Malters hässig

Tempo-30-Trödelei: Darum bekommt der Kanton eine Torte

Am Donnerstag haben Vertreter den offenen Brief und die Torte an das Baudepartement übergeben. (Bild: mik)

Die Gemeinde Malters wartet seit fast einem Jahrzehnt auf ein Lärmschutzprojekt auf ihren Kantonsstrassen. Passiert ist seither: nichts. Obwohl alle Gutachten vorlägen. Die Politik und die Malterser üben sich in Galgenhumor.

«Wir sind zwar verärgert, aber haben euch trotzdem eine Torte mitgebracht», sagt Michael Töngi und überreicht dem Luzerner Baudepartementssekretär die Leckerei samt einem offenen Brief. Eigentlich sollten ja noch zehn Kerzen drinstecken, witzelt der Präsident des Verkehrs-Clubs Schweiz (VCS) Luzern. Doch trotz der Geburtstagstorte gibt es für den Verkehrsverband nichts zu feiern. Der Grund prangt mitten auf dem Pausenschmaus für die Kantonsmitarbeiter: ein roter Kreis mit der Zahl 30 in der Mitte.

Die Geschichte dahinter reicht fast ein Jahrzehnt zurück. Damals ist ein Lärmschutzprojekt für die Kantonsstrasse mitten durch den Malterser Dorfkern aufgelegen. Der VCS Luzern hat 2014 mit einer Einsprache die Prüfung von Tempo 30 gefordert, auch der Gemeinderat Malters zeigte sich offen gegenüber der Idee. Danach passierte einige Jahre nichts – bis die IG Malters 2019 mit einer Petition nachdoppelte. Der Kanton prüfte daraufhin das Anliegen (zentralplus berichtete).

Seit 2020 lägen nun alle erforderlichen Gutachten vor, die Massnahme werde als verhältnismässig angesehen. Doch noch immer fahren Autofahrerinnen mit 50 Kilometern pro Stunde durch Malters. «Das ist einfach unhaltbar», so VCS-Präsident Töngi bei der Übergabe. Insbesondere da nach Bundesgesetz Lärmschutzsanierungen seit Ende März 2018 abgeschlossen sein müssten.

Versachlichung der Tempo-30-Debatte

Dieser Meinung sei auch die Luzerner GLP-Co-Präsidentin Riccarda Schaller, wie sie am Telefon sagt. Sie wohnt in Malters zwar abseits der Kantonsstrassen, trotzdem ist ihr das Problem bestens bekannt. «Wir wollen Lärmschutz und Tempo 30 als Gemeinde. Und das sind nur Leute, die direkt an der Strasse vom Lärm betroffen sind.»

Bekannt für brenzlige Situationen: Wo die Hellbühlstrasse, Schwarzenbergstrasse und Kantonsstrasse in Malters aufeinandertreffen. (Bild: zvg)

Auch Eltern stünden hinter dem Projekt, so die zweifache Mutter. Der Schulweg der Kinder führe direkt an der Kantonsstrasse entlang. Nebst der Betroffenheit liege ihr das Thema auch als Grünliberale am Herzen: «Wir wünschen uns eine Versachlichung der Debatte. Tempo 30 wird immer extrem emotional diskutiert, dabei ist das aktuelle Gesetz klar.» Gerade in den Dorfzentren, wo die Pläne vorlägen, solle Tempo 30 bewilligt und ermöglicht werden.

Personalprobleme bis Vorstösse

Dass das Malterser Lärmschutzprojekt immer noch nicht umgesetzt ist, bezeichnet Schaller als «Hinhaltetaktik». Getreu dem Sprichwort: «Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe.» Als Kantonsrätin habe sie bereits mehrmals in der Kommission nachgefragt. Zuerst hätte es noch geheissen, es fehle das Personal. «Da hatte ich auch ein gewisses Verständnis. Obwohl ein Projekt nach so langer Zeit in der Prioritätenliste oben ausschwingen müsste», so Schaller.

Später jedoch begründete die Verwaltung mit den hängigen politischen Vorstössen der SVP, welche gegen Tempo 30 auf Hauptstrassen weibelt. An der damaligen Kantonsratssitzung im März 2023 meinte Baudirektor Fabian Peter (FDP) noch: «Es wäre ein schlechtes Präjudiz, wenn jetzt ein Moratorium der aktuellen Gesetzgebung und des Vollzugs umgesetzt würde für eine Initiative, die erst in der Sammelfrist ist.» Faktisch legte er trotzdem hängige Tempo-30-Projekte auf Eis (zentralplus berichtete).

«Das fand ich nicht mehr okay. Das Projekt in Malters liegt seit 2014 – lange vor dieser politischen Diskussion – vor und hat die rechtliche Grundlage, umgesetzt zu werden», so Schaller. Zumal ein vom Kanton in Auftrag gegebenes Gutachten zum Schluss kam, dass die Verfahren nicht grundlos aufgeschoben werden dürfen. Die Gemeinden hätten einen Anspruch darauf, dass ihre Gesuche zeitnah behandelt würden (zentralplus berichtete).

Bevölkerung soll gehört werden

Mit politischen Vorstössen Druck zu machen, ergebe aus ihrer Sicht wenig Sinn, denn eine Diskussion im Parlament stehe ja bevor. «Für Malters braucht es nur noch das Go des Kantons.» Deshalb hoffe sie, dass mit dem offenen Brief die Stimmen der Bevölkerung gehört würden, das Anliegen mehr Gewicht erhielte und versachlicht werde. Nebst dem VCS und Ortsparteien haben den Brief auch Organisationen wie der Kreis junger Eltern, die IG Malters und verschiedene Einwohnerinnen unterzeichnet.

«Ich hoffe, dass nun etwas geht. Das Projekt ist die Umsetzung von geltendem Recht. Meine Erwartung ist, dass der Kanton dieses anwendet.» Im Brief geben sie dem Kanton bis zum 8. Oktober Zeit – dem 10-Jahr-Jubiläum seit der öffentlichen Auflage.

Was dieser zum Brief und den Vorwürfen sagt, ist noch unklar. Wie Baudepartementssekretär Thomas Buchmann auf Anfrage schreibt, werde das Departement erst mit der Beantwortung des Briefs Stellung beziehen. Darin werde der Kanton auch die weiteren Schritte aufzeigen. «Wir haben Verständnis für das Anliegen der Bevölkerung aus Malters – insbesondere der lange Planungszeitraum ist unbefriedigend.» Trotzdem dürfen die Malterserinnen hoffen: «Es liegt auch im Interesse des Kantons das Projekt in Malters nun zeitnah voranzubringen», fügt Buchmann an. Die Dienststelle Verkehr und Infrastruktur arbeite derzeit am Projekt.

Hinweis: Der Artikel wurde mit einer kurzen Stellungnahme des Kantons ergänzt.

Verwendete Quellen
  • Augenschein bei der Übergabe des Briefes
  • Lärmschutzverordnung des Bundes
  • Medienmitteilung des VCS Luzern
  • Offener Brief des VCS, Malterser Ortsparteien und Privatpersonen
  • Telefonat mit Riccarda Schaller, Luzerner GLP-Co-Präsidentin
  • Schriftlicher Austausch mit Thomas Buchmann, Departementssekretär des Luzerner Baudepartements
  • Medienarchiv zentralplus
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