Das sagt die Stadt Luzern

Tagesschule: Klaut die Stadt den Kitas die Betreuer?

Die Kitas leiden unter dem Fachkräftemangel. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Die Stadt Luzern baut die Tagesschule aus. Dafür benötigt sie zusätzliche Betreuerinnen. Nachdem Kritik aufgekommen ist, dass die Stadt den Kitas die Betreuer wegschnappen könnte, nimmt die Stadt nun Stellung: Sie zahlt zwar deutlich mehr – aber es gibt Nachteile.

Die Stadt Luzern ist überzeugt: Schule ist mehr als nur Unterricht. Künftig sollen Kinder deshalb von 7 bis 18 Uhr in der Schule betreut werden können. Das neue Tagesschulmodell fand bei der Stimmbevölkerung grossen Anklang – fast 80 Prozent sprachen sich im Juni dafür aus (zentralplus berichtete).

Um die Kinder zu betreuen, benötigt die Stadt Luzern nicht nur mehr Räume, sondern auch mehr Personal. Unter anderem sind 800 zusätzliche Stellenprozente für Betreuerinnen, weitere 30 Prozent in der Leitung der Betreuung sowie 170 neue Stellenprozente in der Aufgaben- und Lernbegleitung vorgesehen.

zentralplus fragte sich bei der Bekanntgabe der Idee, wo die Stadt Luzern das Betreuungspersonal herzaubert. Denn: Betreuer gibt es nicht wie Sand am Meer. Ende 2022 schlugen die Stadtluzerner Kitas gar Alarm. Wegen fehlendem Personal müssten sie teilweise ihre Öffnungszeiten anpassen, Plätze reduzieren oder die Aufnahme neuer Kinder verschieben (zentralplus berichtete).

Betreuer würden «die Seite wechseln»

Kibesuisse, der Verband Kinderbetreuung Schweiz, berichtete daraufhin vom neuen Konkurrenten. Da Schulen mehr Geld als Kitas zur Verfügung hätten, würden die Betreuungsfachpersonen die Seite wechseln. Das äusserte der Verband gegenüber dem Sozial-Branchenportal «Sozialinfo».

Die Stadtluzerner Politiker Marco Müller und Selina Frey reichten daher namens der Grünen- und Junge-Grünen-Fraktion eine Interpellation ein. Keinesfalls dürfe das neue Angebot der Stadt Luzern dazuführen, dass mittelfristig nicht mehr genügend Betreuungsplätze in den Kitas zur Verfügung stehen, forderten sie. Deswegen soll die Stadt als Arbeitgeberin gleich lange Spiesse wie die privaten Kitas schaffen.

Bis zu 20'000 Franken mehr pro Jahr

Nun äussert sich der Stadtrat. Was direkt klar wird: Betreuer verdienen bei der Stadt in der Regel wirklich deutlich mehr als in privaten Betreuungsstätten. So erhält beispielsweise eine Kindheitspädagogin HF beim Berufseinstieg bei der Stadt 81'140 Franken pro Jahr. In privaten Kitas würde sie im Jahr zwischen 61'000 und 65'000 Franken verdienen. Auch bei den FaBes zeigen sich deutliche Unterschiede.

Die Grünen finden, dass es keine Lohnunterschiede zwischen den Kitas und der schulergänzende Betreuung geben sollte. Basel-Stadt habe hier kürzlich die Subventionierung der privaten Betreuungsstätten entsprechend angepasst.

Auch der Luzerner Stadtrat plant, die Rahmenbedingungen für Kitas und Tagesfamilien zu verbessern. Die Betreuungsstätten sollen ihre Ressourcen ausbauen und konkurrenzfähige Löhne bezahlen können. Das schreibt er in der Antwort auf die Interpellation. Dafür werde die Regierung dem Parlament einen Bericht vorlegen. In diesem Zusammenhang müsse jedoch noch geprüft werden, wie stark die Stadt auf die Löhne in den Kitas direkt Einfluss nehmen soll und darf.

Stadt bietet kaum Vollzeitpensen

Als Betreuerin bei der Stadt angestellt zu sein, berge jedoch nicht nur Vorteile – findet der Stadtrat. Die Betreuung findet dort ausschliesslich vor und nach den Unterrichtszeiten sowie über dem Mittag statt. Dadurch kann die Stadt dem Betreuungspersonal nur eher geringere Arbeitspensen anbieten. Von den 141 ausgebildeten Personen, die aktuell in der Schulbetreuung arbeiten, verfügen lediglich 17 Mitarbeiter über ein Pensum von mehr als 70 Prozent.

Darüber hinaus sieht der Stadtrat noch einen weiteren Vorteil für gewisse Angestellte in privaten Kitas. Anders als in der Volksschule müssen diese ihre Ferientage nicht während den Schulferien nehmen.

Stadt soll Nachwuchs ausbilden

Weiter wollten die Parlamentarierinnen vom Stadtrat wissen, inwiefern die Stadt Nachwuchs ausbildet. Sie schrieben dazu: «Es kann nicht sein, dass die Stadt selber kaum ausbildet, sondern durch die Kitas ausgebildete Personen wegschnappt.»

Aktuell begleite die Volksschule in der Betreuung insgesamt 14 Auszubildende (9 EFZ FaBe und 5 Studierende HF/FH), schreibt der Stadtrat in der Antwort. Demgegenüber stehen 128 Lernende FaBe und 19 Lernende für einen tertiären Abschluss, die ihre Ausbildung in privaten Kitas absolvieren.

Der Stadt Luzern sei es jedoch wichtig, die eigene Nachwuchsförderung weiter auszubauen. Eine Projektgruppe sei das Praxisausbildungskonzept aktuell am Überprüfen. Was bereits klar ist: Per Schuljahr 2024/25 sollen mindestens 17 Auszubildende begleitet werden – also drei mehr als im aktuellen Jahr.

Betreuung bei Tagesfamilien sei bereits gut subventioniert

Keinen Handlungsbedarf sieht der Stadtrat hingegen bezüglich der Tagesfamilien. Die Interpellanten fordern auch bei dieser Betreuungsform gleich lange Spiesse, da die Betreuung der Volksschule nicht für alle Kinder das richtige Setting sei.

Laut der Stadt sei die Subventionierung der Betreuung bereits heute gewährleistet. Bedingung: Die Tagesfamilie muss bei einer Vermittlungsstelle angeschlossen sein. Bei der Weiterentwicklung des Systems der Betreuungsgutscheine werde die Tagesfamilie auch nach wie vor berücksichtigt, versichert der Stadtrat.

Verwendete Quellen
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