umdeutung dieses vernachlässigten Gebiets leisten, was es aber nicht tut.

Der Neubau grenzt an die Deponiezone Waldibrücke. (Bild: Gerold Kunz)

Mit dem Neubau, der an die Wohnbedingungen der Mietskasernen des 19. Jahrhunderts erinnert, werden die heutigen Ansprüche an einem Wohnbau an diesen Standort nicht erfüllt, weshalb der Neubau kein Beitrag an die Diskussion leistet, wie sich Gewerbegebiete in Zukunft positiv entwickeln können.

An diesem traurigen Ort hat ein Wohnhaus nichts zu suchen. Wenn hier temporärer Wohnraum dennoch entstehen soll, muss die Bewilligung an eine Aufwertung des Wohnumfelds gekoppelt sein.

Das Wohnumfeld besteht aus Asphalt und Metallfassaden. (Foto: Gerold Kunz)
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