Es wäre ein Novum

Crack auf Rezept? So steht Kanton Luzern zur Kokain-Abgabe

Sollen die Kantone Kokain abgeben? (Bild: Adobe Stock)

Die Eidgenössische Suchtkommission schlägt vor, Kokain wie Heroin an Süchtige abzugeben. Damit soll die Suchtproblematik entschärft werden. In der Kokain-Hochburg Luzern ist die Idee einen Gedanken wert.

Sie sei besorgt. So schreibt es die Eidgenössische Kommission für Fragen zu Sucht und Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (EKSN) kürzlich in einem Aufruf an den Bund und die Kantone. Der Grund für die Sorgen: Kokain und Crack.

Die schnell süchtig machende Droge ist auf dem Vormarsch, auch in Luzern, wie die EKSN schreibt – was die Luzerner Behörden längst wissen. Sie haben daher bereits eine Reihe von Massnahmen ergriffen, um den Vormarsch der Droge einzudämmen (zentralplus berichtete).

Nun bringt die EKSN eine neue Idee ins Spiel: Der Bund und die Kantone sollen Kokain – aus dem Crack hergestellt wird – an Süchtige abgeben. Dies ähnlich, wie bei der staatliche, Abgabe von Heroin, die seit einiger Zeit Praxis ist.

Staatliche Abgabe von Kokain wären ein Novum

Wie es kürzlich bei der Stadt Luzern hiess, sei das Crackproblem hier zwar noch nicht so gross wie in anderen Städten. Beim Kampf gegen die Drogen und die Kriminalität braucht es aber immer wieder neue Ideen.

Was hält also der Kanton, als zuständiges Organ in dieser Frage, vom Vorschlag der EKSN, Kokain staatlich abzugeben? zentralplus hat beim Gesundheits- und Sozialdepartement des Kantons nachgefragt.

«Die staatliche Abgabe von Kokain wäre ein Novum. Bisher kennt kein anderes Land die staatliche Abgabe von Kokain an Schwerstabhängige. Die Gefahr einer offenen Crack-Szene und die desolaten Zustände, in denen sich Schwerstabhängige befinden, beschäftigt auch den Kanton Luzern und die entsprechenden Fachstellen und Institutionen», heisst es auf Anfrage.

Vor- und Nachteile müssten gut abgewägt werden

Wie der Kanton weiter schreibt, sei es sicherlich «richtig und notwendig», dass auch im Bereich der medizinischen Behandlung mit Fokus auf Kokain/Crack neue Massnahmen geprüft würden. So, wie es auch damals zu Zeiten der offenen Drogenszenen in den 80er-Jahren mit der Verschreibung von Heroinsubstituten der Fall war. «Wichtig ist dabei, dass man die Vor- und Nachteile der staatlichen Abgabe gut abwägt», schreibt das Gesundheits- und Sozialdepartement.

Chancen in einer staatlichen Kontrolle und Abgabe von Kokain scheint der Kanton dabei zu sehen. «Kokain-Konsumierende sind den kriminellen Organisationen ausgeliefert. Die Qualität der gekauften und konsumierten Substanzen kann nicht geprüft werden und führt bei Schwerstabhängigen zu diesen bereits erwähnten desolaten Zuständen und kann ausserdem zu irreparablen Schäden führen.»

Längere Öffnungszeiten und mehr Personal wären nötig

Das Gesundheits- und Sozialdepartement werde mit den entsprechenden Fachstellen und anderen Kantonen diese Diskussion führen. In einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von Zürich würden aktuell Fachleute aus mehreren Städten mögliche Schritte in Hinblick auf eine neue Regulierung und mögliche Behandlungsansätze und auf deren Umsetzung in Pilotstudien für Menschen mit einer Kokainabhängigkeit führen. «Diese Diskussionen stehen aber erst am Anfang und sollen auch auf die Kantone ausgeweitet werden.»

Was würde es für Luzern bedeuten, würde eine staatliche Abgabe konkret werden? Diese Frage könne zum heutigen Zeitpunkt noch nicht beantwortet werden, schreibt das Departement. Es könne aber davon ausgegangen werden, dass es mehr Räumlichkeiten bräuchte, in welchen der Konsum per Inhalation stattfinden könnte – denn Crack wird geraucht.

«Auch bräuchte es mehr Personal. Die kontrollierte Abgabe von Kokain wäre höher frequentiert als die Opioid-Agonisten-Therapie. Die Öffnungszeiten müssten verlängert werden, damit der Abstand zwischen dem letzten Bezug am Abend und dem ersten Bezug am Morgen kürzer wäre», heisst es auf Anfrage.

Debatte steht erst am Anfang

Zurzeit werde im Kanton Luzern die bestehende Suchtstrategie für einen Umgang mit Crack-Konsumierenden überprüft und es werden Massnahmen entwickelt. Erste dieser Massnahmen seien bereits umgesetzt.

Bis die Frage, ob Kokainsüchtige ihren Stoff künftig, wie Heroinabhängige, anstatt beim Dealer bei einer staatlichen Abgabestelle beziehen können, geklärt ist, wird es wohl noch eine Weile dauern. Die Diskussion steht erst am Anfang. Wenn es nach der EKSN geht, müssen Bund und Kantone dabei aber vorwärtsmachen. Denn: «Bislang nur wenige wirksame medizinische Ansätze zur Behandlung der Kokainabhängigkeit.»

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausche mit Gesundheits- und Sozialdepartement des Kantons Luzern
  • Aufruf Eidgenössische Kommission für Fragen zu Sucht und Prävention nicht übertragbarer Krankheiten
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