Kinder, die ihr eigenes Schulzimmer putzen müssen. Das ist in Japan gang und gäbe. Und neuerdings auch in Emmen – gezwungenermassen. In den Zimmern, Gängen und Toiletten der Emmer Bildungshäuser würden nämlich teilweise «regelrecht eklige Zustände» herrschen.
Das ist in einem am Montag eingereichten Vorstoss der SP Emmen zu lesen. Das Reinigungspersonal hätte aufgrund von Einsparungen seitens der Gemeinde nicht mehr genügend Zeit für gründliches Putzen. Deswegen sähen sich die Lehrer veranlasst, in ihrer Freizeit und während den Lektionen zusammen mit den Kindern den Staubwedel zu schwingen, heisst es im Vorstoss.
Die SP-Einwohnerräte Judith Suppiger und Simon Oehen fordern deshalb im Namen ihrer Fraktion, dass die Gemeinde das Putzregime in ihren Schulen anpasst, damit Reinigungskräfte wieder genügend Zeit für ihre Aufgabe haben. Auf Anfrage von zentralplus erklärt Suppiger, wie prekär die Lage sei.
Toilettenwände nur ein- bis zweimal pro Jahr geputzt
«Es sind viele kleine Unsauberkeiten, die sich ansammeln und gesamthaft zu einem unangenehmen, unhygienischen Eindruck führen», sagt Suppiger, die die Situation gesehen hat. «Eltern kommen in die Schulen und sagen ‹Man, ist das dreckig bei euch›.» Ein Beispiel seien die Toiletten. Dort würden die Keramikwände nur ein- bis zweimal pro Jahr geputzt.
Laut Lehrerinnen, die sich bei Suppiger gemeldet haben, sehe es in verschiedenen Schulhäusern unschön aus. Seit ungefähr zwei Jahren bestehe das Problem, führt sie aus. «Viele Lehrpersonen wissen, dass ich Einwohnerrätin bin und sind deshalb auf mich zugekommen.»
Am Wochenende die Schule putzen
Den Lehrern bleibe teils auch nichts anderes übrig, als die Kinder beim Putzen miteinzubeziehen. «Bei den Zwölfjährigen geht das recht gut, bei den Sechsjährigen bleibt dann aber letztlich doch alles an der Lehrperson hängen», erzählt Suppiger.
Viele opfern deshalb ihre Freizeit. «Manche Lehrpersonen fühlen sich gezwungen, am Wochenende ihr Schulzimmer zu putzen», sagt die SP-Einwohnerrätin. Dies sei schon mehrmals vorgekommen. Andere täten es am Abend nach dem Unterricht, wenn die Zeit es zuliesse.
Gemeinde hat nicht reagiert
Dass sie nun zusammen mit Simon Oehen einen Vorstoss lanciert hat, wäre laut Suppiger vermeidbar gewesen. «Ich habe bereits mehrmals das Gespräch mit den Verantwortlichen der Gemeinde gesucht», erklärt sie. Die betreffende Stelle hätte sie aber stets vertröstet und das Begehren auf die lange Bank geschoben.
Die SP Emmen stellt mit Brahim Aakti den Bildungsdirektor der Gemeinde Emmen. Wie Suppiger ausführt, sei die Sauberkeit in den Räumlichkeiten der Emmer Schulen aber keine Sache, die unter die Verantwortung ihres Parteikollegen falle. Dies sei Angelegenheit der Immobilienverwaltung.
Die Reputation der Emmer Schulen stehe auf dem Spiel
Gemäss Suppiger sind saubere Schulräume eine Grundvoraussetzung für ein gutes Lernklima. Überdies schaden die jetzigen Zustände auch dem Ruf der Schulen in Emmen. «Lehrpersonen, die hier arbeiten wollen, entscheiden sich aufgrund der hygienischen Situation vielleicht dagegen und gehen in eine andere Gemeinde», argumentiert sie.
Damit könne die Suche nach neuen Lehrkräften erschwert werden. Und: Die Arbeitsbelastung der angestellten Lehrerinnen werde durch den zusätzlichen Reinigungsaufwand unnötig gesteigert.
Ob und wie sich die Lage in den Schulzimmern von Emmen verbessern wird, ist noch nicht bekannt. Dies wird sich zeigen, nachdem sich der Gemeinderat mit dem Vorstoss befasst hat.
Nathan Affentranger ist seit März 2024 Praktikant bei zentralplus. Er hat einen Entlebucher Dialekt, eine Antipathie für Beamtensprache und ein Masterdiplom in Philosophie. Am liebsten schreibt er über die kleinen Absurditäten des Alltags.