Ist Fangewalt-Initiative Patentlösung oder Papiertiger?
Die Mitte hat ihre kantonale Fangewalt-Initiative mit tausenden Unterschriften eingereicht. zentralplus wollte von den anderen Luzerner Parteien wissen, ob sie die Initiative unterstützen.
Mindestens 4500 Luzerner finden die Lösungsansätze der Mitte im Kampf gegen Gewalt und Vandalismus rund um die Heimspiele des FC Luzern gut. Sie haben die kantonale Fangewalt-Initiative unterschrieben (zentralplus berichtete).
Darin fordert die Mitte erstens die Einführung personalisierter Tickets. Zweitens soll die Luzerner Polizei den Gästefans – in Absprache mit dem FCL und dem Gastclub – Auflagen zur Anreise machen. Und drittens will die Mitte das bereits bekannte Kaskadenmodell gesetzlich verankern.
zentralplus hat sich mit der Luzerner Politik über die Fangewalt-Initiative unterhalten. Zu Wort kommen Kantonsrätinnen, die in der Justiz- und Sicherheitskommission (JSK) Einsitz haben. In einer Sache sind sie sich – für einmal – alle einig:
Fangewalt finden alle doof
Dass die Fangewalt ein Problem darstellt, finden Politiker von links bis rechts. Die FDP verurteilt Fangewalt, möchte sich aber als einzige Partei noch nicht zur Initiative äussern. Man werde dies «zu gegebener Zeit» tun, verspricht JSK-Mitglied Eva Forster.
«Nicht tolerierbar» ist die Fangewalt gemäss Ursula Berset von der GLP, «inakzeptabel und nicht zu rechtfertigen» gemäss Anja Meier von der SP. Ins gleiche Rohr bläst Rahel Estermann von den Grünen, die «sichere und friedliche Fussballspiele» zum gemeinsamen Ziel erklärt.
Und auch Mario Bucher findet Fangewalt «höchst problematisch und untragbar». Der SVP-Kantonsrat sagt: «Es zeigt ein wenig, wohin sich unsere Gesellschaft hinentwickelt, was sehr besorgniserregend ist.»
Parolen zur Initiative der Mitte noch nicht gefasst
Ob die SVP die Initiative unterstützen wird, bleibt aber genauso unklar wie die Parolenfassung der FDP. Hingegen geht Ursula Berset davon aus, dass die GLP die Initiative nicht unterstützen wird. Auch SP-Kantonsrätin Anja Meier glaubt, dass die Initiative in ihrer Partei einen «schweren Stand» haben wird. Derweil stellt Rahel Estermann zwar klar, dass die Grünen ihre Parole erst noch zu fassen hätten. Doch ihrerseits sei mit Widerstand zu rechnen.
Offen bleibt also, ob die Mitte mit der Unterstützung des rechten Lagers im Kantonsrat rechnen darf. Links-grün und die GLP dürften die Initiative bekämpfen. Mitentscheidend wird letztlich auch sein, ob der Regierungsrat die Initiative bekämpft und einen Gegenvorschlag ausarbeitet.
Ist die Initiative ein Papiertiger?
Mit ihrer Fangewalt-Initiative fordert die Mitte eine Anpassung des kantonalen Polizeigesetzes. Dabei setzt sie auf Massnahmen, deren Umsetzung durch die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen (KKJPD) auf nationaler Ebene bereits in Aussicht gestellt worden sind.
So kommt das Kaskadenmodell, basierend auf Kollektivstrafen wie Sektorsperren oder – im Extremfall – Geisterspielen, per Saison 2024/2025 zum Tragen (zentralplus berichtete). Auch personalisierte Tickets wollen die Behörden auf nationaler Ebene einführen (zentralplus berichtete).
Neu ist hingegen, dass die Luzerner Polizei den Gästefans Auflagen zur Anreise machen soll.
Kantonale versus nationale Lösung
Für Mario Bucher (SVP) kein Problem: «Dass man nationale Massnahmen kantonal mit Nachdruck fordert, um allenfalls schneller das gewünschte Ergebnis zu erzielen, empfinde ich nicht als negativ – obwohl nicht gross wirkungsvoll», sagt er.
Anders klingt es bei Anja Meier (SP): «Wir sind erstaunt, weil sich die Mitte sonst stets gegen angeblich ‹unnötige› Gesetzesänderungen oder Gesetzesänderungen ‹auf Vorrat› ausspricht.» Rahel Estermann doppelt nach. «Die Mitte und ihre Initiative sind populistisch und nicht an den funktionierenden Lösungen interessiert», findet sie.
Derweil spricht sich Ursula Berset (GLP) für nationale Lösungen aus. Schliesslich trete Fangewalt grundsätzlich bei Spielen mit Teams aus verschiedenen Kantonen auf.
Personalisierte Tickets
Auch bei den personalisierten Tickets scheiden sich bekanntlich die Geister. Wann sie auf nationaler Ebene eingeführt werden, ist unklar. Denn erst muss die KKJPD das Hooligan-Konkordat entsprechend anpassen (zentralplus berichtete).
Die Mitte, die sich schon seit Jahren für die Einführung ausspricht (zentralplus berichtete), erhält nun Unterstützung von der GLP. Ursula Berset sagt, personalisierte Tickets seien ein «guter Weg», um Straftäter aus der Anonymität zu holen.
Gegen die Einführung sind die linken Parteien. So ist die Grüne Rahel Estermann – genauso wie Anja Meier von der SP – überzeugt, dass personalisierte Tickets die Gewalt, die meist ausserhalb des Stadions stattfinde, nicht verhindern würden.
Aus anderen Gründen hegt Mario Bucher (SVP) Zweifel an der Massnahme. «Personalisierte Tickets funktionieren im Stadion nur mit festgelegten Sitzplätzen», sagt er. «Die Stehplätze wären somit Geschichte, was ich persönlich begrüssen würde.» Denn dort lasse sich die Anonymität auch mit personalisierten Tickets ausleben.
Triggerthema Kaskadenmodell
Fast so emotional wie die personalisierten Tickets wurde in den letzten Monaten das Kaskadenmodell diskutiert. Dieses kommt per Saison 2024/2025, soll gemäss Fangewalt-Initiative der Mitte aber zusätzlich im kantonalen Polizeigesetz verankert werden. Es funktioniert wie folgt:
SVP-Kantonsrat Mario Bucher findet das Kaskadenmodell in dieser Form «nicht schlecht», fordert aber eine fünfte Stufe: den Punkteabzug. In einem ersten Entwurf sah die KKJPD denn auch Forfait-Niederlagen vor. Auf Wunsch der Liga und der Super-League-Clubs verzichtete sie aber auf diese fünfte Stufe.
Wirksamkeit von Kollektivstrafen fraglich
Eine gesetzliche Verankerung des Kaskadenmodells hält GLP-Politikerin Ursula Berset für zu starr. Erstens müsse das Kaskadenmodell erst seine Wirkung beweisen. «Erste Versuche waren nicht nur positiv», gibt sie zu bedenken. Zweitens sei ein agiles Vorgehen, das auf neue Entwicklungen reagieren könne, zu bevorzugen.
Anja Meier (SP) verweist auf den richterlichen Grundsatzentscheid in Bezug auf die derzeit hängige Beschwerde des FCZ, der wegen der Sperrung seiner Südkurve vor Gericht zog (zentralplus berichtete). Dass die grosse Mehrheit der friedlichen Fans für das «Chaotentum einzelner» bestraft werde, sei rechtlich und praktisch bedenklich.
«Weder zielführend noch durchsetzbar» ist das Kaskadenmodell gemäss Rahel Estermann (Grüne). Sie verweist auf das FCL-Auswärtsspiel in St. Gallen, wo die Sicherheitsverantwortlichen die Gästesektorsperre kurzerhand ausser Kraft setzten – weil mehr als 800 Luzerner vor den Toren des Stadions Einlass verlangten (zentralplus berichtete).
Wer ist für die Anreise verantwortlich?
Dass für den Transport Hunderter Gästefans neuerdings der Kanton mitverantwortlich sein soll, geht Mario Bucher (SVP) gegen den Strich. «Davon halte ich persönlich nichts», sagt er.
Rahel Estermann (Grüne) ist auch gegen Anreiseauflagen, sie verortet das Problem woanders. Ohne Dialog sei davon auszugehen, dass sich die Fans nicht an die einseitig verfügten Auflagen hielten. Sie teilt damit die Bedenken von Szenekennerinnen.
SP-Kantonsrätin Anja Meier wiederum betont, dass auch die Clubs und Fans ihren Beitrag zu leisten hätten. Sie habe nichts gegen Anreiseauflagen, solange diese «auf einer sorgfältigen Risikoanalyse» basierten und verhältnismässig seien.
«Wenn die Luzerner Polizei dies als wirkungsvolles Instrument erachtet, dann unterstützen wir das», spielt Ursula Berset (GLP) den Ball in Sachen Anreiseauflagen weiter. Wie und wann die Regierung den Ball aufnimmt, wird sich zeigen. Sie hat nach Einreichung der Initiative ein Jahr Zeit, eine Botschaft dazu auszuarbeiten.
Gewalt ist nicht tollerierbar.
Hier wird jedoch aus einer Mücke ein Elefanten gemacht. Beziehungsweise Politiker gehen mit Propaganda auf Stimmenfang. 99% der Zuschauer sind friedlich, 99% der Spiele sind ohne Probleme. ID Kontrollen, bringen nichts oder warum gibt es beim EVZ weiterhin Ausschreitungen und das mit Gegenständen bewerfen vom Eisfeld nach Schiedsrichter Entscheidungen ist auch noch vorhanden. Um Stadionverbot auszusprechen reicht bereits der Verdacht. Ohne Beweise, einfach willkürlich.
Wenn also die ID Pflicht kommt, kann ich SV erhalten nur weil einer, der die gleiche Haar- und Augenfarbe hat, wie ich auf dem Pass habe, eine Fackel zündet. Ein Blick in die Hoogan Datenbank (die, welche die KKJPD erschaffen hat) zeigt, dass durchaus Menschen erwischt werden. Also ist es nicht so, dass nichts passiert. Die KKJPD erwähnt halt, aus politischen Gründen, die ausgesprochenen SV nicht. Es wäre besser den guten Weg des Dialogs weiter zu führen als Geisterspiele gutzuheisen.
In Luzern ist die Fanszene auf einem sehr guten Weg.
Das grösste Theater ist doch wohl die Politik! Wie in Zürich, die Ultras verhaften. Die gleichen Chaoten sind ja nicht nur in Luzern präsent und bedrohen Unschuldige. Endlich konsequent durchgreifen, um die Sicherheit friedlicher Bürger zu schützen.
Massnahmen die seit Jahren nicht funktionieren, werden auch in Zukunft nicht zum Ziel führen. Es braucht neue Ansätze, welche Die Mitte Initiative liefert, damit Fussballspiele bald wieder Familienevents werden.