Regierung verweist auf Bericht

Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich: Luzern schaut zu

Jeder Vierte in Luzern besitzt kein Vermögen. Gleichzeitig haben wenige Reiche immer mehr. (Bild: Symbolbild: Emanuel Ammon/Aura)

Luzerner verdienen heute im Vergleich zu den vergangenen zehn Jahren zwar mehr. Gleichzeitig ist das Geld aber ungleicher verteilt. Auf die steigende Ungleichheit angesprochen, meint der Kanton, er tue schon genug.

Das bestverdienende Viertel der Luzerner Haushalte verdient mehr als die Hälfte des gesamten Einkommens im Kanton Luzern. Zudem besitzt ein Viertel der Luzerner 90 Prozent des gesamten Vermögens im Kanton. Auf der anderen Seite verdient das schlechtestverdienende Viertel der Luzerner Haushalte lediglich 6,8 Prozent des ganzen Einkommens. Und etwas mehr als jeder Vierte besitzt kein Vermögen.

Diese finanzielle Ungleichheit im Kanton Luzern hat in den vergangenen zehn Jahren zugenommen, wie eine Auswertung von Lustat Statistik Luzern zeigt (zentralplus berichtete). Besorgt ob dieser Entwicklung stellte Grüne-Kantonsrat Samuel Zbinden eine Reihe von Fragen an die Regierung. Wie schätzt sie diese Zahlen ein? Wie beurteilt sie in diesem Rahmen ihre Steuer- und Sparpakete? Und was tut sie dagegen? Am Dienstag hat der Luzerner Regierungsrat nun dazu Stellung bezogen.

Sozialhilfe hilft – aber nicht allen

Auch der Kanton Luzern beurteilt die Lustat-Auswertung so, dass die finanzielle Ungleichheit im Kanton Luzern zugenommen hat. Dabei öffne sich die Schere zwischen Arm und Reich vor allem im Pensionsalter, wo Erträge aus etwaigen Vermögen ihre Wirkung entfalteten. Trotzdem klopft sich der Kanton Luzern in seiner Antwort auch selbst auf die Schulter: «Die Studie bestätigt aber auch, dass der Kanton Luzern über ausdifferenzierte Sozialleistungen verfügt, welche die finanzielle Armut zielgerichtet und effektiv bekämpfen und die Existenzsicherung der Luzerner Haushalte gewährleisten.»

Gemäss der Studie heben die Luzerner Sozialleistungen etwas mehr als die Hälfte der Armutsbetroffenen über die Armutsgrenze. Damit verbleiben noch knapp 14'500 Personen unter der Armutsgrenze, darunter insbesondere Alleinerziehende und Alleinstehende. Laut Lustat können Gründe für diese verbleibenden Armutsbetroffenen sein, dass sie zu wenig oder keine Sozialleistungen beziehen, obwohl sie Anspruch darauf hätten. Viele wissen auch nicht, dass sie Anspruch darauf hätten, wie eine Caritas-Schuldenberaterin vor Kurzem zu zentralplus sagte. Auch aus Scham würden viele auf Sozialhilfe verzichten (zentralplus berichtete).

Kanton verteidigt seine Steuerstrategie

Kantonsrat Zbinden befürchtet, dass diese «extreme finanzielle Ungleichheit» auch Auswirkungen auf den sozialen Zusammenhalt in Luzern haben könnte. Doch die Regierung teilt seine Bedenken nicht. Sie verweist darauf, dass dieser sich aus verschiedenen Indikatoren zusammensetze, beispielsweise auch aus dem sozialen Umfeld der Bevölkerung. Und dieses sei etwa gleich stabil wie noch vor zehn Jahren. Er stelle deshalb «keine Auswirkungen auf den Zusammenhalt» fest.

In weiteren Fragen greift der Grünen-Kantonsrat die Luzerner Steuerpolitik an. Im Zeitraum der Studie habe der Kanton Luzern diverse Steuersenkungen für Firmen und Reiche beschlossen und gleichzeitig Sparpakete für die breite Bevölkerung geschnürt. Auch kritisiert Zbinden die anstehende Steuergesetzrevision, mit der der Kanton gewisse Abzüge für Private erhöht, aber gleichzeitig Firmen stark entlastet (zentralplus berichtete).

In seiner Antwort verteidigt der Kanton einmal mehr seine Steuerstrategie: Durch diese habe die Steuerbelastung aller reduziert werden können, während die Steuererträge deutlich zugenommen hätten. Zur Steuerentlastung von Gutverdienern schreibt der Kanton: «Damit die steuerliche Umverteilung seine Wirkung entfalten kann, braucht es genügend einkommensstarke und vermögende Personen. Die Transferleistungen zugunsten von Personen mit tiefem Einkommen müssten sonst über zusätzliche Verschuldungen oder höheren Steuern umgesetzt werden.» Und für die Steuergesetzrevision betont der Kanton erneut, dass diese «ausgewogen» sei und sowohl Firmen als auch Privaten zugutekomme.

Vorhandene Massnahmen genügten

In seiner Anfrage fragt Zbinden auch nach möglichen Massnahmen gegen die Ungleichheit und das Armutsrisiko. Dabei zeigt sich die Regierung überzeugt von ihren heutigen Massnahmen. Der Anteil Armutsbetroffener, die trotz Sozialleistungen verbleiben, habe sich seit 2011 nicht verändert, so der Kanton.

«Der Regierungsrat stellt entsprechend fest, dass die vorhandenen Massnahmen zur Umverteilung mittels Sozialtransfers, namentlich individuelle Prämienverbilligung, Ausbildungsbeiträge, Alimentenbevorschussung, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV und wirtschaftliche Sozialhilfe effektiv zur Linderung der Armut beitragen und somit ihren Zweck erfüllen.»

Wer in Luzern Prämienverbilligung beanspruchen will, muss sich anmelden. (Bild: ida)

Grundsätzlich sei Armutsbekämpfung jedoch Sache der Gemeinden. Einige zusätzliche Massnahmen ergreife der Kanton trotzdem, wie er auflistet: Bildungsgutscheine, damit Personen eine (neue) Stelle finden und so ihre finanzielle Situation verbessern können. Der Ausbau der «frühen Förderung», etwa Elternbildung und -beratung, frühe Sprachförderung oder die Baby- und Kleinkindsprechstunde. Und eine bessere Vernetzung zwischen den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren, der gemeindlichen Sozialhilfe und der WAS IV.

Eine weitere Auslegeordnung und Beurteilung der Massnahmen wolle er voraussichtlich 2027 im Rahmen des nächsten «Wirkungsberichts Existenzsicherung» durchführen.

Verwendete Quellen
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